Das silberne Schiff - [Roman]
konnten wieder beobachten, wie das Licht des Flusses mit dem dunklen Himmel spielte. Es regnete, und am nächsten Morgen machten wir uns klitschnass und müde auf den Weg. Wir entschieden, weiter talaufwärts zu gehen, um nach einer besseren Furt durch den tiefen Fluss zu suchen.
Wir fanden einen Abschnitt, wo sich eine breite Wasserfläche langsam zwischen Ufern hindurchwand, die von Bäumen und großen Felsen gesäumt wurden. Wir wateten hinein und spürten das kalte Wasser an den Füßen und schließlich an den Knien. Liam führte uns, gefolgt von mir und schließlich Kayleen und Brise. In der Flussmitte reichte mir das Wasser bis zur Hüfte. Ich musste mich gegen die Strömung stemmen, um das Gleichgewicht zu wahren. Vor mir hatte Liam bereits eine seichtere Stelle erreicht, wo er anhielt und sich zu uns umdrehte.
Der große Schatten eines Raubvogels strich über den in der Sonne glitzernden Fluss. Er stürzte herab, und ich sah gerade noch, wie Brise sich aufbäumte. Sie balancierte mit den Hinterbeinen auf den glatten Steinen und schrie vor Angst. Der Vogel kam ihr fast so nahe, dass er sie hätte berühren können, bevor er wieder nach oben zog. Kayleen stürzte und wurde zur Seite gerissen. Brise stürmte an uns vorbei und spritzte mich und dann Liam nass, als sie zum Ufer galoppierte.
Kayleen rief Brise, dann ging sie unter, als sie in der Strömung den Halt verlor. Ich wollte nach ihr greifen, aber sie wurde flussabwärts fortgerissen.
Ich keuchte erschrocken, als auch ich auf dem glatten Boden das Gleichgewicht verlor. Ich trieb ein paar Meter hinter Kayleen und wurde schneller, als der tiefer werdende Fluss mich gnadenlos von der Furt wegzerrte.
»Das Ufer!«, brüllte Liam. »Haltet auf das Ufer zu!«
Vor mir wippte Kayleens Kopf auf und ab, und sie ruderte mit den Armen, als sie versuchte, einen sicheren Stand zu finden.
Die Strömung packte mich und zog mich zur Flussmitte. Ich ließ mich treiben, mit den Füßen voran, und hielt nach Felsen oder einem Baumast Ausschau, den ich ergreifen konnte, während ich gleichzeitig versuchte, Kayleen nicht aus den Augen zu verlieren.
Der Fluss wurde schmaler und schneller und rauschte zwischen gezackten Felsen hindurch.
Liams Stimme, die unsere Namen rief, wurde immer schwächer.
Mein rechter Fuß schlug gegen einen Stein, und ich wurde herumgerissen und tauchte mit dem Kopf unter. Wasser drang in meinen Mund und meine Nase, und ich traf mit dem linken Handgelenk auf etwas Hartes, während meine rechte Hand über die glatte Oberfläche eines hervorstehenden Felsens tastete. Ich packte ihn, meine Fingernägel kratzten über schlüpfriges Moos. Dann schaffte ich es, das Wasser in meinem Mund auszuspucken, und blickte mich hektisch um.
Keine Kayleen.
In der Flussmitte strömte das Wasser schäumend über eine Felsgruppe. Die Strömung ergriff mich wieder. Ich schwamm ein Stück vom Zentrum fort, und schließlich geriet ich in eine ruhigere Zone.
Liam fand mich, als ich mich an langen glitschigen Wurzeln ans Ufer zog. Er half mir beim Klettern und hielt mich dann in den Armen. »Kayleen?«, flüsterte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Sie ist weiter abgetrieben worden.«
Wir folgten verschiedenen Trampelpfaden flussabwärts und konnten stellenweise kaum noch das Wasser sehen, während wir ständig ihren Namen riefen.
Es dauerte zwanzig lange Minuten, bis wir sie in der Nähe des Ufers auf unserer Seite fanden. Sie trieb mit dem Gesicht nach oben, und ihr Oberkörper hatte sich in einer langen, knorrigen Wurzel verfangen. Das Wasser strömte an ihr vorbei und fächerte ihr Haar auf. Blut sickerte aus einer Wunde an der Wange und vermischte sich mit ihrem Haar.
Wir stiegen ins Wasser, um an sie heranzukommen, und Liam beugte sich über ihr Gesicht. »Sie atmet.«
Aber sie rührte sich nicht.
Wir holten sie behutsam aus dem Wasser. Liam trug sie zu einer kleinen Lichtung. Ihr Kopf baumelte schlaff an seinem Arm.
Sie wachte nicht auf, als Liam sie niederlegte. »Was ist, wenn wir sie verlieren?«, flüsterte er.
Darauf gab es keine Antwort. Ich betastete den Schnitt in ihrem Gesicht und den Hinterkopf. Meine Finger waren blutig von einem Kratzer in der Kopfhaut. »Ich glaube, sie ist gegen einen Felsen geprallt.«
Liam blickte von ihren Füßen auf, die er ausgestreckt hatte. »Auch an anderen Stellen bilden sich blaue Flecken, aber ich glaube nicht, dass sie sich irgendetwas gebrochen hat.«
»Wir brauchen die Erste-Hilfe-Sachen.«
»Ich weiß«,
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