Das silberne Schiff - [Roman]
wollte es unbedingt wissen. »Weswegen ist Lukas gekommen?«
Stille. Ein Moment, in dem Marcus und ich im Einklang atmeten. Unsere Verbindung war nicht stimmlich, sondern es war das tiefe, vertraute Wissen, das wir geteilt hatten, als ich diesen Planeten angeflogen hatte. Und mehr. Viel mehr. Ich kannte seine Seele. Und er war hin- und hergerissen. »Sie behaupten, wenn du losfliegst und gegen Islas kämpfst, wird man es als das erste Gefecht des Krieges zwischen den fünf Planeten betrachten.«
»Und was ist, wenn ich nur Chelo hole?« Die Schöpferin war bereit. Ich war bereit. »Was ist, wenn wir … wenn wir gar nicht kämpfen?«
»Dann würde Lukas sich geirrt haben.«
»Und wenn wir mehr tun, würde er recht behalten?« Ich atmete aus, langsam, nur ich.
»Joseph.« Seine Energie hatte sich konzentriert, verstärkt, war sicherer geworden. »Joseph. Weder Lukas noch ich wissen, welche Situation du vorfinden wirst. Tu, was du tun musst. Mehr kann keiner von uns tun.«
Ich schloss die Augen und spürte das Schiff uneingeschränkt. Es passte mir wie meine Haut. Ich konnte nichts sehen, ich musste vertrauen.
Marcus war tief in mir, er sprach zu mir und sprach nicht. »Schließ die Tür der Schöpferin .«
Ich tat es. Die Maschinen des Schiffs dröhnten lauter. Wieder Marcus. »Ich öffne jetzt für dich das Hangardach. Dein Kurs ist bereits programmiert.« Ein kleiner Teil von mir spürte, was er tat, wie er einen Mechanismus aktivierte und das Dach zur Seite glitt. Der größte Teil von mir war die Energie, das Wasser, die Luft und die Maschinen des Schiffs.
Ich war bereit.
Die Schöpferin war bereit.
Wir warteten.
Vertraute Schritte. Jenna, die in die Kommandozentrale trat. Ich hörte, wie sie sich anschnallte. Ich sah nach den anderen. Sechs weitere Körper, alle angeschnallt, in Sesseln, die als Beschleunigungsliegen dienten, in Zweiergruppen über verschiedene Räume verteilt.
Das Dach hatte sich vollständig geöffnet.
Blauer Himmel wartete über uns.
Sechs Körper?
»Wir haben eine weitere Person an Bord«, sagte Dianne zu mir.
Und ich war so tief im Schiff, dass ich Jennas Flüstern kaum hörte. »Ming.« Dann erhob ich mich als Schöpferin aus dem Hangar und flog, ein silberner Pfeil, der von Silberheim nach Fremont abgeschossen wurde. Wieder flog ich gegen die Anweisungen der Raumhafenverwaltung.
Ich jubelte, und tief im Hintergrund meines Herzens hörte ich Marcus sagen: »Gute Reise!«
Ich griff nach ihm und umarmte seine Energie, so dass er und ich und das Schiff eins wurden. Ich hielt ihn fest, während ich wusste, dass es schon bald nur noch ich und die Schöpferin sein würden – und alle anderen, die sich an Bord befanden.
Vielleicht schafften wir es, die Söldner zu überholen.
TEIL 5
Die Fremden
Kapitel 26
Neuanfänge
Zum ersten Mal seit einer Woche schien die Sonne warm und kräftig. Wir hatten den Winter überlebt. Zuhause würden sich die Sippen ohne uns versammeln.
Liam und ich liefen langsam, Hand in Hand, den Pfad entlang zurück. Wir hatten uns etwas Zeit miteinander gestohlen, nach wie vor beunruhigt von der Ungewissheit, wie wir mit Kayleen umgehen wollten. »Also bist du dir immer noch nicht sicher, was du tun möchtest?«, fragte ich.
»Nein. Ja. Das gefällt mir überhaupt nicht.« Seine Miene entspannte sich. »Die Kayleen, die ich jetzt kenne, hätte uns niemals gekidnappt.«
»Ich weiß.« Er hatte mehr Zeit mit ihr verbracht. Ich hatte entschieden, ihn nicht zu drängen, während ich davon überzeugt war, dass die Zeit uns alle zusammenführen würde. Vielleicht war ich jetzt bereit. »Es fühlt sich gut an, langsam trocken zu werden.«
»Das Überleben der Durchnässten.« Wie Kayleen unsere Erfahrungen mit diesem Winter zusammengefasst hatte. »Wenigstens sind wir nicht verhungert.«
»Trotzdem scheinen wir hier festzusitzen«, sagte ich.
»Ja.« Er blickte zu den Bergen hinauf. Die schneebedeckten Gipfel strahlten so hell, dass er blinzeln musste. Der Sonnenschein wärmte die Felsen und lockte neues Grün aus der feuchten Erde.
Der Frühling hatte mehr erweckt als nur die Pflanzen. Unter uns erzitterte der Boden schon zum zweiten Mal an diesem Tag und warf mich um. Liam verzog das Gesicht, als er mir eine Hand hinhielt. »Auch das gefällt mir nicht.«
»Mir auch nicht.«
Wir fanden Kayleen bei Brise in der Koppel, wo sie gurrend auf das inzwischen ausgewachsene Gebra einredete, als wäre es ein kleines Kind. Kayleen blickte uns besorgt
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