Das silberne Schiff - [Roman]
verzerrte sich, wurde manchmal dicker, stieg als Säule auf und breitete sich ganz oben aus, wo sie auf Windströmungen traf. Manchmal teilte sie sich auch in zwei oder drei dünne Fäden.
Als die Dämmerung einsetzte, schienen wir kaum näher gekommen zu sein. Kayleen zeigte auf eine Landspitze, die weiter ins Meer hinausragte als die anderen, welche wir bisher gesehen hatten. »Lasst uns dort unser Lager aufschlagen. Ich wette, bei Nacht können wir den Fluss sehen.«
Liam musterte misstrauisch die freie Fläche. »Dort sind wir ziemlich ungeschützt.«
Kayleen zuckte mit den Schultern. »Das ist gut. Dann kann sich nichts anschleichen.«
Also schlugen wir unser Lager auf und beendeten ein stilles Abendessen, während die Sonne hinter dem Dampf versank. Sie schimmerte im Dunst und verlieh ihm einen goldenen Schein. Als der Himmel dunkel wurde, sah es aus, als würden dünne rote Ströme aus geschmolzenem Gestein aus dem Nichts auftauchen, bis sie von der Steilwand ins Meer stürzten. Düsteres Orange, heißes Gold und verschiedenste Rottöne verstärkten sich in der Dunkelheit. Wir beobachteten das Delta des Feuerflusses, weit entfernt und so leuchtend und schön, dass wir in ehrfürchtiges Schweigen verfielen. Wir rutschten dicht zusammen, ich in der Mitte. Ich hielt Liams und Kayleens Hand, und so saßen wir fast eine Stunde lang da. Die Nacht war warm genug, so dass wir eigentlich kein Feuer brauchten, außer zum Schutz. Doch schließlich wurden wir müde und entzündeten es doch, nachdem wir entschieden hatten, wer welche Wache übernahm.
An diesem Abend gab es keine weiteren Diskussionen über eine Veränderung unserer Beziehung. Stattdessen redeten wir lieber darüber, wie sich der Wind auf unserer Haut anfühlte, wie sich diese Täler von den großen Grasebenen unserer Heimat unterschieden, vom Feuerfluss, wie wir unser Treibhaus gegen die Vögel schützen konnten oder ob wir einen weiteren Holzscheit aufs Feuer legen sollten.
Trotz unserer ausweichenden Worte schwangen Wärme, Unsicherheit und Hoffnung in unseren Gesprächen mit. Meine Haut brannte, wenn ich Liam oder Kayleen ansah, und mein Bauch fühlte sich leicht und flattrig an. Islandias heißes Blut schien in uns zu fließen und uns zu verändern, wie es dieses Land verändert hatte.
Islandia schien sich unseres Dilemmas bewusst zu sein. Meteore strichen in drei großen Brocken über den Himmel, und ich stellte mir vor, wie Gianna in Artistos ihre Spur verfolgte. Mitten in der Nacht rumpelte im Boden unter uns ein leichtes Erdbeben. Es ging schnell vorbei, aber es war eine Warnung, dass sie häufig in der Nähe von Vulkanen auftraten.
Ich schlief nur langsam ein, während meine Nerven in Flammen standen und ich während der ersten Wache jede Bewegung Kayleens registrierte, jedes Mal, wenn Liam sich im Schlaf umdrehte. Ich trieb ständig an der Grenze zum Bewusstsein, ich wand mich, mir war kalt und dann heiß, bis Liam mich weckte, damit ich die letzte Wache übernahm. Das Lagerfeuer, der Feuerfluss, ein Teppich aus Sternen und drei unserer kleineren Monde leisteten mir Gesellschaft. Und von den Hügeln in der Nähe der Berge wehte das unheimliche Geheul der Dämonenhunde heran.
Irgendwann weckte ich die beiden. Dann brachen wir das Lager ab und zogen weiter zum Feuerfluss. Nur wenige Stunden später suchten wir uns vorsichtig einen Weg durch eine trostlose Landschaft aus sonnenheißen Lavaströmen, die nur stellenweise mit grünen Flecken durchsetzt waren, wo winzige Pflanzen ums Überleben kämpften. Lange Risse im Boden machten das Gelände zu einem komplizierten Labyrinth.
Die Sonne ließ die Steine so sehr glühen, dass es schmerzte, sie zu berühren.
Gegen Mittag ließ Liam uns anhalten. »Viel näher werden wir nicht herankommen.« Enttäuschung stand in seiner Miene, aber er war viel zu sehr ein Anführer der Vagabunden, als dass er uns unnötig einer Gefahr ausgesetzt hätte. Wir hatten diesen Bereich überflogen und wussten, dass es nicht mehr als der Rand einer riesigen leeren versengten Fläche war.
»Zumindest haben wir erfahren, dass das nächste Tal ähnlich wie unseres ist und dass es dort viele von diesen Gräsern gibt«, sagte ich. »Und wir haben den Fluss gesehen.«
Liam lächelte.
Kayleen schien einfach nur erleichtert zu sein, ließ Brise wenden und machte sich unverzüglich auf den Rückweg. Sie hielt erst an, als wir wieder normalen Boden erreicht hatten.
In dieser Nacht kampierten wir an derselben Stelle und
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