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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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dreister. Mussten sie den Mann gleich umbringen – und das wegen ein paar Münzen?»
    «Die arme Familie», fügte Jolánda bedrückt hinzu. «Seine Frau muss außer sich sein. Und dann die Kinder. Hat er nicht mehrere kleine Kinder?»
    «Vier, soweit ich weiß», bestätigte Bardolf.
    «Er hätte nicht des Nachts allein durch die Straßen gehen sollen», befand Jolánda. «Warum war er überhaupt unterwegs?»
    Marysa hob den Kopf. «Rudolf, sein Geselle, der uns den Beutel mit den Pilgerzeichen gab, erzählte uns, dass Meister van Hullsen zum Krankenbett seiner Schwester gerufen worden sei. Gewiss war er auf dem Heimweg von dort.»
    «Und dann hat ihm jemand aufgelauert.» Jolánda war empört. «Schrecklich! Wie man hört, lag der Leichnam etliche Stunden neben der Straße am Graben, bis man ihn fand.»
    Mit einem leisen Klacken stellte Marysa ihren Becher auf den Tisch zurück. «Haltet ihr es nicht für einen merkwürdigen Zufall, dass man Meister van Hullsen ausgerechnet jetzt umgebracht hat?»
    Bardolf hob die Brauen. «Was meinst du mit ausgerechnet jetzt, Marysa?»
    «Überleg doch mal! Jemand hat ein gefälschtes Silberzeichen in eines meiner Reliquiare eingebaut. Meister van Hullsen hat mir aber nur echte Silberzeichen geliefert. Und jetzt ist er tot.»
    Jetzt schlug Jolánda eine Hand vor den Mund. «Du meinst, er könnte wegen dieser Fälschungen umgebracht worden sein? Aber ihm wurde doch die Geldbörse gestohlen.»
    «Vielleicht nur, um einen Überfall vorzutäuschen», schlug Marysa vor. «Es könnte doch sein, dass er etwas über die Fälschungen wusste.»
***
    «Ich fürchte, Ihr hattet recht mit Eurer Vermutung», sagte Reimar van Eupen zu Marysa. Er hatte sie am Mittag des folgenden Tages aufgesucht und gebeten, ihn zum Marienstift zu begleiten. Nun saß sie ihm und Rochus van Oenne in dessen Schreibstube gegenüber. «Als Euer werter Herr Vater mir gestern davon erzählte, war ich zugegebenermaßen nicht gleich überzeugt. Doch dann erfuhr ich, dass die Beginen, die sich der Leichenwäsche des Toten angenommen haben, in seiner Kleidung dies hier gefunden haben.» Er hielt Marysa ein kleines Stoffsäckchen hin.
    Sie nahm es und öffnete die Verschnürung. Beim Anblick der beiden Silberzeichen stieß sie einen verblüfften Laut aus. Vorsichtig nahm sie eines davon zwischen die Finger und drehte es. Schon das geringe Gewicht verriet ihr, dass es sich nicht um echtes Silber handeln konnte. Auf der Rückseite erblickte sie denn auch die Spuren, die auf eine Überprüfung mit Nagel und Stein schließen ließen. Gelbliches Messing schimmerte unter dem dünnen Silberüberzug hervor.
    Schweigend blickte sie die beiden Männer an.
    Der Domherr räusperte sich vernehmlich. «Offenbar wusste Meister van Hullsen nicht nur von dem Betrug, sondern war selbst darin verwickelt. Und nur durch diesen Überfall, in den er geriet, kann es bewiesen werden. Wenn sein Tod nicht so tragisch wäre, könnte man den Räubern fast dankbar sein.»
    «Dankbar?» Marysa verzog die Lippen. «Glaubt Ihr noch immer, es habe sich um einen einfachen Überfall gehandelt?»
    «Davon müssen wir ausgehen», antwortete van Eupen. «Jedenfalls solange nicht etwas anderes bewiesen wird. Zeugen gibt es ja leider keine.»
    Marysa schüttelte den Kopf. «Gerade dieser Fund zeigt doch wohl, dass hier keine gemeinen Straßenräuber am Werk waren.»
    «Ach ja?»
    «Natürlich.» Sie steckte das falsche Silberzeichen wieder in den Beutel. «Der oder die Täter haben Meister van Hullsens Geldbörse gestohlen.»
    «Und seine Gürtelschnalle sowie seinen Dolch», ergänzte van Oenne, dann stutzte er. «Aber natürlich!» Er schlug sich gegen die Stirn. «Dass wir darauf nicht gekommen sind!» Anerkennend nickte er Marysa zu. «Ihr seid eine kluge Frau.» Er wandte sich an den Schöffen. «Wenn die Räuber nur hinter van Hullsens Geld her gewesen wären, hätten sie den Beutel mit den Pilgerabzeichen auch mitgehen lassen. Sie konnten ja nicht wissen, dass es sich um Fälschungen handelt. Selbst wenn – auch ein versilbertes Messingzeichen lässt sich irgendwo gewinnbringend verkaufen.»
    Van Eupen richtete sich ein wenig auf. «Das würde also bedeuten, dass jemand von van Hullsens Beteiligung an dem Betrug wusste.»
    «Oder ihm dabei sogar geholfen hat», ergänzte van Oenne. «Und dann hat dieser Jemand den Silberschmied getötet …»
    «Eine gewagte Theorie», konstatierte van Eupen. «Vielleicht haben die Räuber den Beutel mit den beiden

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