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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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wertvoll!« Seine Worte waren Balsam für ihre Seele. Sie legte ihre Hände auf die seinen.
    »Vielleicht hat er sich wieder von jemandem dazu drängen lassen, der ihm einen Vorteil für die Familie versprach. Wie damals der Weinsberger – es war doch Carl von Weinsbergs Vater, nicht?«
    Wolf nickte stumm. Er wollte diese Vermutung nicht bestätigen, konnte sie aber auch nicht aus voller Überzeugung abweisen. Er umschloss mit der einen Hand ihr zierliches Handgelenk und strich mit der anderen über die Schwielen und eingerissenen Fingernägel, die so gar nicht zu einem Fräulein passten. Juliana wurde rot und wandte den Blick ab, doch sie brachte es nicht über sich, ihm ihre Hand zu entziehen. Seine
Berührungen taten so wohl. Er beugte sich ein wenig nach vorn, doch das Klopfen an der Tür ließ ihn zurückfahren. Rasch erhob er sich, ehe Tereysa im Türrahmen erschien.
    »Euer Reisebegleiter Bruder Rupert möchte Euch sprechen«, sagte sie. Sie warf erst Juliana und dann dem Mönch, der sich nun in die Kammer schob, einen nervösen Blick zu. Das Mädchen zog sich rasch die Decke bis unters Kinn.
    »Da haben wir ja unseren teuren Johannes«, sagte der Mönch spöttisch. »Von den Toten erwacht! Ja, ich muss sagen, du siehst schon viel besser aus. Bist du bereit, den Weg fortzusetzen? Die Sonne brannte den ganzen Tag vom Himmel, und so, wie ich die dienenden Brüder reden hörte, wird das gute Wetter morgen vermutlich noch anhalten.«
    Wolf stellte sich so, dass er dem Mönch die Sicht auf das Fräulein verwehrte. »Ja, es geht Ju – äh, Johannes besser, so dass er in ein paar Tagen seine Wanderung fortsetzen kann. Nun aber braucht er Ruhe, gutes Essen und viel Schlaf.«
    Er schritt auf Bruder Rupert zu, doch der kräftige Mönch ließ sich nicht so einfach aus der Kammer drängen. Er trat zur Seite und musterte das Mädchen aus zusammengekniffenen Augen.
    »Du wirst es nicht glauben, Johannes, Ritter Raymond ist ganz zufällig wieder auf uns gestoßen – und er spricht wirres Zeug von einem Mädchen, das sich vor ihm versteckte und das er nun endlich aufgespürt hat! Wie wunderlich, nicht? Man könnte meinen, der lange Weg habe ihm die Sinne verwirrt.«
    Er sah sie noch einen Augenblick scharf an, dann ließ er sich von Wolf durch die Türöffnung schieben. Juliana blieb mit ihren Gedanken allein zurück.

    Juliana schlief kaum in dieser Nacht, und noch bevor der erste Hahn sich reckte, um mit seinem Schrei den neuen Morgen zu begrüßen, zog sie sich leise an, packte Bündel und Stab und
schlich aus der Kammer. Nach den ersten Schritten musste sie bereits stehen bleiben und warten, bis der Schwindel in ihrem Kopf verflog. Es pochte und dröhnte noch immer am Hinterkopf unter der Schädeldecke, doch das Mädchen ahnte, dass es keine andere Wahl hatte, als sich so schnell wie möglich heimlich davonzumachen – selbst wenn Bruder Ruperts Worte am Vortag nicht als Warnung gedacht waren.
    Leise öffnete Juliana die Tür und stolperte fast über die Gestalt, die draußen auf dem Gang kauerte und, nach den Tönen zu urteilen, die sie von sich gab, fest schlief. Hatte Wolf ihr einen Bewacher gegeben? Der Gedanke an ihn versetzte ihr einen Stich. Wie konnte sie sich nun ohne ein Wort davonmachen, nachdem Gott ihnen die Gnade gewährt hatte, sich nach diesen Jahren der Ungewissheit wiederzufinden? Sie würde ihm auf dem Rückweg alles erklären.
    Der Mann am Boden stieß einen Schnarchton aus und drehte sich ein wenig zur Seite. Juliana beugte sich herab und versuchte, das Gesicht unter der Kapuze zu erkennen. Sie sah einen Hals, Kinn und Wangen von dichtem, dunklem Bart bedeckt – und eine weiße Narbe, die sich vom Ohr zum Hals schlängelte. Das war Bruder Rupert! Wollte er sie beschützen oder verhindern, dass sie ihm entkam? Sie würde ihn nicht danach fragen! Vorsichtig stieg sie über ihn hinweg und verließ ungesehen das Haus.
    Rauanal war weniger ein befestigtes Kloster mit Kirche, Kreuzgang und Mauern. Die Anlage glich eher einem für diese Gegend typischen Dorf mit schlichten Häusern aus Schieferbruchsteinen und ein paar Gebäuden aus behauenen Kalkquadern mit kunstvoll geschnitzten Holzbalkonen, welche vermutlich von den Tempelrittern bewohnt wurden. Die Dächer waren mit Schieferplatten belegt. Nur Scheunen und die kleinen Häuser zum Dorfrand hin waren mit Stroh gedeckt. Verwundert stellte Juliana fest, dass es in dem kleinen Ort drei Kirchen gab. Santa María, die Kirche oben am Hang, wurde von

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