Das Skript
selbst nichts zustande bringen, das Schaffen von hochtalentierten Schriftstellern zunichtemachen wollen. Unqualifiziert und unfähig.«
»Was ich nicht verstehe«, sagte Erdmann und legte die Hände auf den Tisch. »Warum waren Sie so wütend auf Heike Kleenkamp? Sie hatte nichts mit dieser Rezension zu tun. Warum haben Sie sich nicht an die Verfasserin gehalten?«
Miriam Hansen sah ihn an, als verstehe sie die Frage nicht. »Aber diese Frau ist doch völlig unbedeutend. Sie hätte schreiben können, was sie wollte, es hätte niemand zu lesen bekommen, wenn es nicht in der HAT veröffentlicht worden wäre. Verstehen Sie das denn nicht? Wirklich bösartig ist nicht diese Frau, die aus purer Dummheit diese Unverschämtheiten über Christoph Jahn geschrieben hat. Schlimm sind diejenigen, die ihre Position dazu missbrauchen, diesen Schund öffentlich zu machen, und ihm damit einen Stellenwert geben, den er sonst niemals gehabt hätte.«
Matthiessen schürzte die Lippen. »Aber wenn ich Sie richtig verstehe, hätte sich Ihr Groll doch gegen Dieter Kleenkamp oder die Kulturredaktion richten müssen.
Das
sind die Verantwortlichen bei der HAT , nicht Kleenkamps Tochter.«
»Ja, ich weiß, aber Herr Kleenkamp oder die Leute in der Redaktion hätten meine Mail doch sowieso ungelesen gelöscht. Denen sind solche Dinge doch ganz egal.« Sie senkte den Kopf. »Ich dachte, wenn ich an Heike Kleenkamp schreibe, dann versteht die das vielleicht und redet mit ihrem Vater. Ich dachte, auf sie hört er vielleicht.«
Erdmann fragte sich, ob diese Frau tatsächlich so naiv war, wie es den Anschein hatte. »Woher hatten Sie überhaupt Heike Kleenkamps Mailadresse?«
»Das war nicht schwer, sie steht auf ihrer Facebook-Seite.«
»Frau Hansen, können Sie uns bitte sagen, was Sie in den letzten Tagen gemacht haben? Sagen wir seit Dienstag?«
Ihre Augen weiteten sich. »Sie möchten ein Alibi, nicht wahr? Sie denken tatsächlich, ich hätte etwas mit dieser Entführung zu tun. Nur, weil ich es nicht einfach so hinnehmen wollte, dass die Arbeit eines wirklich talentierten Schriftstellers, der dazu noch ein ganz wunderbarer Mensch ist, in den Dreck gezogen wird.« In ihrer Stimme schwang jetzt Entrüstung mit.
»Nun mal langsam.« Erdmann hatte Mühe, ruhig zu bleiben. »Gerade ist eine Frau entführt worden, der sie vor ein paar Monaten in einer Mail ganz offen gedroht haben. Da ist es vollkommen normal, dass wir Sie überprüfen. Das heißt nicht, dass wir im Moment denken, Sie hätten etwas damit zu tun, aber aufgrund dieser Mails müssen wir uns zumindest mit Ihnen unterhalten. Und ja, wir müssen auch überprüfen, was Sie zu den eventuellen Tatzeiten gemacht haben. Letztendlich können Sie sich damit selbst entlasten.«
»Also gut.« Sie sah zur Decke, als könne sie dort die Tagespläne der vergangenen Woche ablesen. »Ab Dienstag sagten Sie?« Erdmann zog seinen kleinen Notizblock aus der Innentasche des Sakkos und sah sie an. »Ich war bis halb sieben im Laden – ich war die ganze Woche bis halb sieben im Laden, außer gestern –, dann war ich einkaufen. Um kurz nach acht war ich zu Hause. Mittwoch …«
»Waren Sie allein zu Hause?«
»Ja, ich wohne hier allein.«
»Hat Sie vielleicht jemand angerufen oder klingelte jemand an Ihrer Tür am Dienstagabend?«
Wieder dachte sie kurz nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, niemand.«
Erdmann notierte sich ein paar Worte, dann nickte er ihr zu. »Gut, weiter.«
»Mittwoch – warten Sie –, da bin ich nach Feierabend gleich nach Hause gefahren. Auch allein. Donnerstag habe ich mich mit einer Freundin um halb acht zum Essen getroffen. Wir waren in einer Pizzeria bis etwa halb elf. Freitag …«
»Können Sie mir bitte Name und Adresse der Freundin sagen? Und die Telefonnummer, wenn Sie sie haben.« Sie machte die Angaben, und Erdmann notierte.
»Am Freitag habe ich früher Schluss gemacht, um halb vier, weil ich einen Arzttermin hatte.«
»Worum ging es?«
Sie sah Matthiessen fragend an. »Was? Was meinen Sie?«
»Der Arzttermin. Bei welchem Arzt waren Sie, und was war der Grund?«
»Ach so, ich war bei meinem Hautarzt, Dr. Gorges in Eppendorf, wegen ein paar Muttermalen am Rücken, die ich mir wegmachen lassen möchte.« Erdmann schrieb mit. »Danach war ich noch ein wenig bummeln. Gegen halb acht war ich zu Hause.« Sie machte eine kurze Pause, dann fügte sie hinzu: »Ebenfalls alleine.«
»Sie sagten, Sie sind um halb vier gegangen. Haben Sie das
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