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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ließen.«
    Also wurden in der Stadt offenbar verschiedene Mikroklimata erzeugt? Temperaturen und was sonst noch? Konnte ich irgendwelche dieser Zonen sehen? Um die hohen Gebäude wimmelte es von Aktivität: fliegende Maschinen, schwimmende Boote, doch alles zu weit entfernt, um Details erkennen zu können. »Wie lange leben die Menschen hier?«, fragte ich und betrachtete blinzelnd den riesigen Brückenbogen.
    Jenna zuckte mit den Schultern. »Die Lebensverlängerung ist ein aktiver Prozess, und einige Menschen könnten ewig leben. Manche wurden vor der Besiedlung von Silberheim geboren, was mehr als fünfhundert Jahre zurückliegt. Aber auch hier sterben Menschen. Wir konnten noch nicht jede Krankheit und jede Unfallursache technisch eliminieren.« Sie lachte leise. »Leider konnten wir auch nicht die Dummheit ausmerzen.« Sie berührte ihr graues Haar. »Aber wir haben das Altwerden hinter uns gelassen.«
    »Was ist mit den Leuten, die zuhause leben?«, fragte Alicia. »Warum leben sie nicht länger?«
    »Was glaubst du, was der Grund sein könnte?«, gab Jenna zurück.
    Alicia beugte sich vor, kaute auf der Unterlippe und setzte eine verzweifelte Miene auf. Ich hatte auf Fremont mehr Zeit mit Jenna verbracht und mehr von ihr gelernt. »Weil sie es für edler halten, sich nicht verändern zu lassen?«, fragte ich.
    »Sie haben mehr Angst vor der Veränderung als vor dem Sterben«, sagte Bryan.
    »Alicia?«, fragte Jenna.
    »Weil sie glauben, dass sie etwas Besseres sind als wir«, sagte sie. Ihre Fingernägel gruben sich in meine Schulter. »Sie glauben, wir wären nicht so rein. Zumindest hat meine Sippe das immer gesagt. Ruth hat mich als Monstrum bezeichnet, und die meisten Leute in der Sippe haben uns alle für Monster gehalten. Und ganz besonders unsere Eltern.«
    Jenna lachte leise, doch darin schien eher Zustimmung mitzuschwingen. »In all euren Antworten liegt eine gewisse Wahrheit«, sagte sie. »Vergesst nicht, dass viele Menschen davon überzeugt sind, ihre Lebensweise sei die einzig wahre. Selbst hier. Bemüht euch, selber nicht so zu denken.«
    Der Gleiter ging nun in einen langsamen Sinkflug über. Er steuerte einen Streifen aus hartem Boden neben einem langen Rechteck an, das mit Gras bewachsen war. Jenna ließ das Gefährt neben zwei ähnlichen Gleitern am Ende der Landefläche ausrollen.
    Bauten in der Größe unserer Häuser auf Fremont säumten zwei Seiten des Parks. Dazwischen gab es viel Platz, und alle waren durch einen Gehweg verbunden. Vor uns schwebte eine Kugel in Hausgröße über einem Blumengarten. Rechts von uns erhob sich ein durchsichtiges Rechteck, das vielleicht ein Haus war, doch man konnte direkt auf die hohen Bäume mit gelben und orangefarbenen Blättern blicken, die dahinter wuchsen. Jedes Gebäude war eine phantastische Konstruktion, die sich von allen anderen unterschied. Auf Fremont hatten wir nichts Vergleichbares, nicht einmal ansatzweise. Dabei waren sie noch klein und zählten womöglich zu den geringeren Wundern.
    Jenna öffnete die Tür auf ihrer Seite, und der Duft des Grases und der verschiedenen unvertrauten Blumen entlockte Alicia ein Lächeln. Die Luft fühlte sich warm an, wie im Spätfrühling auf Fremont, aber dieses Gras roch nicht staubig wie auf unseren Ebenen. Hier gab es kein bitteres Rotbeerenaroma und keinen Metall- oder Brandgestank, wie sie unsere Schmelzhütte und Holzwerkstatt absonderten. Trotz meiner Erschöpfung sang in mir die Freude, auf einem neuen Planeten angekommen zu sein, und ich kletterte aus dem Gleiter, so schnell ich konnte, dicht gefolgt von Alicia und schließlich Bryan.
    Wir sahen uns grinsend an. Ganz gleich, was diese Welt für uns bedeuten mochte, wir waren da. Wir waren von Stern zu Stern geflogen. Seit ich die Neue Schöpfung das erste Mal erblickt hatte, ein silbern glänzendes Projektil, das reglos auf der Grasebene über Artistos stand, hatte ich ihren Ruf gespürt.
    Wenn doch nur Chelo mitgekommen wäre!
    Alicia trat aus unserem kleinen Kreis. »Wo ist Jenna?«
    Bryan hob den ausgestreckten Arm. Jenna war über das Gras gerannt, fort von uns, auf eine dunkelhaarige Frau zu, die ihr entgegenrannte. Etwas in Gold, Orange und Rot flatterte hinter der Frau. Ein Vogel? Sie blieben stehen und sahen sich an, umkreisten sich wie Katzen vor einem Kampf. Dann schloss die andere Frau Jenna fest in die Arme.
    Zweifellos Tiala.
    Der Vogel – jetzt konnte ich erkennen, dass es ein Vogel war, aber ganz anders als alles, was ich bisher

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