Das Sigma-Protokoll
Euros, des Schweizer Frankens.
Es gab zahllose ineinander verzahnte, voneinander abhängige Möglichkeiten.
Was Ben brauchte, waren harte, unbestechliche Fakten.
Ben hatte mal gelesen, dass die Universität Zürich die größte Forschungsbibliothek der Schweiz beherberge. Es war nur
logisch, dort mit den Nachforschungen über die Vergangenheit zu beginnen. Und dorthin fuhr er jetzt, in die Hügel oberhalb der Altstadt von Zürich.
Washington, D. C
Anna verfolgte misstrauisch die Demonstration des Stewards, der sich dieses mickerige Plastikding über Mund und Nase stülpte, durch das man bei einem Absturz atmen sollte. Sie hatte in einem Magazin im Internet gelesen, dass noch nie jemand die Notwasserung eines Flugzeugs überlebte hätte. Noch nie. Kopfschüttelnd holte sie ein Röhrchen Schlaftabletten aus ihrer Handtasche. Ihr war egal, dass das Verfallsdatum schon überschritten war. Ohne das Zeug würde sie einen Atlantikflug nicht überstehen.
Sie zuckte zusammen, als sie aus den Tiefen der Handtasche das trillernde Klingeln ihres ICU-StarTac hörte. Das Handy, das über die für Regierungsangestellte übliche Verschlüsselungssoftware verfügte, war kaum größer als ein normales Handy. Sie hatte vergessen, es abzustellen.
»Navarro.«
»Sekunde, Mr. Bartlett möchte Sie sprechen«, sagte eine Frauenstimme mit leicht jamaikanischem Akzent.
Jemand klopfte ihr auf die Schulter. Es war der Steward. »Tut mir Leid, Ma’am, aber die Benutzung von Mobiltelefonen während des Fluges ist untersagt.«
»Wir fliegen noch nicht«, sagte Anna.
»Agent Navarro«, sagte Bartlett. »Gut, dass ich Sie erwische.«
»Ma’am«, sagte der Steward. »Die Vorschriften verbieten die Benutzung von Mobiltelefonen, sobald das Flugzeug den Flugsteig verlassen hat.«
»Es dauert nur eine Minute.« Und dann zu Bartlett: »Was gibt’s? Ich sitze im Flugzeug nach Zürich.«
»Ma’am«, sagte der Steward laut.
Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, klappte Anna ihren Ausweis vom Justizministerium auf und hielt ihn dem Steward vor die Nase.
»Es hat wieder einen erwischt«, sagte Bartlett.
Wieder einen? So schnell? Das Tempo verschärfte sich.
Der Steward richtete sich auf. »Entschuldigen Sie, Ma’am.«
»Sie machen Witze«, brummte Anna.
»Nein. In Holland. Die Stadt heißt Tilburg. Liegt an der belgischen Grenze. Sie können ja in Zürich umsteigen und nach Amsterdam fliegen.«
»Nein«, sagte sie. »Es bleibt bei Zürich. Kein Problem, den FBI-Mann in Amsterdam zu verständigen, dass er sich um die Autopsie kümmert. Wenigstens können wir ihnen diesmal sagen, nach welchem Gift sie suchen sollen.«
»Ach ja?«
»Es bleibt jedenfalls bei Zürich. Ich schnappe mir diesmal einen Lebenden. Die Toten können nämlich nicht mehr reden. Wer war der Tote in Holland eigentlich?«
Bartlett zögerte. »Ein gewisser Hendrik Korsgaard.« »Was?«, sagte Anna scharf. »Der Name steht nicht auf meiner Liste.«
Schweigen am anderen Ende der Leitung.
»Verdammt, Bartlett. Was soll das?«
»Es existieren noch andere Listen, Agent Navarro«, sagte Bartlett langsam. »Ich hatte gehofft, dass sie sich als irrelevant erweisen würden.«
»Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege, aber das ist eine grobe Verletzung unserer Abmachung, Direktor Bartlett«, sagte sie leise. Sie schaute sich um, ob vielleicht irgendjemand die Ohren spitzte.
»Nicht im Geringsten. Miss Navarro - mein Büro ist wie jedes andere auch arbeitsteilig organisiert. Entsprechend verfahren wir mit der Herausgabe von Informationen. In Ihrer Verantwortung liegt es, die Mörder zu finden. Wir hatten Grund zu der Annahme, dass die Personen auf Ihrer Liste die gefährdeten Objekte sind, und hatten keinen Grund uns darauf einzustellen, dass auch andere gefährdet sein könnten.«
»Kannten Sie den Aufenthaltsort des Tilburg-Opfers?«
»Wir haben nicht mal gewusst, dass er noch lebt. Alle Bemühungen, seinen Wohnort ausfindig zu machen, sind vergeblich gewesen.«
»Dann können wir zumindest ausschließen, dass die Mörder die Namen aus Ihren Akten haben.«
»Es gibt noch eine weitergehende Schlussfolgerung«, erwiderte Bartlett kühl. »Wer immer diese alten Männer erledigt, verfügt über bessere Quellen als wir.«
Zürich
Kurz nach vier Uhr morgens hatte Ben die Universitätsbibliothek am Zähringerplatz gefunden. Bis sie ihre Pforten öffnete, hatte er noch knapp fünf Stunden Zeit.
In New York war es jetzt erst zehn Uhr abends. Sein Vater war
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