Das Skript
diesem Albtraum aus Angst und Schmerz, in dem alles feindlich und fremd war, ein bekanntes Gesicht aufgetaucht war. Endlich hatte etwas aus ihrer Welt dieses Grauen durchbrochen. Der andere, der logische Teil ihres Denkens aber wusste, dass diese verzerrte Fratze nichts mit dem Menschen zu tun hatte, den sie zu kennen geglaubt hatte. Es war die Fratze eines Monsters, und das war auch der einzige Name, den ihr Verstand akzeptierte. Und noch etwas wurde ihr bewusst: Sie würde auf jeden Fall sterben müssen, denn jetzt wusste sie, wer das Monster war.
»Das … das kann doch nicht … Sie kennen mich doch«, stammelte sie und klammerte sich dabei an die Hoffnung auf Mitleid, auf einen Irrtum. »Sei still!«, befahl das Monster und verschwand aus ihrem Sichtfeld. Sie spürte eine unsanfte Berührung an ihren Füßen, einen kurzen Schmerz, etwas schabte über ihre Fußgelenke, dann waren sie frei. Geräusche neben ihr, das Monster bückte sich, löste auch die Schlingen, mit denen ihre Handgelenke gefesselt waren. Hoffnung keimte in ihr auf. Sie versuchte vorsichtig, sich zu aufzurichten, aber es gelang ihr nicht. Ihre Arme hingen gefühllos zu beiden Seiten der Unterlage herab, auf der sie noch immer hilflos auf dem Bauch lag. Alles an ihr war seltsam taub, nur ihr Rücken stand in Flammen.
Plötzlich waren da zwei Hände, die sie von hinten an den Schultern packten und ihren Oberkörper brutal nach oben rissen. Die Schmerzen wurden mit einem Schlag unerträglich, sie schrie gellend auf, während weiter unerbittlich an ihr gezerrt wurde. Mit aller Willenskraft hob sie die Arme und stützte sich auf der Unterlage ab. Gleichzeitig zog sie die Knie an und drückte ihren Oberkörper, an dem noch immer gezerrt wurde, nun selbst nach oben. Stöhnend und schwer atmend gelang es ihr schließlich, aufrecht auf dem Ding zu sitzen, das sich als eine Liege herausstellte, wie Ärzte und Masseure sie benutzten. Zum ersten Mal konnte sie mehr von dem Raum sehen, in dem sie seit unendlich langer Zeit gefangen war, in dem sie seit unendlich langer Zeit gequält wurde. Sie versuchte, den Schmerz zu ignorieren, sich auf das zu konzentrieren, was sie im dämmrigen Licht erkennen konnte. Der Raum war groß, wirkte heruntergekommen und verwahrlost. Kein Möbelstück, kein Regal, nichts. Nur rohe, unverputzte Mauern, überall Dreck, Unrat, Müll. Ihr Blick tastete alles ab, etwas in ihr sagte ihr, dass es wichtig sein konnte, dass sie ihre Umgebung genau kannte. An einer Stelle stockte sie. In der Ecke, auf der linken Seite, hatte sich etwas bewegt, da war sie sich sicher. Etwas Großes. Sie kniff die Augen zusammen, konzentrierte sich auf die Stelle und glaubte, langsam mehr zu erkennen, als sie wieder gepackt und rücksichtslos nach vorne gezogen wurde. Sie musste sich von der Liege abstoßen, um nicht kopfüber zu fallen, kam auf den Füßen auf, doch im gleichen Moment knickten ihr die Beine weg. Mit dem angewinkelten Arm konnte sie den Aufprall auf dem harten Steinboden etwas abdämpfen. Sie schrie auf und lag dann still da, horchte stöhnend auf ihren Körper. Der Arm, mit dem sie den schlimmsten Aufprall abgefangen hatte, schmerzte stark, doch dieser Schmerz wurde überlagert vom Flammenmeer auf ihrem Rücken. »Steh auf.« Die Worte gingen ihr durch Mark und Bein, die Stimme ihres Gegenübers war eiskalt. Sie wusste nicht, ob sie es alleine schaffen konnte, aber sie war sicher, wenn sie es nicht sofort versuchte, würde das Monster ihr wieder weh tun. Unter starken Schmerzen richtete sie sich langsam auf. Als sie den Oberkörper gerade erst ein Stück angehoben hatte, verkrallten sich Hände in ihren Haaren und zogen sie unbarmherzig nach oben. Sekunden später stand sie auf zitternden Beinen. »Los jetzt«, sagte die kalte Stimme, während gleichzeitig eine Hand sie am Oberarm packte und zu einer Stelle zog, an der direkt vor der Wand im Abstand von etwa einem Meter Seile von der Decke hingen. Dazwischen baumelte eine Drahtschlinge. An der Wand selbst war auf Hüfthöhe ein weiteres dickes Seil befestigt, etwa einen halben Meter daneben auf gleicher Höhe zwei Eisenringe. Das war die Stelle, an der sie anfangs angekettet gewesen war. Sie durfte auf keinen Fall wieder dort festgebunden werden. Sie wehrte sich, stemmte sich mit aller Kraft gegen das Monster, das sie noch immer hinter sich herzog. Doch ihr ganzer Körper zitterte so sehr, dass sie sich fast nicht mehr auf den Beinen halten konnte. »Nein, bitte nicht, bitte,
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