Das Silmarillion
Glücks von Valinor, und so begann auch die Zählung der Zeit.
Während aber die Zeiten der Stunde entgegentrieben, die Ilúvatar für die Ankunft der Erstgeborenen bestimmt hatte, lag Mittelerde im Dämmerlicht unter den Sternen, die die Valar in den unvordenklichen Altern ihres Wirkens in Ea geschaffen hatten. Und im Dunkel hauste Melkor, und noch immer ging er oft um, in vielerlei Gestalt von Macht undSchrecken; und er streute Frost und Feuer, von den Gipfeln der Berge bis zu den tiefen Öfen, die darunter sind; und was immer in jenen Tagen grausam oder gewalttätig oder mörderisch war, wird ihm zur Last gelegt.
Aus dem Glanz und Glück von Valinor kamen die Valar nicht oft über die Berge nach Mittelerde, sondern all ihre Liebe und Pflege widmeten sie dem Lande hinter den Pelóri. Und mitten in ihrem Segensreich standen die Häuser Aules, und dort werkte er lange. Denn an der Erschaffung aller Dinge in diesem Lande hatte Aule den größten Anteil, und er fertigte dort hundert schöne und wohlgestalte Dinge, offen und insgeheim. Von ihm stammen Kunde und Wissen von der Erde und allem, was darinnen ist, ob nun die Wissenschaft jener, die nichts schaffen, sondern nur verstehen wollen, was ist, oder auch die Wissenschaft aller Handwerksleute: des Webers, des Holzschnitzers und des Schmiedes, und auch des Pflügers und des Hirten, wenngleich bei den Letztgenannten wie bei allen, die es mit Dingen zu tun haben, die wachsen und Frucht tragen, auch Aules Gemahlin Yavanna Kementári mitbedacht werden muss. Aule ist es, welcher der Freund der Noldor genannt wird, denn vieles lernten sie von ihm in späteren Tagen, und sie sind die geschicktesten unter den Elben; und nach ihrer Art, gemäß den Gaben, die ihnen Ilúvatar verliehen, erfanden sie so manches zu Aules Lehren hinzu und ergingen sich in Sprachen und Schriften, in Stickmustern, im Zeichnen und Schnitzen. Die Noldor waren es auch, denen es zuerst gelang, Gemmen zu schneiden, und die schönsten aller Gemmen waren die Silmaril, und die sind verloren.
Doch Manwe Súlimo, der höchste und heiligste der Valar, der an den Grenzen von Aman saß, verlor die Außenlande nicht aus dem Sinn. Denn sein Thron stand in Herrlichkeit auf dem Gipfel des Taniquetil, des höchsten von allen Bergen der Welt, der am Rande des Meeres aufragt. Geister in Gestalt von Adlern und Falken flogen in seinen Hallen aus und ein; und ihre Augen drangen bis in die Tiefen der Meere und bis in die versteckten Höhlen unter der Erde. So brachten sie ihm Meldung von fast allem, was geschah auf Arda; manches aber blieb selbst vor Manwes und seiner Diener Augen verborgen, denn wo Melkor saß in seinem dunklen Brüten, lagen undurchdringliche Schatten.
Manwe sinnt nicht auf eignen Ruhm, noch hütet er eifersüchtig seine Macht, sondern regiert zu aller Zufriedenheit. Die Vanyar schätzte er unter allen Elben am höchsten, und von ihm empfingen sie den Gesang und die Dichtkunst; Verse nämlich sind Manwes Freude, und das Lied der Worte ist seine Musik. Blau ist sein Gewand, und blau ist das Feuer seiner Augen, und von Saphir ist sein Szepter, welches die Noldor für ihn geschmiedet; und zum Statthalter Ilúvatars war er ernannt, König der Welt der Valar und Elben und Menschen und stärkster Beschützer vor dem Unheil Melkors. Bei Manwe wohnte Varda, die Schönste, die in der Sindarin-Sprache Elbereth heißt, die Königin der Valar, die Bildnerin der Sterne; und um sie her war ein großes Gefolge gesegneter Geister.
Ulmo aber war allein, und er wohnte nicht in Valinor, noch kam er je dorthin, wenn nicht großer Rat gehalten werden musste; seit dem Anbeginn Ardas wohnte er im Äußeren Ozean, und dort wohnt er noch immer. Von dort regiert er die Ebbe und Flut aller Wasser, den Lauf aller Flüsse und die Auffüllung aller Brunnen, das Abtropfen allen Taus und Regens in jedem Land unter dem Himmel. An den tiefen Orten ersinnt er Musik, große und schreckliche, und das Echo seiner Musik rinnt durch alle Adern der Welt in Freude undLeid; denn wenn die Fontäne voll Freude ist, wenn sie in die Sonne springt, so ist ihre Quelle doch in dem unauslotbaren Brunnen des Leides an den Grundfesten der Erde. Viel lernten die Teleri von Ulmo, und aus diesem Grunde kennt ihre Musik sowohl die Trauer wie das Entzücken. Salmar war mit ihm nach Arda gekommen, er, welcher Ulmos Hörner geschliffen, die keiner vergessen kann, der sie einmal gehört hat, und ebenso Osse und Uinen, denen er die Herrschaft über die Wellen
Weitere Kostenlose Bücher