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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Fleisches gehorchten? War das nicht letztlich der Grund, warum ihr Köper in Männerkleidern steckte?
    Die Tür öffnete sich und ein gut genährter Mann mit roten Wangen trat ein. »Louise«, sprach er die Frau auf Französisch an. »Die Pferde sind bereit, wir können aufbrechen. Sie nickte, erhob sich und folgte ihm hinaus, ohne auf die Blicke zu achten, die ihr folgten. Auch Juliana sah auf die leere Türöffnung, in der sie verschwunden war, als deutsche Worte sie herumfahren ließen.
    »Ich grüße dich. Darf ich mich zu dir setzen?«
    Juliana klappte den Mund auf und schloss ihn wieder, ohne ein Wort herauszubringen. Sie starrte den jungen Mann an, der so unerwartet vor ihr stand. Seinen Rucksack trug er lässig über der Schulter, die leere Schwertscheide schwang gegen sein linkes Bein. Er war nur mittelgroß und ein wenig zu dünn für einen Ritter, der eine Rüstung tragen und ein Schwert schwingen musste. Dass er vermutlich aus einer adeligen Familie stammte, sagte sein schwarzes Haar, das ihm bis auf die Schulter fiel. Nur Edelfreien war es gestattet, das Haar lang zu tragen. Sein Bartwuchs war noch ein wenig spärlich. Vermutlich hatte er die zwanzig noch nicht erreicht. Auch seine Augen waren dunkel. Juliana hätte ihn für einen Franzosen gehalten, wenn er sie nicht in so klarem Deutsch angesprochen hätte.
    »Habe ich dich erschreckt, oder kannst du nicht reden?«
    Seine Stimme klang freundlich, wenn auch mit einem Hauch von Spott. Sicher wusste er, dass sie nicht stumm war. Endlich fand Juliana ihre Sprache wieder.
    »Ja, doch, ich meine, natürlich darfst du dich setzen.« Sie musterten sich gegenseitig.
    »Ich habe dich beobachtet«, sagte der Fremde, »und da kam mir der Gedanke, dass du nicht allein reisen solltest. Wollen wir uns zusammentun? Du bist doch auf dem Weg nach Santiago?«
    Juliana nickte nur. Sie wusste nicht, was sie von diesem Überfall
halten sollte, aber sie spürte, wie in ihr schon wieder der Drang nach Flucht aufwallte.
    »Entschuldige mich, ich muss – ich meine – das heimliche Gemach …« Sie sprang auf, blieb mit dem Kittel an der Bank hängen und taumelte.
    »Ein Aborterker ist da drüben den Gang runter«, gab der fremde junge Mann bereitwillig Auskunft. »Und eine Grube ist in dem kleinen Hof.«
    Juliana raffte Tasche, Rucksack und Stab an sich, murmelte einen Dank und eilte hinaus. Obwohl sie sich wirklich erleichtern musste, nahm sie sich nicht die Zeit dazu. Das musste warten. Sie rief dem Mönch an der Pforte ein Dankeswort zu und eilte auf die Gasse hinaus. In schnellem Schritt durchquerte sie das Dorf, das sich entlang des Weges ausdehnte. Dann blieben die Häuser hinter ihr zurück, und sie wanderte durch die grüne Flussaue. Saftige Weiden, von Dornenreisig umgrenzt, mit Kühen und Schafen, aber auch Felder mit Gemüse und im Wind wogendem Korn säumten die Straße. Immer wieder verlief der Weg direkt am Río Arga entlang. In einem Weiler rastete Juliana im Schatten der Kirche, trank etwas Wasser und aß den Apfel, den sie in Roncesuailles geschenkt bekommen hatte.
    »Du hast aber einen Schritt!«, erklang die Stimme vom Morgen unvermittelt neben ihr. »Man könnte meinen, du fliehst vor irgendetwas. Willst du mir nicht verraten, was du angestellt hast?«
    Das Mädchen unterdrückte einen Aufschrei und wandte sich so langsam wie möglich um. »Rede keinen Unsinn! Es ist keine Sühnereise. Ich bin auf dem Pilgerweg, um den Apostel zu preisen! Da trödelt man nicht.«
    »Die wenigsten, die ich getroffen habe, rennen allerdings so wie du«, neckte der junge Mann weiter und ließ sich im Schneidersitz neben ihr nieder.
    »Wenn es nicht deine übergroßen Schuldgefühle sind, die dich treiben, könnte ich fast denken, du bist vor mir davongelaufen.«
    Röte stieg dem Mädchen in die Wangen. »Verzeih, es ist nicht deine Schuld. Es ist nur – ich bin es inzwischen gewohnt, allein zu wandern.« Sie mied seinen Blick.
    »Schlechte Erfahrungen gemacht«, sagte er leise und nickte. Eine Antwort schien er nicht zu erwarten, und so schwieg das Mädchen. »War vielleicht nicht die richtige Art, dich so anzusprechen. André de Gy.« Er streckte ihr die Hand entgegen, die sie zaghaft ergriff. »Ritter André de Gy«, fügte er zögernd hinzu.
    »Oh!«, stieß Juliana erstaunt hervor. »Entschuldigt, ich habe Euch für jünger gehalten. Ich wollte nicht unhöflich sein.« André winkte ab. »Ist auch erst ein paar Monate her – mein Ritterschlag, meine ich. Ich bin es

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