Das Sigma-Protokoll
Gruppenaufnahme. Männer in konservativen Anzügen. Sehen aus wie Geschäftsleute. Und ein paar deutsche Offiziere. Im Hintergrund Berge.«
»Können Sie die Gesichter erkennen?«
»Augenblick... So... Ah, da ist was.« Er zoomte auf ein Detail, bis es den ganzen Bildschirm ausfüllte. »>ZÜRICH 1945< steht da. Und,SIG’ irgendwas.«
Der zweite Mann warf seinem Kollegen einen kurzen Blick zu. »Großer Gott.« Er machte einen Schritt auf den Computer zu.
»SIGMA AG«, sagte der Techniker. »Kann das sein?«
Der zweite Mann murmelte. »Er ist dran.«
»Ich hab’s geahnt«, sagte der erste.
»Okay«, sagte der zweite Mann zu dem Techniker. »Ich brauche davon einen Ausdruck. Und ein Kopffoto von dem Kerl, so scharf wie möglich.«
»Fünfzig Kopien«, sagte der erste Mann und erhob sich von seinem Stuhl.
Der zweite Mann beugte sich zu dem ersten vor. »Gib die Nachricht raus«, sagte er leise. »Unsere Vorsichtsmaßnahmen haben sich leider als unzureichend erwiesen. Der Amerikaner ist zu einer ernsten Bedrohung geworden.«
Washington, D. C .
Anna Navarro beugte sich in ihrem Stuhl vor. Alan Bartletts Büro war so makellos wie immer, sein Gesichtausdruck so undurchdringlich wie immer.
»Ich habe die Gelder, die auf Robert Mailhots Konto bei der Nova Scotia National Bank geflossen sind, zurückverfolgt bis zu einem Konto auf den Cayman Islands. Und da ist Endstation, fürchte ich«, sagte Anna. »Einer meiner Informanten dort hat mir mitgeteilt, dass es auf dem Konto erst kürzlich Bewegung gegeben hat - und zwar in Zusammenhang mit einem von Prosperis Konten. Das ist alles. Herauszufinden, wo das Geld landet, ist eine Sache. Herauszufinden, wer es überhaupt dort deponiert
hat, eine ganz andere. Sollen wir die Sache über die offiziellen Stellen weiterverfolgen?«
»Kommt gar nicht infrage«, entgegnete Bartlett gereizt. »Das würde die Sicherheit der gesamten Operation gefährden. Das hieße, dass jeder, der ein Interesse daran hat, die Ermittlungen ohne Mühe sabotieren könnte. Und es könnte Menschenleben in Gefahr bringen. Nämlich das von weiteren potenziellen Zielpersonen.«
»Verstehe«, sagte Anna. »Aber ich möchte auch nicht, dass sich so etwas wie in Asunción wiederholt. Das eben ist das Risiko, wenn man die Angelegenheit inoffiziell in Angriff nimmt. Wer auch immer hinter diesem Komplott - mir fällt kein besseres Wort dafür ein - steckte, der hatte sehr weit reichende Kontakte.«
»Zugegeben, aber wenn wir die Angelegenheit auf A-II-Ebene hieven und offiziell um Zusammenarbeit einkommen, dann können wir gleich eine Anzeige in der New York Times aufgeben. Dann wissen die, denen unsere Nachforschungen gelten, sofort Bescheid. Wir können eben nicht ausschließen, dass Mitglieder unserer Nachrichtendienste in dieser Sache für beide Seiten arbeiten.«
»A-II ist eine extrem vertrauliche Ebene. Ich glaube nicht, dass...«
»Sicher glauben Sie das nicht«, entgegnete er eisig. »Vielleicht habe ich mich geirrt. Vielleicht sind Sie ja wirklich ein bis ins Mark loyaler Staatsbeamter.«
Sie überging die Spitze. »Ich war an vielen internationalen Untersuchungen beteiligt, einschließlich Morduntersuchungen. Und alle sind ohne Aufhebens über die Bühne gegangen. Vor allem die, bei denen wir annehmen mussten, dass Regierungsangestellte darin verwickelt waren. Als in El Salvador dortige Regierungsbeamte an der Ermordung amerikanischer...«
»Wie Sie wissen, Agent Navarro, hat man mich aufs Genaueste über die Früchte Ihrer bisherigen Arbeit informiert«, erklärte Bartlett ungeduldig. »Sie sprechen von einer einzigen ausländischen Regierung. Ich spreche von einem halben Dutzend. Vielleicht sogar mehr. Das ist ein Unterschied.«
»Sie sagten, es hat in Oslo ein weiteres Opfer gegeben?«
»Ja, die Nachricht ist noch ganz frisch.«
»Dann soll sich das Büro des Justizministers auf höchster Ebene und vertraulich an das Büro des norwegischen Generalstaatsanwalts wenden und um absolute Geheimhaltung bitten.«
»Nein. Das Risiko einer direkten Anfrage bei den norwegischen Behörden ist viel zu groß.«
»Dann möchte ich die Liste. Nicht die mit den Leichen. Die mit den Namen der Sigma-Leute aus den Akten mit den Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Die >heiße< Liste.«
»Ausgeschlossen.«
»Verstehe - für mich reichen die Namen von Toten. Wenn das so ist, möchte ich mit dem Fall nichts mehr zu tun haben.«
Er zögerte. »Lassen Sie die Spielchen, Miss Navarro. Sie sind mir
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