Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
den Grund zu gehen.«
»Das ist noch kein Beweis!«, unterbricht ihn Juliana ungeduldig. »Ist Johannes dann in die Waschkammer gekommen, und Ihr habt Eure Chance ergriffen?«
»Nein! Nun hört doch zu. Er war längst tot, als ich dort stand und am Türspalt lauschte. Es war ganz still im Waschhaus. Er regte sich nicht, doch noch konnte ich ihn nicht sehen, denn es war stockfinster.«
»Ihr sagt aber, Ihr habt ihn gesehen!«
Wilhelm nickt ernst. »Ja. Ich wartete, bis die beiden Weinsberger vorbeigegangen waren. Sie sprachen über Euch. Ich wollte ihnen folgen und weiter lauschen, da bemerkte ich, dass mir mein Hut im Waschhaus heruntergefallen war. Ich wartete, bis sie weit genug weg waren, dann holte ich mir eine Fackel aus dem Halter am Aufgang des Bergfrieds.« Er schluckt. »Ich fand meinen Hut sogleich nicht weit hinter der Tür auf dem Boden liegen, aber ich sah auch zwei Kinderbeine, die reglos aus einem Kessel ragten. Ich lief zu ihm und umfasste die Waden, aber es bestand kein Zweifel, dass er bereits tot war.«
»Und dann habt Ihr ihn einfach in dem Kessel stecken lassen?« Wilhelm nickt und schlägt die Augen nieder. »Warum?«
»Ich, ich hatte Angst«, sagt er so leise, dass Juliana ihn kaum hören kann.
»Angst?«
»Ja. Angst, dass Euer Vater mich anklagen würde, für seinen Tod verantwortlich zu sein – dass Ihr mich beschuldigen würdet! Bei der Vorstellung, in den Palas zu gehen und Euch zu sagen, dass Johannes tot in einem Waschkessel liegt und ich die Leiche gefunden habe, übermannte mich die Panik. Ich lief hinaus und auf den Bergfried hinauf. Hier wollte ich bei Eurem Türmer bleiben, bis ein anderer das tote Kind entdeckt.«
»Das habt Ihr dann ja auch getan«, sagt Juliana und betrachtet ihn immer noch voller Misstrauen. »Ihr wollt mir also sagen, es war Feigheit?«
Ein Hauch von Stolz flackert in seinen Augen, dennoch sagt er: »Nennt es, wie Ihr wollt. Jedenfalls versichere ich Euch, dass ich keine Schuld trage, noch jemals solche Gedanken gehegt habe.« Er sinkt noch einmal auf die Knie und schwört ihr bei Gott und der Heiligen Jungfrau, dass er die Wahrheit gesagt hat.
Juliana lauscht in sich hinein. Sie glaubt ihm. Er scheint in diesem Augenblick keiner Lüge mehr fähig zu sein. Barsch fordert sie ihn auf sich zu erheben. Eine Weile starrt sie ihn nur schweigend an, dann sagt sie langsam: »Sagt mir noch einmal genau, was die beiden Weinsberger gesagt haben.«
»So genau weiß ich es nicht mehr, nur dass sie über Euch sprachen und dass die Verbindung von Vorteil wäre.«
»Dann waren es die Weinsberger«, stellt das Ritterfräulein fest. »Begreift Ihr nicht? Sie müssen bereits gewusst haben, dass Johannes tot ist, oder wie erklärt Ihr Euch sonst, dass sie eine Verbindung plötzlich für erstrebenswert halten?«
Wilhelm versucht vergeblich, sich die Grasflecken von seinem Rock zu wischen. »Nein, so sehr ich es ihnen auch zutrauen würde«, sagt er mit einer Spur des Bedauerns. »Ich habe ein
wenig herumgeschnüffelt, während Ihr mit Eurer Familie in Wimpfen wart. Sie können es nicht gewesen sein. Der alte Weinsberger hat erst mit Eurem Vater gesprochen und stand dann bei den Wächtern am Tor – bis er auf Carl traf, aber da war Johannes ja bereits tot. Und Carl hat mit Eurer kleinen Küchenmagd herumpussiert, nachdem er den Palas verlassen und die Grube aufgesucht hat. Sie hat es mir bestätigt, und ich glaube nicht, dass sie lügt.« Wilhelm hebt die Schultern und lässt sie wieder fallen. »Ich fürchte, wir müssen die Weinsberger von jedem Verdacht freisprechen, obwohl ich es ihnen zutrauen würde und es ihnen gelegen kommt.«
»Gar nichts müssen wir! Glaubt ihr wirklich, der alte Weinsberger würde sich selbst die Finger schmutzig machen?«, widerspricht Juliana. »Es muss jemand gewesen sein, dem die Weinsberger vertrauen, der keine Fragen stellt, nur Befehle ausführt.«
Wilhelm lässt pfeifend die Luft entweichen. »Der Waffenknecht!« , sagt er und nickt. »Germar ist dem Weinsberger treu ergeben, seit er ihm das Leben gerettet hat, und weicht nie von seiner Seite. Wo aber war er, während sich alle zum Bankett setzten? Ich habe ihn erst wiedergesehen, als Johannes bereits tot war!« Sie sehen sich an und schweigen.
»Der Weinsberger hat den Tod meines Bruders befohlen«, flüstert Juliana mit erstickter Stimme.
»Ihr werdet es ihm nicht beweisen können, also belastet Euren Sinn nicht weiter mit solchen Gedanken. Es war Gottes Wille! Er hätte
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