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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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unweigerlich auch über ihr Haus kommen würde, da Heyn hier gelebt und gearbeitet hatte. Ihre Nachbarn hatte sie zunächst einigermaßen beruhigen können, doch nachdem nun Vater Ignatius eingeweiht war, würde es nicht mehr lange dauern, bis sich die Nachricht in ganz Aachen verbreitete.
    Fast noch schlimmer war, dass Grimold, nachdem Heyn auf das Strohlager gebettet worden war, zwei weitere silberne Pilgerzeichen am Stallboden gefunden hatte. Offenbar waren sie Heyn entglitten, als er sich erhängt hatte.
    «Warum hast du das nur getan?», fragte sie und spürte beim Klang ihrer leicht brüchigen Stimme eine Gänsehaut auf Rücken und Armen. «Was in aller Welt hat dich umgetrieben, dass du …» Sie brach ab, weil ihr etwas aufgefallen war. Etwas irritiert beugte sie sich über den Leichnam und schob den Kragen von Heyns Hemd ein wenig auseinander.
***
    «Heyn wurde umgebracht?» Verständnislos stand Bardolf vor Marysa. «Wie kommst du darauf? Erhängt hat er sich, alles weist darauf hin. Er …»
    «Das ist es ja», unterbrach Marysa ihn erregt. «Ich habe mich auch erst täuschen lassen. Aber schau!» Sie deutete auf das dunkle Würgemal, welches der Strick am Hals des Gesellen hinterlassen hatte. «Siehst du, wie dieser Striemen steil nach oben verläuft? Der Strick, an dem er aufgeknüpft wurde, hat ihn verursacht.»
    «Marysa …» Besorgt legte Bardolf ihr eine Hand auf die Schulter. «Natürlich wurde er von dem Strick verursacht. Was dachtest du denn, wie …» Als er den Hals des Toten genauer betrachtete, erkannte er, was sie meinte. Er hielt inne. «Verflucht, Marysa, du hast recht!» Er beugte sich weiter über den Toten, dann richtete er sich auf. «Ich lasse den Büttel holen. Den Vogtmeier. Die Schöffen.» Er schüttelte den Kopf. «Wen auch immer.» Er blickte Marysa von der Seite an. «Das zweite Mal hat er sich nicht beim Erhängen zugefügt.»
    «Es verläuft gerade», ergänzte sie leise. «Und hier.» Sie ergriff Heyns kalte rechte Hand und deutete auf seine Fingernägel. Sie waren eingerissen, und es sah aus, als hätten sich Fasern des Stricks darunter festgesetzt. «Jemand hat ihn erwürgt, Bardolf. Ich bin ganz sicher.»
    Einen Moment lang schwiegen beide.
    «Warum?», stellte Bardolf schließlich die Frage, die bereits greifbar im Raum stand.
    Marysa hob die Schultern. «Die Schöffen und der Domherr van Oenne glauben, dass Heyn derjenige war, der die silbernen Zeichen gestohlen und durch gefälschte ersetzt hat. Ein Höker, der die Abzeichen gekauft hat, nannte Heyns Namen.»
    «Was sagst du da?»
    Bekümmert verzog Marysa die Lippen. «Sie waren gestern hier, um mit mir darüber zu sprechen.»
    «Du hättest es uns sofort sagen müssen!»
    «Ich weiß. Aber ich war so erschüttert, Bardolf. Ich konnte einfach nicht … Ich wollte heute mit Euch darüber reden.» Ihr Blick wanderte erneut zu dem Leichnam. «Gort war heute Nacht hier.»
    «Gort Bart?» Bardolf starrte sie verblüfft an. «Was wollte er?»
    «Mich heiraten.» Marysa stieß einen angewiderten Laut aus. «Er hat irgendeinen Unsinn von sich gegeben, dass ich meinen Ruf wahren müsse. Bardolf, ich glaube, dass Hartwig ihn geschickt hat.»
    «Glaubst du, Gort könnte Heyn umgebracht haben?»
    «Nein. Ich weiß es nicht. Gort ist kein … Ich glaube nicht, dass er jemanden erwürgen könnte.»
    «Aber er war hier, als … das geschah.»
    «Wahrscheinlich.» Marysa nickte. «Wir wissen ja nicht genau, wann Heyn hierherkam. Ich hörte mitten in der Nacht Geräusche im Hof. Die Pferde waren unruhig. Als ich Gort sah, dachte ich, er hätte die Tiere nervös gemacht.»
    «Was durchaus sein kann», knurrte Bardolf. «Ich gehe sofort zur Acht. Vermutlich hat Vater Ignatius dort bereits Bescheid gegeben.»
    «Ich will nicht, dass man Heyns Leiche schändet», sagte Marysa. «Das hat er nicht verdient.»
    «Wenn er tatsächlich ermordet wurde, brauchst du dir darüber keine Gedanken zu machen», erwiderte Bardolf. «Zumindest darüber nicht.»
***
    Der Besuch der Büttel eine knappe Stunde später war wenig erfreulich. Der zuständige Richter sowie der Vogtmeier waren nicht in der Stadt, sodass die beiden Männer – einer von ihnen war schon am Vortag mit den Schöffen hier gewesen – sich die Leiche allein ansahen. Marysa zeigte ihnen die beiden Würgemale und die Spuren an Heyns Händen. Erleichtert nahm sie zur Kenntnis, dass beide Büttel die gleichen Schlüsse aus den Verletzungen zogen wie sie. Die beiden versprachen,

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