Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
beiden standhalten würde.
Ein Pferd jagte im Galopp über den Hof. Juliana sah einen Ritter in Wams und Kettenhemd vom Pferd springen, das Schwert schon in der Hand. Das Tier rannte einfach weiter und kam erst zwischen den Hütten zum Stehen. Wiehernd warf der Rappe den Kopf zurück. Juliana starrte den fremden Ritter an. Auf welcher Seite stand er? Aber nein, das war ja Bruder Rupert! Er stürzte nach vorn und durchbohrte Raymond gerade, als dessen Klinge Kraft von Ehrenberg traf. Beide fielen zu Boden. Juliana erstarrte. Sie konnte nicht einmal mehr schreien. Wie durch eine Nebelwand sah sie André mit dem Wappner fechten. Beide bluteten. Vor dem Portal rappelte sich der Vater wieder auf und tastete nach seiner Waffe. Bruder Rupert kreuzte inzwischen mit dem Franzosen die Klinge.
»Ihr seid ein Teufel«, kreischte der sich am Boden wälzende Ritter de Crest. »Ich hätte Euch erledigen sollen, solange noch Zeit war. Habt Ihr uns vergiftet? Sicher! Pater Bertran wartet schon in der Hölle auf Eure Seele. Ihr habt den Spitzel des Franzosenkönigs mit Eurer Giftmischerei ermordet! Seinen Agenten für Kastilien und Navarra! König Philipp wird nicht erfreut sein, nun auf die Dienste des alten Bertran verzichten zu müssen.« Raymond lachte irr, dann brach sein Blick, und er erschlaffte.
Der Franzose trieb Bruder Rupert über den Hof. Selbst Juliana konnte sehen, dass er sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Der Schweiß rann ihm in Strömen über Stirn und Schläfen. Er blinzelte heftig und hielt sich unnatürlich gebeugt. Der Kampf in seinen Eingeweiden war noch nicht zu Ende und raubte ihm die Kraft. Noch bevor ihm das Schwert aus der Hand geschlagen wurde, wusste Juliana, dass sie ihn getötet hatte.
Vor der Kirche fiel der Wappner von Andrés Schwert getroffen. Der junge Ritter rannte brüllend auf Bruder Rupert zu. Von der anderen Seite kamen einige Mönche mit Spießen und Knüppeln in den Händen gelaufen. Sie würden ihn nicht rechtzeitig erreichen!
Einmal ging die Klinge des Franzosen fehl, von den Eisenringen des Kettenhemds abgelenkt, doch dann stieß er sie mit aller Kraft zwischen Bruder Ruperts Rippen. Das Schwert noch in seinem Leib sank er auf die Knie. Der Franzose zerrte am Griff seiner Waffe, doch da fielen die Mönche über ihn her und schlugen ihn nieder. Ehe sie es verhindern konnten, rammte André dem Franzosen Jean de Folliaco sein Schwert in den Leib.
Juliana spürte, dass der Griff um ihre Taille sich lockerte. Der Blick aus Bruder Ruperts sterbenden Augen traf sie. Sie lief zu ihm und fiel neben ihm auf die Knie.
»Was habe ich getan?«, weinte sie. »Wer seid Ihr? Bitte sagt mir Euren Namen, damit ich für Eure Seele beten kann.«
»Ich bin Deutschherr Rupert von Hauenstein aus Horneck.«
Juliana sog scharf die Luft ein. Er hatte in ihrer Nähe gelebt, in Sichtweite auf der anderen Seite des Neckars. Sie bettete seinen Kopf auf ihren Schoß. »Wer hat Euch geschickt?«
»Mein Oheim und Gevatter Dekan Gerold von Hauenstein. Er ahnte, was Ihr vorhabt, und bat mich, Euch zu beschützen und zu Eurem Vater zu führen.« Ein verzerrtes Lächeln erhellte noch einmal seine Züge. »Ich hätte ihm glauben sollen, dass Ihr ein bemerkenswertes Fräulein seid – halsstarrig und erfinderisch und sehr zäh.« Er lachte und hustete. Ein Schwall Blut drang aus seinem Mund.
»Es geht zu Ende«, stöhnte er. Juliana hätte ihm gerne widersprochen, doch sie wusste, dass er Recht hatte.
»Könnt Ihr mir verzeihen?«, weinte sie.
»Dass du mich mit meinem eigenen Gift außer Gefecht gesetzt hast?«, er lachte leise. Seine Augen wurden schmal vor Schmerz. »Aber ja. Ich war ein Narr und hätte es anders beginnen
sollen. Du hättest mir Glauben geschenkt, wenn ich dir von Anfang an die Wahrheit gesagt. Nun, fast wäre es dir gelungen, meinen Auftrag zu verhindern, aber nur fast.« Er sah zu dem Schatten auf, der über ihn fiel, und hob die Hand, um die des Ritters von Ehrenberg zu ergreifen.
»Ich bringe Euch Eure Tochter«, sagte er. »Nun seht selber zu, wie Ihr mit diesem eigensinnigen Geschöpf zurechtkommt.«
»Ich danke Euch, Ritter von Hauenstein.«
Noch einmal traf sein Blick das Mädchen. »Bete für mich am Grab des Apostels. Das kann nicht schaden. Ich denke, jeder Tag weniger im Fegefeuer wird mir willkommen sein. Nimm dir mein Pferd und meinen Beutel. Sie gehören dir. Es war – es war eine aufregende Reise an deiner Seite.« Noch einmal hustete er Blut, dann trübte sich
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