Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
Silber.«
»Und wie sie ihre Pferde bei dieser Hitze zu Schanden reiten«, knurrte der Bettelmönch. Juliana blinzelte und öffnete die Augen. In einigem Abstand ritten zwei Männer in flottem Trab ein Feld entlang. Die weißen Mäntel flatterten hinter ihnen her.
»Kannst du das rote Kreuz auf der Schulter erkennen? Ich sehe es nicht. Es könnten auch Deutschordensritter sein. Auch sie tragen weiße Mäntel, nur dass sie ein schwarzes Kreuz darauf haben. Ich habe schon viele von ihnen gesehen. Burg Horneck und ihr Dorf Gundelsheim am Neckar sind eine Komturei der Deutschmeister.« Bruder Rupert hob die Lider und warf dem Mädchen einen raschen Blick zu, sagte aber nichts.
»Deutschordensritter«, wehrte André verächtlich ab. »Wie sollen denn die hier nach Navarra kommen? Das sind Templer, daran ist nicht zu zweifeln. Der Orden ist groß und mächtig geworden, nicht nur im Reich des französischen Königs. Man findet sie überall entlang des Jakobsweges, um den Pilgern beizustehen und sie vor räuberischem Gesindel zu beschützen.« Der Bettelmönch ließ ein Schnauben vernehmen.
»Was? Seid Ihr etwa anderer Meinung?«, rief der junge Ritter aus Burgund und warf dem Bettelmönch einen funkelnden Blick zu.
»Sicher schützen sie hier die Pilger genauso eifrig wie die auf ihrem Weg nach Jerusalem«, knurrte Bruder Rupert.
»Jerusalem ist gefallen!«, ereiferte sich André, »und das war ganz bestimmt nicht die Schuld der Templer! Natürlich können sie nun im Heiligen Land ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Die Tempelritter haben stets tapfer gekämpft. Selbst gegen die größte Übermacht sind sie nicht zurückgewichen. Nein, mutig haben sie den ungläubigen Feind bestürmt!«
»Ich werfe ihnen keine Feigheit vor, aber vielleicht maßlose Selbstüberschätzung, die an Selbstmord grenzt? Auch so ein Verhalten kann einer Sache schaden.«
»Was wisst Ihr denn schon davon?«, fauchte der junge Ritter. »Papst Clemens wird einen neuen Kreuzzug ausrufen, und ein mächtiges, christliches Heer wird ins Heilige Land ziehen. Sie werden Jerusalem von den Ungläubigen befreien und das Reich Gottes auf Erden errichten. Die tapferen Tempelritter führen das Kreuzfahrerheer zum Sieg!«
»Junger Träumer«, brummte Bruder Rupert. »Die Zeit der Kreuzzüge ist vorbei. Ritter und Bauern wollen lieber in der Heimat leben, als auf einem Zug in den Osten jämmerlich verrecken! Die Sarazenen in Jerusalem mussten sich meist nicht sonderlich anstrengen. Der größte Teil des christlichen Haufens, den du Heer nennst, hat sich auf seiner Reise stets selbst aufgerieben!«
André stemmte die Hände in die Taille und funkelte den Bettelmönch an. »Und doch haben wir das Heilige Land nicht nur einmal erobert!«
»Ein Land erobern oder es auf Dauer halten und besiedeln sind Schuhe verschiedener Größe, mein junger Heißsporn. Das mussten auch die Reconquistadoren aus Kastilien, León und Aragón lernen. Was macht man mit einem Land, das man dem Feind entrissen hat, ohne ein Volk, das darin lebt? Deine
Templer haben es hier in Hispanien schlau gelöst, das muss man ihnen lassen. Da sie von den Königen stets die Burgen und Ländereien direkt an der Frontlinie als Lohn für ihren erfolgreichen Eroberungskampf erhielten, holten sie einfach die vertriebenen Sarazenenfamilien zurück. Nun bearbeiten sie ihre Felder genauso wie vor der Reconquista, nur dass sie an die christlichen Ritter ihre Abgaben leisten statt an ihren Sultan. Ja, schlau und geschäftstüchtig sind die »armen Ritter Christi«, das muss man ihnen lassen.«
»Ihr phantasiert, Bruder!«, schnaubte André. »Redet nicht von Dingen, von denen ein Bettelmönch nichts versteht. Ich kenne die Templer!«
Sicher hatte André Recht, er war ein Ritter, und es gehörte zu seiner Ausbildung, über vergangene Schlachten und andere Ritter Bescheid zu wissen. Und dennoch, dachte Juliana, hatten sich Bruder Ruperts Worte angehört, als wisse auch der Mönch sehr genau, wovon er sprach. Seltsam. Was verbarg dieser muskulöse, bärtige Mann im Gewand des Bettelmönchs? Warum sprach er nie davon, woher er kam, wo er aufgewachsen war und zu welchem Kloster er gehörte?
»Die Templer sind edle und selbstlose Männer, die sich für die armen Pilger aufopfern!«
Bruder Rupert wandte sich ab und begann, sein Bündel zusammenzupacken. »Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, fremde Schätze zu bewachen und ihren Reichtum zu mehren«, brummte er in seinen Bart.
Juliana wusste
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