Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
wie sie mein Gesicht schon hundertmal gestreichelt hatte. Sie verströmte Aufregung und Freude. »Ich kann Daten lesen. Und es interessiert niemanden, ob ich Zugang habe, niemand hält mich zurück, Joseph. Ich kann ich selbst sein.« Sie nahm die Hand von der Kette und griff nach meiner. Ihre schlanken Finger schlossen sich fest um meine.
    Neid blitzte für eine Sekunde in mir auf. Ich durfte es nicht einmal jetzt wagen, meine Abschirmung zu vernachlässigen. Doch Alicias Anblick überstrahlte alle anderen Gefühlsregungen.
    Sie hielt inne und sah mich blinzelnd an. »Wie ist es dir ergangen? Wir haben Gerüchte über dich gehört, und ich habe Erkundigungen über Marcus eingezogen. Die Raumhafenverwaltung und viele staatliche Stellen scheinen große Angst vor ihm zu haben, obwohl sie ihm regelmäßig Aufträge erteilen. Er ist sehr beliebt, so etwas wie ein Untergrundheld, der ständig unterschwellig präsent ist. Jenna bezeichnet ihn als ›ausgleichende Macht‹, was auch immer das heißen soll. Er ist hier wirklich der stärkste Windleser.«
    Ich lachte, und Marcus trat neben mich.
    »Inzwischen vielleicht nicht mehr«, sagte er und lächelte mich an. »Jetzt geh und begrüß die anderen.«
    Natürlich waren auch die anderen da. Ich drückte Alicias Hand. Sie drehte sich um, und ich folgte ihr. Als wir zwischen die Zweige glitten, verstummten die Geräusche von außen, als wären wir nun durch eine Glasscheibe von der Menge getrennt. Der Baum roch nach sauberer Erde und Blättern, mit dem Hauch einer leichten Süße. »Die Stille fühlt sich gut an«, flüsterte ich und nahm alle Details ihres Gesichts in mich auf.
    Alicia grinste. »Ist das nicht cool? Es ist ein Triff-mich-Baum. Man muss etwas bezahlen, um ihn zu benutzen, aber er gibt einem das Gefühl, selbst hier völlig allein zu sein.«
    »Schirmt er uns auch vor Daten ab?«, fragte ich.
    Sie grinste und berührte ihre Halskette. »Wenn man ihn dazu auffordert.«
    Ich blickte mich um. Bryan saß neben Tiala und lächelte erwartungsvoll. Auch er sah völlig gesund aus, mit schimmernder Haut und ohne Anzeichen von Verletzungen. Er winkte mir zu und blieb sitzen. Wartete er auf etwas?
    Ich schaute mich nach Jenna und Tialas Vogel um. Die Kuppel des Blätterdachs war groß, aber nicht groß genug, um jemanden zu verbergen. »Wo ist Jenna?«
    Tiala winkte mir zu. Sie hob eine Hand und legte sie wieder in den Schoß, um beide Hände zu verschränken. Eine leicht übertrieben wirkende Geste. Sie sah mich eindringlich an, und ihr Blick war genauso erwartungsvoll wie der von Bryan.
    Ich schaute sie an und schaute noch einmal genauer hin. Ihr makelloses Gesicht wies keine Narben auf, und ihr dunkles Haar war nicht mehr zu einem langen Zopf geflochten. Es reichte ihr bis knapp zu den Schultern.
    Es war nicht Tiala.
    »Jenna?«
    Sie nickte, und ein breites Lächeln erhellte ihre perfekten Züge, ein Lächeln voller Freude, wie ich es noch nie auf ihrem Gesicht gesehen hatte. Ich ging vor ihr in die Knie und blickte ihr in die Augen. Zwei Augen. Zwei perfekte stahlgraue Augen. Meine Hand legte sich aus eigenem Antrieb an ihre glatte Wange. Die Haut war weich, wie die eines Kindes.
    So schwere Verstümmelungen, die so schnell behoben worden waren?!
    Es waren immer noch ihre Augen – etwas gehetzt und selbstbewusst. Es erstaunte mich, dass ich sie überhaupt mit ihrer Schwester verwechselt hatte. Ich beugte mich vor und schloss sie in meine Arme, etwas, das ich nie zuvor getan hatte. Zu meiner Überraschung ließ sie es zu, entspannte sich für einen kurzen Moment in meiner Umarmung, bevor sie wieder ihre übliche Distanz einnahm und mich behutsam zurückdrängte.
    Ich ging in die Hocke und starrte sie an. »Ich … ich … Mann! Du siehst toll aus! Wie hast du das gemacht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe gute Preise erzielt, vor allem für die Pflanzen und Tiere von Fremont.« Sie lächelte und stand auf, zog mich mit ihrem neuen Arm hoch, der das gleiche sanfte Schimmern hatte wie ihr neues Gesicht. »Ich musste es tun. Hier ist niemand verstümmelt oder krank. Ich wäre auffälliger als ein Flieger in einer Fußgängerstadt.« Sie lächelte verschmitzt. »Seltsamerweise war es durchaus hilfreich, ein wenig ramponiert auszusehen. Ich glaube, die Leute haben höhere Gebote abgegeben, nur um die behinderte Frau mit eigenen Augen sehen zu können.« Eine Spur von Verbitterung trat für einen kurzen Moment in ihren Blick. Dann warf sie den Kopf zurück und sah

Weitere Kostenlose Bücher