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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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nach Lee kippte. Dann sah er am Bootsrand die vor Kälte blau angelaufenen Finger zweier Hände. Und dann den ganzen Mann, der sich hochhievte und von dessen teurem Anzug das Wasser in Sturzbächen ins Boot platschte.
    Vor Schreck ließ der Mann sein Bier fallen. »Was soll das?«, schrie er. »Wer sind Sie?«
    »Ich muss mir mal Ihr Boot ausleihen«, sagte Ben. Er klapperte mit den Zähnen vor Kälte.
    »Runter vom Boot!« Der Mann packte die Angelrute und fuchtelte damit drohend vor Bens Nase herum.

    »Wie Sie wollen«, sagte Ben, machte einen schnellen Schritt vorwärts und stieß den Dicken einfach über Bord. Wie eine Witzfigur aus einem Comic schaukelte der Mann auf dem Luftpolster seiner Schwimmweste davon. Entrüstet fluchte er vor sich hin.
    »Sparen Sie sich Ihren Atem!«, rief Ben ihm hinterher und deutete auf die Zollbrücke. »Da vorne fährt die Tram ab. Die bringt Sie nach Hause.«
    Dann drehte er sich um und riss an der Anlasserschnur des Außenbordmotors. Die Maschine stotterte erst und heulte dann auf. Ben gab Gas und folgte dem Fluss Richtung Süden. Ganz bis nach Sihlwald zu fahren war nicht nötig. Bis zur Flussbiegung und dann noch einen Kilometer, das würde genügen. Er setzte sich auf den geriffelten Fiberglasboden des Bootes und lehnte sich so weit zurück, dass er gerade noch über den Bootsrand schauen konnte. Neben sich sah er den riesigen, tristen Kasten des Migros-Einkaufszentrums am Ufer der Sihl vorbeigleiten. Einerseits wusste Ben, dass er für einen Scharfschützen ein dankbares Ziel abgab, andererseits glaubte er nicht, dass seine Verfolger mit diesem Fluchtweg rechneten. Er befühlte in Brusthöhe seine Jacke und hörte das beruhigende Knistern des Wachsumschlags. Hoffentlich wasserdicht, dachte er. Wahrscheinlich. Aber jetzt war nicht die Zeit, das zu überprüfen.
    Das Motorboot brachte ihn schnell bis zu den algenbewachsenen Steinsäulen der Stauffacherbrücke. Noch zweihundert Meter. Die charakteristischen Geräusche, die eine verkehrsreiche Straße ankündigten, wurden immer lauter. Das Brummen von Reifen auf glattem Asphalt, die in allen Tonlagen singenden Autohupen, das Heulen von Hunderten von Motoren. Die Geräusche verschmolzen zu einer wogenden Lärmwelle, die mal leiser, mal lauter brandete.
    Ben steuerte das tuckernde Boot sanft auf die Steinplatten am leicht ansteigenden Ufer zu. Der Fiberglasrumpf schrappte noch kurz über die Platten und kam dann zur Ruhe. Ben sprang aus dem Boot und lief die Böschung hinauf zu einer Tankstelle, wo er den gemieteten Range Rover abgestellt hatte. Er war nur wenige Minuten von der Nationalstraße 3 entfernt, und gleich darauf war er in den schnell dahinfließenden Verkehr eingetaucht.

    Erst jetzt, als er sich allmählich beruhigte, spürte Ben beim Spurwechsel einen leichten Stich in der linken Schulter. Als er mit der rechten Hand auf die Stelle drückte, spürte er den Schmerz stärker. Er zog die Hand zurück und betrachtete das kastanienbraune geronnene Blut an seinen Fingern.

    Matthias Deschner saß auf demselben Stuhl, auf dem er schon eine Stunde zuvor gesessen hatte. Suchet stützte die Ellbogen auf seinen Schreibtisch, beugte sich vor und schaute Deschner mit angespanntem Gesichtsausdruck an.
    »Sie hätten mich vorher warnen müssen«, sagte der Bankier ärgerlich. »Dann wäre er erst gar nicht an das Schließfach herangekommen«
    »Ich hab’s ja selbst nicht gewusst«, sagte Deschner. »Sie haben erst gestern Kontakt zu mir aufgenommen. Sie wollten wissen, ob ich den Mann bei mir versteckt halte. Lächerlich!«
    »Herrgott, Sie kennen doch die Strafe bei Verstößen in solchen Dingen.« Vor Wut und Angst war Suchets Gesicht feuerrot geworden.
    »Das haben sie sehr deutlich gemacht«, sagte Deschner ausdruckslos.
    »Erst jetzt? Dann haben sie also erst jetzt von Ihrer Verbindung zu dieser Person erfahren?«
    »Natürlich erst jetzt. Glauben Sie, ich hatte eine Ahnung davon, in was diese beiden Brüder ihre Nase gesteckt hatten? Nichts habe ich gewusst. Absolut nichts.«
    »Diese Ausrede bietet nicht in jedem Fall Schutz vor einem germanischen Strick. Um es mal historisch auszudrücken.«
    »Eine entfernte Verwandte hat mich um einen Gefallen gebeten«, protestierte Deschner. »Ich konnte doch unmöglich ahnen, was dahinter steckt.«
    »Und Sie sind nicht mal auf die Idee gekommen nachzufragen?«
    »Mitglieder unseres Standes, und da werden Sie mir sicher zustimmen, sind nicht gerade gehalten, zu viele Fragen zu

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