Das Skript
sagte Jahn überflüssigerweise.
Matthiessen stieß einen Zischlaut aus. »Ja, danke, ich hab’s gefunden.«
»Tut mir leid, das war nicht anders machbar. Als ich ein paar Monate hier gewohnt habe, ging was an der Heizung kaputt, und weil es in einigen Räumen noch kleine Heizkörper gab, habe ich die Erweiterung gleich mitmachen lassen. Tja, und dieses Rohr musste irgendwie da rüberführen.«
Erdmann sah auf der linken Seite den großen, offenbar blauen Block des Heizbrenners mit dem Steuergerät, genau konnte er die Farbe in dem schwachen Licht nicht erkennen. Daneben die rote Kugel des Ausdehnungsgefäßes und ein Wirrwarr an Rohren, die von einer Stelle irgendwo hinter dem ganzen Block aus abzweigten. Gegen eines davon war Matthiessen gelaufen. »Und diesen Raum haben Sie bis ins kleinste Detail in Ihrem Roman beschrieben?«
»Ja genau, absolut. Wenn Sie sich die Stelle in
Das Skript
ansehen, werden Sie ihn wiedererkennen, jetzt, nachdem Sie ihn gesehen haben. Ganz sicher. Und da sitzen die entführten Frauen.« Er zeigte auf eine Stelle schräg hinter dem Heizungsbrenner, wo auf mehreren Metern die kahle Wand eher zu erahnen als wirklich zu sehen war. Knapp über dem Boden verliefen mehrere Rohre. »Ihre Münder sind zugeklebt, sie sind an Händen und Füßen gefesselt und zusätzlich an den Rohren festgebunden.«
»Aha. Wir schicken gleich jemanden vorbei, der ein paar Fotos hier unten macht. Das ist doch wenigstens mal ein Ansatz. Wir müssen jetzt los.« Matthiessen ging zur Treppe, und Erdmann verließ hinter ihr den Keller. Oben sah ihnen Miriam Hansen entgegen, als erwarte sie eine Beschreibung dessen, was sie im Keller entdeckt hatten.
Matthiessen blieb vor ihr stehen. »Tun Sie mir bitte einen Gefallen und gehen
Das Skript
noch einmal gedanklich durch. Vielleicht fällt Ihnen ja doch noch etwas auf, das wichtig sein könnte.«
»Ja, gut, aber … Was ich nicht verstehe, Sie haben bei mir vier Exemplare des Romans gekauft. Die werden doch sicher von Ihren Polizeikollegen analysiert. Und Sie haben ganz bestimmt Spezialisten für so was, oder? Deshalb wundere ich mich, dass sie meine Hilfe überhaupt benötigen.«
»Natürlich beschäftigen sich Kollegen damit, aber es ist schwer, innerhalb kürzester Zeit Zusammenhänge zu erkennen, für die man das ganze Buch intensiv gelesen haben muss. Und wie wir gesehen haben, fallen manche Dinge ja nicht mal dem Autor auf.«
Jahn tat, als hätte er die Anspielung nicht verstanden. »Das heißt, ich werde also nun zu Hause bleiben und auf Ihren Fotografen warten, richtig?«
»Richtig«, sagte Erdmann und wandte sich ab.
»Der Kerl ist nicht sauber«, knurrte er, als sie im Auto unterwegs zu Dirk Schäfer waren. Der wartete nach einem kurzen Telefongespräch mit Matthiessen nun nervös in seiner Wohnung auf sie. »Ich möchte wetten, er war das auch vor vier Jahren in Köln. Als er damals diese Briefe bekam, hat er sich wahrscheinlich gedacht, dass der Verdacht sowieso auf diesen verrückten
Fan
fallen würde. Oder er hat die Briefe sogar selbst geschrieben.«
»Ich weiß nicht …«
»Es kann doch nicht sein, dass er vergessen hat zu erwähnen, dass er das erste Entführungsopfer kennt. Und dann diese Sache mit Nina Hartmann.« Mit dem Handballen schlug Erdmann gegen das Lenkrad. »Der führt uns doch an der Nase herum.«
Matthiessen erwiderte nichts, sie telefonierte fast ununterbrochen, seit sie losgefahren waren, und nahm das Handy zwischendurch nur kurz vom Ohr, um aufzulegen und die nächste Nummer zu wählen. Unter anderem forderte sie zwei Kollegen zur Observierung von Jahns Haus an. Auch jetzt tippte sie wieder eine Nummer und wartete. »Mist, ich erreiche sie einfach nicht. Sie wollte zu Hause auf uns warten. Wenn sie dort nicht angekommen ist und auch ihr Freund nichts mehr von ihr gehört hat …«
Erdmann nickte. »Ja, ich weiß.«
Auf den Straßen herrschte mittlerweile dichter Verkehr, so dass sie nur langsam vorankamen. Die Sonne hatte an diesem Tag für die Jahreszeit schon eine beachtliche Kraft und lockte viele Menschen aus der Umgebung zu einem Sonntagsspaziergang in den Stadtpark oder an die Ufer von Außen- oder Binnenalster. In diese Richtung waren auch sie nun unterwegs, und es zeichnete sich ab, dass sie für die Strecke wohl mindestens eine Dreiviertelstunde brauchen würden.
Matthiessen hielt das Handy noch immer in der Hand, telefonierte aber nicht mehr. Erdmann fiel Jahns Keller wieder ein. »Kannst du bitte noch
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