Das silberne Schiff - [Roman]
vorsichtig mehrere Kisten von den Sitzen, die sie an uns weiterreichte. Dianne hatte eine kleine, die sie in der Armbeuge halten konnte. Meine war schwer, und ich zog sofort damit los, weil ich so schnell wie möglich ins Schiff gelangen wollte.
Wir hatten die Hangartüren offen gelassen. Ich ging hinein, stellte meine Kiste ab und blieb an der Tür stehen. Dianne kam zuerst an mir vorbei und nahm für einen kurzen Moment Blickkontakt mit mir auf. In ihren Augen stand Sorge oder Furcht, und sie nickte mir beinahe ehrerbietig zu. Es fühlte sich seltsam an, dass sich eine erwachsene Frau mir gegenüber so verhielt. Was hatte Marcus ihr über mich erzählt?
Dann kam Jenna, mit ernster Miene, die Augen auf Dianne gerichtet. Tiala folgte Jenna und wirkte ohne ihren Vogel Glocke irgendwie nackt. Seit Jennas wundersamer Heilung war es das erste Mal, dass ich die beiden Schwestern nahe beieinander sah, und ihre Ähnlichkeit brachte mich zum Lächeln. Kein Wunder, dass ich Jenna mit Tiala verwechselt hatte. Bryan bildete die Nachhut und trug ohne Schwierigkeiten die einzige Kiste, die größer als meine war. Er lächelte mich an. »Wir kehren heim.«
Ich nickte. »Das werden wir.« Er blickte zu den Gleitern auf der Landefläche zurück, wo das große Gefährt der Raumhafenverwaltung soeben aufsetzte. »Das werden wir«, flüsterte ich.
Er hielt inne und blickte sich ebenfalls um. »Ganz gleich, was geschieht.«
Ich schlug ihm auf die Schulter, als mir plötzlich klar wurde, dass er nicht mehr den großen Bruder spielte, sondern einfach nur den Bruder. Vielleicht glaubte er, dass ich inzwischen selbst auf mich aufpassen konnte. Ich suchte nach irgendeinem Anzeichen für die Modifikation, die er sich ausgesucht hatte, aber er wirkte völlig unverändert. Allerdings war mir auch nichts an Alicia aufgefallen. Ich deutete mit dem Kopf in den Korridor. »Geh schon mal vor. Ich komme dann nach.«
Er machte sich auf den Weg.
Ich vergewisserte mich, dass die Kiste, die ich abgestellt hatte, von draußen nicht sichtbar war, dann drückte ich mich gegen die Wand, so dass ich das Geschehen weiter beobachten konnte.
Lukas ging zu Marcus und streckte ihm die Hand hin. Leute in Uniformen der Raumhafenverwaltung stiegen aus dem Gleiter – bislang sieben, und es kamen noch mehr. Ich zog langsam den Kopf ein, weil ich keine Aufmerksamkeit auf mich lenken wollte. Die Gelegenheit wäre ideal für eine Chamäleon-Modifikation gewesen. Nur dass Induan vor den weißen Oberflächen recht gut sichtbar war und beide Mädchen als räumliche Schatten vor den silbernen Wänden des Schiffs zu erkennen waren. Zuhause im Samtwald wäre es jedoch etwas ganz anderes gewesen …
Ich konnte nicht verstehen, was gesprochen wurde. Das bedeutete, dass sie sich nicht anbrüllten, was vermutlich ein gutes Zeichen war. Ich sollte tun, was Marcus mir empfohlen hatte, und uns startbereit machen. Doch das Geschehen vor dem Hangar machte mich neugierig – ich musste wissen, was sich dort tat.
Was war, wenn wir ganz plötzlich starten mussten?
Trotz allem, was er getan hatte, wollte ich meinen Vater nicht zurücklassen. Schweißperlen standen auf meiner Stirn. Ich hob die Kiste auf und eilte damit so schnell wie möglich zum Schiff.
Schließlich stand ich keuchend im runden Hangarraum. Der Haufen Kisten, die noch verladen werden mussten, war auf zehn oder zwölf geschrumpft. Bryan kam die Rampe herunter, um die nächste Ladung zu holen. Ich schob ihm die schwere Kiste hin und seufzte vor Erleichterung, als er sie nahm und noch zwei leichtere und schließlich eine dritte dazu. Dann machten wir beide uns auf den Weg ins Schiff. »Das gefällt mir nicht«, sagte ich.
»Hast du irgendetwas erfahren?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann kein Wort verstehen. Aber es ist Lukas, derselbe Widerling, der uns nach der Landung empfangen hat. Wie schnell werden wir hiermit fertig?«
»Hängt davon ab, wie gut du die Fracht verstaut haben möchtest.«
Gute Frage. Die Schöpferin hielt kontinuierlich die gleiche Schwerkraft, und im Gegensatz zur Neuen Schöpfung herrschte überall an Bord dieselbe Gravitation. Mein Vater und ich konnten während der ersten Flugetappe darauf achten, und nach dem Start hatten wir noch genügend Zeit, uns um die Fracht zu kümmern. »Es muss nicht perfekt sein.«
»Gut.«
Als wir das Schiff bestiegen, kamen uns Induan und Alicia auf der schmalen Rampe entgegen. Alicia legte mir eine Hand auf den Rücken, damit ich stehen blieb.
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