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Das Silmarillion

Das Silmarillion

Titel: Das Silmarillion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien , Christopher Tolkien
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die einzige Frau der Noldor, die an diesem Tage hoch und kühn unter den streitenden Prinzen stand, brannte darauf, fortzuziehen. Sie schwor keinen Eid, doch Feanors Worte über Mittelerde waren in ihrem Herzen aufgegangen, denn sie sehnte sich danach, die weiten, unbewachten Lande zu sehen und ein Reich nach eignem Gutdünken zu regieren. Gleichen Sinnes wie Galadriel war Fingon, Fingolfins Sohn;auch ihn hatten Feanors Worte bewegt, obgleich er ihn wenig liebte; und zu Fingon hielten, wie immer, Angrod und Aegnor, Finarfins Söhne. Doch diese alle blieben still und sprachen nicht gegen ihre Väter.
    Am Ende, nach langem Streit, hatte Feanor seinen Willen, und den größeren Teil der versammelten Noldor entflammte er mit der Sehnsucht nach neuen Dingen und fremden Ländern. Als Finarfin daher noch einmal für Bedenken und Abwarten sprach, erhob sich lautes Geschrei: »Nimmer, wir wollen fort!« Und auf der Stelle begannen Feanor und seine Söhne den Aufbruch vorzubereiten.
    Wenig konnten sie voraussehen, die es wagten, einen so dunklen Weg zu beschreiten. Doch alles geschah nun in Übereile, denn Feanor trieb sie an, besorgt, wenn erst ihre Herzen abkühlten, möchten seine Worte verblassen und anderen Ratschlüssen unterliegen; denn bei all seinen stolzen Reden vergaß er doch nicht die Macht der Valar. Aber aus Valmar kam keine Botschaft, und Manwe blieb stumm. Er mochte Feanors Vorhaben weder verbieten noch hindern; denn die Valar waren gekränkt, dass man ihnen zutraute, sie hegten böse Absichten gegen die Eldar oder hielten sie gar gegen ihren Willen gefangen. Jetzt wachten und warteten sie, denn noch glaubten sie nicht, dass Feanor das Volk der Noldor lange an seinen Willen binden könne.
    Und in der Tat gab es sogleich Zwietracht, als Feanor die Noldor zum Aufbruch zu scharen begann. Denn zwar hatte er die Versammlung zu dem Entschluss bewogen, fortzuziehen, doch waren bei weitem nicht alle eines Sinnes, Feanor zum König zu nehmen. Beliebter waren Fingolfin und seine Söhne; und seine Verwandten und die meisten Bewohner von Tirion weigerten sich, ihm abzusagen, wenn er mit ihnen ginge; und so machten sich die Noldor zuletzt in zweigetrennten Scharen auf ihren bitteren Weg. Feanor und sein Gefolge zogen voraus, doch die größere Schar folgte unter Fingolfin nach. Fingolfin ging mit wider besseres Wissen, weil Fingon, sein Sohn, ihn drängte und weil er sich von seinem Volk, das begierig war zu gehen, nicht trennen und es nicht den unbedachten Ratschlüssen Feanors ausliefern mochte. Auch hatte er seine Worte vor Manwes Thron nicht vergessen. Mit Fingolfin ging auch Finarfin, aus ähnlichen Gründen, doch mit dem größten Widerstreben. Und von allen Noldor in Valinor, die nun ein zahlreiches Volk geworden waren, wollte nur der zehnte Teil nicht auf den Weg: manche aus Liebe zu den Valar (und nicht zuletzt zu Aule), manche aus Liebe zu Tirion und den vielen Dingen, die sie geschaffen, niemand aus Furcht vor Gefahr.
    Als aber die Trompete erschallte und Feanor aus den Toren von Tirion trat, kam schließlich doch ein Bote von Manwe und sagte: »Gegen Feanors Wahn höret nur meinen Rat. Gehet nicht fort! Denn bös ist die Stunde, und euer Weg führet in Leid, das ihr nicht vorausseht. Keine Hilfe werden euch die Valar gewähren zu dieser Fahrt, doch werden sie euch auch nicht hindern. Denn wisset dies: Wie ihr frei hierhergekommen, so seid ihr frei zu gehen. Du aber, Feanor, Finwes Sohn, bist ausgestoßen, aufgrund deines Eides. Bitter soll es dir werden, Melkors Lügen zu verlernen. Ein Vala ist er, sagst du. Dann hast du vergebens geschworen, denn keinen der Valar kannst du überwinden, jetzt nicht und niemals, solange Ea dauert, und wenn Eru, den du angerufen, dich dreimal größer geschaffen hätte, als du bist.«
    Feanor aber lachte und sprach nicht zu dem Herold, sondern zu den Noldor und sagte: »So denn! Dies tapfere Volk wird also den Erben seines Königs mit seinen Söhnen allein in die Verbannung schicken und in seine Knechtschaft zurückkehren? Doch wenn noch einige mit mir kommen wollen, so sage ich ihnen: Ist euch Leid vorbestimmt? Nun, wir kennen es aus Aman. In Aman sind wir durch Glück zum Leid gekommen. Umgekehrt versuchen wir es jetzt: durch Leid zur Freude – oder wenigstens zur Freiheit.«
    Dann, sich dem Herold zuwendend, rief er: »Sag dies zu Manwe Súlimo, dem Hohen König von Arda: Wenn Feanor Morgoth nicht besiegen kann, so zögert er doch nicht, ihn anzugreifen, und sitzt nicht

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