Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
Eifersucht? Sie rückte ein wenig von dem Bettelmönch ab. Er hatte weder ein Anrecht darauf, eifersüchtig zu sein, noch das Recht, irgendeine Art von Besitz in ihr zu sehen!
»Gehen wir!«, sagte sie und sah dabei nur die anderen drei Gefährten an.
So wanderten sie in gewohnter Gesellschaft durch Eichen und Kiefernwälder über eine Bergkette ins Tal des Río Pico hinab, der sie bis zu den Toren der Stadt Burgos begleitete.
Obwohl die Strecke nicht sehr lang war und sie nur einen Kamm überschreiten mussten, war es bereits spät am Nachmittag,
als die Mauern der Stadt vor ihnen auftauchten. André kam nur langsam voran, und auch Pater Bertran forderte heute mehr als einmal eine Verschnaufpause ein. Sein Angreifer hatte ihm einen Faustschlag in den Leib versetzt, der ihn noch immer schmerzte. Bruder Rupert schien unzufrieden, und auch Ritter Raymond zeigte seine schlechte Laune deutlich. So sprachen die fünf Reisenden an diesem Tag nur wenig und atmeten alle auf, als sie das Stadttor erreichten.
Während ihres Weges über den Berg dachte Juliana über Eifersucht und Besitzansprüche nach. Es waren starke Gefühle, die gut sein, die aber auch zerstörerisch wuchern konnten. Immer wieder sah sie den Vater vor sich, als er sie und Wolf in der Scheune entdeckt hatte und als er sie mit Swicker von Gemmingen-Streichenberg bei den Falken fand. Dieser Ausdruck in seinen Augen hatte früher stets das Bedürfnis in ihr ausgelöst, sich hinter den Röcken der Mutter zu verkriechen, und ihr auch später noch eine seltsame Furcht eingeflößt. Würde ein Mensch aus falscher Eifersucht töten? Wäre ihr Vater dazu fähig?
28
Der Templer Swicker
Burg Ehrenberg im Jahre des Herrn 1307
S wicker von Gemmingen-Streichenberg verbeugt sich vor der Tochter des Hauses. »Darf ich Euch in den Saal geleiten? Die Mägde bereiten schon den Tisch. Sicher wird das Essen bald aufgetragen.«
Juliana winkt ab. »Das dauert sicher noch eine ganze Weile. Ich möchte vorher noch zu den Falken. Wollt Ihr mitkommen?« Sie strahlt den Ordensritter in seinem weißen Gewand an. Jetzt, da er sich Haar und Bart gewaschen und von alten Essensresten befreit hat, sieht er sehr sympathisch aus.
Der Templer nickt und reicht ihr den Arm. »Habt Ihr einen eigenen Falken?«
»Aber nein!«, wehrt das Fräulein ab und sieht ihn verwundert an. »Alle Vögel gehören dem Vater. Ich habe mir immer gewünscht, einen von ihnen abtragen zu dürfen, aber dafür habe ich den Rittern oft dabei zugesehen, wie sie mit ihnen üben und das Federspiel kreisen lassen und wie sie ihnen dann, wenn die Greife das Spielzeug binden, ein Stück der Fleischreste in ihrer Tasche zur Belohnung geben – als Atzung – so sagt man doch, nicht wahr?«
Ein Lächeln bringt den Bart des Tempelritters in Bewegung. »Ja, das stimmt. Man merkt sogleich, dass Ihr Euch mit der Falknerei beschäftigt habt und ihre Sprache beherrscht.«
»Ja, aber leider nur die Sprache. Die Beizjagd ist nun einmal das Vorrecht der Ritter.«
»Meine Schwester hat einen Falkenterzel abgetragen und ihn einige Jahre lang sogar über den Winter behalten«, widerspricht Swicker. »Mein Vater war nicht erfreut, dass sie ihn nicht mit den anderen freiließ, aber sie bestand darauf, ihren
»Benedicto«, wie sie ihn nannte, zu behalten. Für ihn hat sie sogar Ratten und Mäuse im Keller des Palas gefangen!«
»Wie glücklich kann sich Eure Schwester schätzen«, sagt Juliana voller Sehnsucht. Sie schiebt die Tür des Stalls auf und führt den Ritter an den wertvollen Pferden des Vaters vorbei zu dem abgetrennten Teil, in dem die Beizvögel auf ihren Stangen angebunden sind.
»Wart Ihr denn nie bei einer Beizjagd dabei?«, fragt der Ritter und geht auf einen schlanken, grauen Falken zu, der den Fremden mit schief gelegtem Kopf beäugt.
»Natürlich! Die Edelfrau reitet nicht gerne mit, aber ich habe die Gelegenheit stets ergriffen, wenn der Vater es mir erlaubte. Ihr habt mit geübtem Blick seinen besten Falken erkannt. Isolde ist berühmt hier am Neckar! Er hat sie schon das zweite Jahr. Sie schlägt Rebhühner nicht nur im Anwarten mit großer Sicherheit, ich habe sie auch schon von der Faust geworfen erfolgreich gesehen!«
»Ein Falke? Rebhühner von der Faust?« Der Templer sieht sie zweifelnd an. »Ich kenne nur Falkenterzel, die es mit der Geschwindigkeit eines fliehenden Rebhuhns aufnehmen. Und selbst diese schlagen besser vom hohen Flug aus, wenn sie sich auf ihre Beute herabstürzen
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