"Das sind Gefühle, wo man schwer beschreiben kann!"
Leben in der Bude.“
„War das frühere Stadion denn baufällig und alt?“
„Nein, nicht direkt, es war nur nicht mehr zeitgemäß. Hatte eine Laufbahn drumherum und viel zu viel Stehplätze.“
„Eine Laufbahn?“
„Ja, für Leichtathletik und so etwas. Das will ja heute keiner mehr sehen. Rechnet sich einfach nicht. Und für den Fußballfan
ist es natürlich besser, wenn er hautnah am Geschehen ist, verstehst du?“
„Ja, sicher. Sag mal, ist dieses Büffet schon offen, von dem du erzählt hast?“
„Warte mal, jetzt ist es zehn vor vier. Das Spiel läuft zwanzig Minuten – ich glaube, die öffnen um vier.“
„Ich hätte schon ein wenig Appetit.“
„Wir können ja kurz vor der Halbzeit rein, dann ist noch nicht so viel los.“
„Meinst du, die haben Meeresfrüchte?“
„Ich denke schon, das ist ja keine Provinzveranstaltung hier.“
In diesem Moment schreit die Menge im Stadion auf, eine Torchance, knapp vorbei.
„Uih! Da versteht man ja sein eigenes Wort nicht.“
„Ja, ein tolles Spektakel!“
„Wer sind denn die Bayern?“
„Die Bayern spielen heute nicht, Schatz, heute spielt 1860 München, das sind die Löwen. Die in den blauen Hemden.“
„Ach, wir gehen zu den,Löwen‘?“
„Na ja, wir wollten doch erst einmal sehen, wie das neue Stadion so ist. Und der Dr. Faltermeier hat halt gute Kontakte zur Brauwenz AG, die haben diese Loge im Stadion für ihre Kunden. Die ist aber bei den
Bayern momentan immer belegt. Da hab ich uns auf der Warteliste eingetragen. Vielleicht klappt es ja mal im Winter.“
„Die Frau Frenzel war schon bei den Bayern!“
„Ja, aber doch nicht in der Loge!“
„Nicht?“
„Nein. Die Frau Frenzel war mit ihrem Freund, diesem Zahnklempner, und die saßen im Block, irgendwo unterm Dach. Die haben
ihre Karten
gekauft
!“
„Ach. Tatsächlich? Die haben für Fußball bezahlt?“
„Ja, verrückt, was?“
„Ist das kein guter Platz da unter dem Dach?“
„Was heißt, nicht gut. Es ist halt draußen, in der Kälte. Nicht beheizt. Und man kann sich die Spielszenen auch nicht auf
dem Fernseher ansehen wie hier.“
Er zeigt auf einen Plasma-Flachbildschirm, der in die Wand eingelassen ist.
„Gegen wen spielen die Löwen denn?“
„Warte, ich schau mal nach …“
Er nimmt ein kleines Heft vom Mahagonitisch und schlägt es auf.
„Das müsste der SC Freiburg sein. Nein, halt: Es ist Paderborn. Hier steht es. Freiburg ist erst in zwei Wochen dran, heute
ist Paderborn.“
„In Paderborn hatte ich mal einen Unfall auf der Autobahn.“
„Mit dem BMW?“
„Nein, das war noch mit dem Golf Cabrio, dem roten. Ich glaube, den hast du nie gesehen.“
„Nein, an den erinnere ich mich nicht …“
Wieder schreit die Menge im Stadion auf, lang anhaltend. Es ist ein Tor gefallen.
„Tor!“
„Für wen?“
„Für die Löwen natürlich.“
„Oh, toll. Wie steht’s denn?
„1:0, glaube ich. Sonst ist doch noch kein Tor gefallen, oder?“
„Nicht, dass ich wüsste. Aber auf der Anzeigentafel steht 1:1.“
Sie zeigt mit dem Finger auf einen High-Tech-Würfel, der am Dach des Stadions hängt.
„Oh, du hast Recht. Da muss Paderborn auch schon mal getroffen haben.“
„Du, ist es jetzt eigentlich schon vier?“
„Ja, sogar schon fünf nach.“
„Sollen wir dann mal zu dem Büffet …“
„Gute Idee. Vielleicht sind die Erlers auch schon da, die sind heute in der Käfer-Loge.“
„Ach ja? Das wäre nett. Du, von mir aus können wir gerne häufiger zum Fußball gehen.“
„Ich hab’s dir ja gesagt, dass dir das Spiel gefallen wird, in dem neuen Stadion.“
„Aber dann gehen wir auch einmal zu den Bayern, oder?“
„Auf jeden Fall. Da ist der Fußball dann auch etwas besser, das muss man schon sagen.“
„Ja, das spielt schließlich auch eine Rolle. Diese Löwen, ich weiß nicht. Die haben auch ein ganz anderes Publikum.“
„Ja, genau. Aber jetzt komm. Wollen doch mal sehen, ob die hier wirklich Meeresfrüchte anbieten.“
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71. Minute
Man kann davon ausgehen, dass der deutsche Schiedsrichter Dr. Markus Merk in seiner langen Karriere schon einiges gesehen hat auf Europas Plätzen. So ein armseliges Spektakel aber wie am 12. April 2004 wohl noch nicht. In der 71. Minute des Stadtderbys zwischen AC Mailand und Inter Mailand in der Champions League verweigerte er dem vermeintlichen Ausgleich
von Inters Cambiasso die Anerkennung. Angeblich Foulspiel, hieß es. Die
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