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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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stehen noch immer nicht die Haare zu Berge«, sagte ein Pilger aus der Champagne lachend, der an diesem Abend bereits vier Becher Wein geleert hatte und dessen Augen trüb glänzten. »Habt Ihr nichts Besseres zu bieten?«
    »Ach, Ihr wollt die übelsten Schändlichkeiten hören? Nun, wenn Ihr mich so drängt. Ich hätte Euch diese Dinge gern erspart.« Die Sensationsgier in seiner Stimme strafte seine Worte Lügen. »Euch soll es die Schamesröte ins Gesicht treiben!« Er beugte sich vor und senkte ein wenig die Stimme, jedoch nur so, dass ihn alle noch gut verstehen konnten. »Wenn sich die Navarresen wärmen, zeigen sich Frauen und Männer ihre Scham, und sie treiben mit dem Vieh Unzucht. Sie küssen das Geschlecht ihrer Weiber und das der Maultiere.« Die Männer lachten. Nur Juliana senkte den Kopf. Ihre Wangen glühten.
    »Man sagt, die Navarresen hängen ein Schloss an den Hintern ihrer Maultiere, dass außer ihnen kein anderer sich an ihrem Vieh vergehen kann.«
    Nun brüllten die Pilger vor Lachen und schlugen mit den
Bechern auf den Tisch. Es brauchte eine Weile, bis wieder Ruhe einkehrte.
    »Und das habt Ihr alles auf Euren Reisen durch Navarra mit eigenen Augen gesehen?« Die Zweifel in Bruder Ruperts Stimme waren nicht zu überhören. Er hatte sich etwas abseits an die Wand gesetzt, die Augen geschlossen, und Juliana war es so vorgekommen, als würde er nicht auf das Gespräch am Nebentisch achten.
    Der Tuchhändler wand sich. »Nein, nicht alles«, gab er schließlich zu, »aber so manches. Und dennoch ist jedes Wort wahr! Hat es nicht dieser Bischof in seinem Buch Liber Sancti Jacobi schon vor langer Zeit niedergeschrieben?«
    »Mag sein«, brummte Bruder Rupert. »Ich würde dennoch keine meiner Münzen darauf verwetten.«
    Juliana sah die Frau an ihrer Seite an, konnte aber nichts Barbarisches an ihr erkennen. Das Rolandslied kam ihr wieder in den Sinn und die Worte des ungläubigen Thomas. Konnte sie es wagen, eine Frau dieses Volkes zu fragen? Warum nicht!
    »Kennt Ihr die Geschichte von Kaiser Karl und seinem getreuen Helden Roland? Jemand hat mir gesagt, es seien gar nicht die Sarazenen gewesen, die ihn angegriffen und vernichtet haben.« Sie zögerte und sah die Laienschwester abschätzend an. »Manche behaupten, die Basken hätten ihn in einen Hinterhalt gelockt. Wisst Ihr etwas darüber?«
    Sancha schnaubte durch die Nase. »Wir kennen die Geschichte auch, aber bei uns wird sie ein wenig anders erzählt. Euer Held ist bei den Basken Errolán, ein böser Riese, der mit Felsbrocken wirft. Mein Volk sieht den Angriff als gerechte Vergeltung, dafür dass der Riese Irunga zerstört und dort mit Grausamkeit gewütet hat.«
    Die Laienschwester erhob sich brüsk, legte dann aber die Hand auf ihr Herz und wünschte Juliana eine glückliche Pilgerfahrt. Eilig stieg sie die Böschung zur Brücke hinauf und entschwand Julianas Blicken.
     
    Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Juliana den Fluss ein zweites Mal überquerte. Sie schritt auf die Kirche zu, die vor ihr in den Nachthimmel aufragte: ein breiter, wehrhafter Turm, aus massiven Felsen gemauert mit einem einfachen Kirchenschiff an seiner Ostseite. Durch ihre schießschartenähnlichen Fenster wirkte sie eher wie einer der Burgställe, die es in Julianas Heimat so zahlreich gab. Diese Kirche war Gotteshaus und Schutzburg in einem und verzichtete auf filigranes, himmelwärts strebendes Gotteslob.
    Juliana umrundete die Kirche und klopfte an die Klosterpforte. San Agustín war ebenso gedrungen und wehrhaft aus solidem Stein mit Strebemauern entlang der Außenseite. Das Mädchen musste eine ganze Weile warten, ehe sich nach dem vierten Klopfen ein Fensterchen in der Tür öffnete. Das Licht einer Laterne blendete sie, und eine brüchige Stimme fragte sie auf Baskisch, Französisch und Latein nach ihrem Begehr. Ihre Antwort schien den Augustiner zufrieden zu stellen, denn sie hörte, wie innen der Riegel zurückgeschoben wurde, und mit einem Kreischen schwang das Tor auf. Ein dürres Männchen, das ihr gerade einmal bis zur Brust reichte, stand mit erhobener Laterne vor ihr und musterte sie misstrauisch.
    »Wir öffnen nicht gern, wenn die Nacht hereingebrochen ist«, sagte es und verriegelte das Tor, sobald Juliana eingetreten war. »Es treibt sich manch widerliches Volk in der Sierra herum«, fügte der Mönch hinzu, der sich als Fray Mateo vorstellte, während er sie einen kalten Gang entlangführte. »Erst vor zwei Tagen wurden uns drei Pilger

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