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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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kannst dir dein Schlaflager in Imelas Kammer aufschlagen. Dort stehen zwei Betten. Früher hat die alte Fita dort geschlafen.»
    «Ein richtiges Bett?», rutschte es Geruscha heraus. Sie machte große Augen.
    Marysa öffnete die Tür. «Geh jetzt in die Küche zu Imela und lass dir alles zeigen. Ach ja, besitzt du noch weitere Kleider oder Sachen, die du gern hier haben möchtest? Dann bring sie in den nächsten Tagen her.»
    «Ich habe nur dieses Kleid und eine Überschürze für den Sonntag.»
    Marysa kräuselte die Lippen. «Keine Gugel, keinen Mantel?»
    «Nur einen alten Umhang von meinem Vater.»
    «Und diese zerschlissenen Sandalen», ergänzte Marysa. «Mein Gesinde läuft aber nicht in Lumpen herum. Ich will nicht, dass du dich bei der Arbeit draußen erkältest. Außerdem macht es keinen guten Eindruck, wenn meiner Magd das Kleid in Fetzen vom Leib hängt. Ich werde sehen, ob sich eines meiner abgelegten Kleider für dich eignet. Kannst du nähen? Wahrscheinlich muss es ein wenig geändert werden. Und dann werden wir gleich morgen Beinlinge, Schuhe und einen Umhang für dich besorgen.»
    Vor Verblüffung klappte Geruscha der Mund auf. «Ihr … wollt mir neue … Kleider geben?»
    Marysa lächelte nur und machte eine leichte Bewegung mit der Hand. «Geh und tu, was ich dir aufgetragen habe, Mädchen.»
    Geruscha machte einen Schritt rückwärts. «Ja, natürlich. Sofort, Herrin!» Sie flog um ihre eigene Achse und rannte fast hinaus in die Küche.
    «Neue Magd?», fragte Heyn, der noch immer konzentriert an einem Reliquiar arbeitete. «Hübsches Dingelchen. Bisschen blass.»
    Marysas Mundwinkel zuckten. Wenn Heyn arbeitete, verlor er immer nur die nötigsten Worte. «Ich hoffe, sie wird sich gut machen», antwortete sie ihm. «Eine fleißige Magd können wir brauchen.» Sie wollte noch etwas hinzusetzen, doch in diesem Augenblick kam Leynhard herein. Er trug einen Holzkasten vor sich her, in dem sich offenbar das Blattgold für Boeckes Schrein befand.
    «Das hat aber lange gedauert», grummelte Heyn.
    Leynhard stellte den Kasten auf dem großen Arbeitstisch in der Mitte der Werkstatt ab. «Ich hab noch die neuen Scharniere von Meister Astened abgeholt», erklärte er. «Auch die bestellten Nägel waren schon fertig.» Sein Blick wanderte zu Marysa. «Er sagt, Ihr könnt wie immer einen Wechsel ausschreiben.»
    Marysa schüttelte den Kopf. «Das wird nicht nötig sein. Es ist ausreichend Geld im Haus. Bei nächster Gelegenheit werde ich ihm die Sachen bezahlen. Dann kann ich gleich …»
    Sie brach ab, als es an der Haustür klopfte. Leynhard öffnete und trat einen Schritt beiseite, als er den Mann erkannte, der um Einlass bat. Es war Thys Hantsen, der Schöffenschreiber. «Frau Marysa?» Als er sie erblickte, lächelte er und hielt ihr ein Schriftstück hin. «Reimar van Eupen bat mich, Euch dies zu überbringen – mit den besten Grüßen. Und der Domherr van Oenne, der zufällig gerade bei ihm weilte, lässt ausrichten, dass Ihr ab sofort die Pilgerabzeichen aus der Werkstatt des Meisters Aelaert van Lyntzenich erhalten werdet.»
    «Vielen Dank.» Marysa drehte den Brief in Händen, ohne ihn zu öffnen. «Wisst Ihr zufällig, wann die Beerdigung des Meisters van Hullsen stattfinden wird?»
    «Morgen Mittag», antwortete der Schreiber. «Doch nun entschuldigt mich, ich muss sogleich zurück zur Acht. Es findet heute eine Sitzung der Schöffen statt.» Er verbeugte sich knapp und verließ das Haus wieder.
    Marysa blieb noch einen Moment lang unschlüssig in der Werkstatt stehen. Leynhard, der inzwischen die Kiste ausgepackt hatte, trat neben sie. «Werdet Ihr zu der Beerdigung gehen?»
    «Das werde ich.» Sie blickte kurz auf den Brief in ihren Händen. «Selbst wenn Meister van Hullsen in diesen Betrug verwickelt war, will ich ihm dennoch diese letzte Ehre erweisen. Wer weiß, was ihn zu seinem Handeln getrieben hat. Ich kannte ihn nur als ehrenwerten Mann. Seiner Familie möchte ich gerne mein Beileid aussprechen.»
    «Sollen wir Euch begleiten?», fragte Heyn.
    Marysa überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf. «Nein, ihr könnt hierbleiben. Wir haben zu viel Arbeit, als dass wir die Werkstatt für einen Tag schließen könnten. Außerdem kommt Herr Boecke morgen, um sich seinen Schrein anzusehen.»
    Die beiden Männer schienen erleichtert, Beerdigungen gehörten nicht zu ihren liebsten Unternehmungen. Das konnte Marysa nur zu gut verstehen. Doch sie fand, dass es ihre Pflicht war, sich morgen

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