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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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den Templern betreut. Um ihren Kirchplatz herum standen
die Templerhäuser und auch das kleine Spital, in dem Juliana die Nacht verbracht hatte.
    Das Mädchen ging den steilen Berg zur Straße hinunter und bog dann nach rechts ab. Sie hatte sich den Weg zum Pass genau beschreiben lassen, als Tereysa die geleerte Schale ihres Abendbrots geholt und ihr einen Schlaftrunk gebracht hatte. Das Schlafmittel war kurz darauf durch den Fensterschlitz außen an der Wand hinabgeflossen.
    Nun schritt Juliana die Straße entlang, die sich bald zu einem erdigen Pfad verengte. Heidekraut und Ginster wucherten zu beiden Seiten. Zuerst wuchsen an den Talflanken noch Bäume, doch einige Stunden später waren aus den Kiefern auf den Hügelkuppen verkrüppelte Büsche geworden. Der Weg wurde immer steiler. Bald begann das Mädchen zu schwitzen. Ihre Schuhe waren von ockerfarbenem Staub bedeckt, aus der Wegböschung ragten Schieferbänke, die im Sonnenlicht seidig schimmerten. Schwer atmend blieb Juliana stehen und griff nach ihrer Kürbisflasche. Sie war kaum halb voll. Wie dumm von ihr! Sie hatte nicht daran gedacht, sie in Rauanal am Brunnen aufzufüllen. Nun war es zu spät umzukehren. Obwohl ihr Durst noch nicht gestillt war, steckte sie die Flasche in ihre Tasche zurück und ging weiter. Hoffentlich konnte sie im nächsten Dorf ein wenig Wasser bekommen – wenn es denn noch eine Ansiedlung vor dem Pass gab!
    Juliana hatte Glück. In Foncebadón gab es nicht nur Wasser für ihre Flasche, in einem kleinen Spital, dessen Garten von Kreuzen umkränzt wurde, gab man ihr auch noch Brot und Käse, die sie hungrig verschlang. Der Eremit Gaucelmo habe das Spital einst gegründet, erzählte ihr ein zahnloser Mann in einer Kutte, die so zerschlissen war, dass sie ihm jeden Augenblick vom Leib zu fallen drohte. »Er lebte hier als Einsieder – zur gleichen Zeit, wie der heilige Domingo am Río Oja. Die Pilger dauerten ihn, und so begann er, die Kranken und Schwachen bei sich aufzunehmen, ihnen ein Lager anzubieten und Essen für sie zu kochen.«
    Juliana steckte den letzten Brocken Käse in den Mund und verbeugte sich dankend. Der Mann hob seine schwielige Hand. »Buen camino«, wünschte er ihr und winkte zum Abschied.

    Das Eisenkreuz – la Cruz de Ferro. Schon während Juliana den letzten Bergrücken voller Heidekraut querte, konnte sie auf dem Pass vor sich etwas Langes, Schlankes aufragen sehen. Als sie näher kam, erkannte sie einen bunten Haufen Steine, über dem ein Kreuz aufragte. Sie hatte gar nicht mehr an die Geschichte gedacht. Staunend stand das Mädchen am Fuß des Hügels und versuchte zu ermessen, wie viele Menschen hier in Hunderten von Jahren versucht hatten, ihre Sorgen in Form eines Steines abzulegen. Juliana kramte in ihrer Umhängetasche. Ja, da war der weiße Kiesel, den sie hinter Astorga aufgelesen hatte. Sie erklomm den Steinhaufen und legte ihren kleinen, runden Kiesel zu Füßen des Holzstamms nieder. Um sie von ihren erdrückenden Sorgen zu befreien, empfand sie diesen Stein als viel zu klein. Vielleicht konnte ein Gebet die Sache unterstützen? Juliana faltete die Hände und senkte den Kopf. Als ihr Blick sich wieder hob und den Berghang streifte, über den sie gekommen war, entdeckte sie zwischen dem Buschwerk einen schwarzen Punkt, der sich auf den Pass zubewegte. Ein Bauer aus Foncebadón? Oder ein einsamer Pilger? In ihrem Nacken kribbelte es unangenehm. Sie wollte nicht warten, bis sie es herausfand. Juliana wand sich wieder den schneebedeckten Gipfeln zu, die im Süden in den blauen Himmel ragten. Waren dies Reste vom vergangenen Winter oder die ersten Zeichen, dass der Sommer bereits in den Herbst übergegangen war? Als würde der nächste Schneesturm bereits hinter den Gipfeln darauf lauern, den Pass unter seiner weißen Last zu begraben, eilte Juliana nach Westen voran. Der Pfad führte durch einen kleinen Weiler und dann zum Pass der zweiten Bergkette hinauf. Ein frischer Wind wehte in Böen über dürres Gras und
Buschwerk. Eilig ließ Juliana die Höhe hinter sich. Steil ging es bergab. Der Weg wand sich erst über grasige Schafweiden, dann durch enge Bachtäler mit felsigen Wänden, zwischen Bäumen und wucherndem Unterholz hindurch. Eichen und Kastanien wuchsen mit massigen, in sich verdrehten Stämmen, Hagebutten glänzten blutrot aus Rosenbüschen am Wegesrand.
    Schon viele Stunden bevor sie den Grund des Talkessels erreichte, konnte sie Ponferrada mit der Stadt und der Templerburg über dem

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