Das Silmarillion
die Valar von ihrer Arbeit ruhten und zusahen, wie die Dinge, welche sie erdacht und begonnen, wuchsen und aufgingen, dass Manwe ein großes Fest gab, und die Valar kamen mit all ihrem Gefolge, von ihm geladen. Aule und Tulkas aber waren müde, denn Aules Geschick und Tulkas’ Stärke hatten in den Tagen der Arbeit ohne Unterlass allen geholfen. Und Melkor wusste von allem, was geschah, denn auch damals hatte er insgeheim seine Freunde und Spione unter den Maiar, die er zu seiner Sache bekehrt hatte, und im fernen Dunkel war er voller Hass und Eifersucht auf das Werk seiner Brüder, die er sich unterwerfen wollte. Er sammelte also aus den Hallen von Ea alle Wesen um sich, die er verführt hatte, ihm zu dienen, und er glaubte sich stark. Und als er nun seine Zeit gekommen sah, rückte er Arda näher und blickte darauf hinab; und die Schönheit der Erde in ihrem Frühling erfüllte ihn umso mehr mit Hass.
Nun waren also die Valar auf Almaren beisammen und ahnten nichts Böses, und im Lichte Illuins bemerkten sie den Schatten im Norden nicht, den Melkor schon von weitem warf, denn er war dunkel geworden wie die Nacht der Leere. Und es heißt im Liede, dass bei jenem Frühlingsfest von Arda Tulkas sich mit Nessa vermählte, Oromes Schwester, und auf dem grünen Gras von Almaren tanzte sie vor den Valar.
Dann schlief Tulkas ein, müd und zufrieden, und Melkor sah seine Stunde gekommen. Also stieg er mit seinem Tross über die Mauern der Nacht und kam weit im Norden nach Mittelerde; und die Valar bemerkten ihn nicht.
Nun begann Melkor eine große Festung zu graben und zu bauen, tief unter der Erde, unter den dunklen Gebirgen, wo Illuins Strahlen kalt und blass waren. Diese Burg wurde Utumno genannt. Und obgleich die Valar noch nichts von ihr wussten, strömten von hier doch Melkors Unheil und der Gifthauch seines Hasses hinaus, und Ardas Frühling war verdorben. Grünzeug wurde krank und faulte, und Flüsse erstickten in Schlingpflanzen und Schlamm, und stinkende, giftige Sümpfe wurden geschaffen, den Fliegen zur Brutstätte; Wälder wurden zu Alpträumen der Angst, dunkel und gefahrvoll, und Tiere wurden zu Ungeheuern mit Horn und Hauer und tränkten die Erde mit Blut. Da wussten die Valar, dass Melkor wieder am Werk war, und sie suchten nach seinem Versteck. Melkor aber, auf die Stärke vonUtumno und die Kraft seiner Diener vertrauend, überfiel sie plötzlich mit Krieg und führte den ersten Streich, ehe die Valar sich gefasst hatten; und er stürzte sich auf die Lichter Illuin und Ormal, warf die Pfeiler um und zerschlug die Lampen. Der Sturz der gewaltigen Pfeiler brach Länder in Stücke, und Meere erhoben sich in Aufruhr; und als die Lampen verschüttet wurden, ergossen vernichtende Brände sich über die Erde. Und Ardas Form und die Symmetrie zwischen Wasser und Land wurden damals verdorben, so dass die ersten Gebilde, wie die Valar sie beabsichtigt, nie wiederhergestellt wurden.
Im Dunkel und Durcheinander entkam Melkor, doch Furcht packte ihn, denn über dem Brüllen der See hörte er Manwes Stimme wie einen mächtigen Sturm, und die Erde bebte unter Tulkas’ Füßen. Doch kam er nach Utumno, ehe Tulkas ihn einholen konnte; und da lag er versteckt. Und zu dieser Zeit konnten ihn die Valar nicht besiegen, denn größtenteils brauchten sie ihre Kraft, um den Aufruhr der Erde zu bändigen und vor dem Verderben zu retten, was von ihren Werken zu retten war; und später waren sie immer besorgt, die Erde nicht noch einmal zu zerreißen, solange sie nicht wussten, wo die Kinder Ilúvatars wohnen würden, welche kommen sollten zu einer Zeit, die den Valar verborgen blieb.
So endete der Frühling von Arda. Die Wohnung der Valar auf Almaren war ganz und gar zerstört, und sie hatten keinen Ort auf der Erde. Daher schieden sie aus Mittelerde und machten sich auf in das Land Aman, das von allen Ländern am weitesten westlich an den Grenzen der Welt liegt; denn mit den Westküsten grenzt es an das Außenmeer, welches die Elben Ekkaia nennen, das Meer, von dem das Königreich Arda umzingelt ist. Niemand außer den Valar weiß,wie breit es ist; und dahinter kommen die Mauern der Nacht. Die Ostküsten von Aman aber waren der äußerste Rand von Belegaer, dem Großen Meer des Westens; und weil Melkor nach Mittelerde zurückgekehrt war und sie ihn nicht überwinden konnten, befestigten die Valar ihren Wohnsitz, und auf den Meeresküsten bauten sie die Pelóri auf, die Berge von Aman, die höchsten auf Erden. Und all die
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