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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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plötzliche Stille. Dann Schritte, bei denen der Dreck auf dem Boden unter den Sohlen knirschte. Das Knirschen tat ihr im Kopf weh.
    ihr Häschen, nehmt euch nur in Acht
    ihr werdet alle umgebracht
    Das Monster ging um die Liege mit der toten Frau herum, blieb vor ihr stehen, sah sie an. »Bald.« Es war ein heiseres Flüstern. »Bald.«
    Dann wandte es sich ab, schob die Liege Richtung Tür, verschwand. Mit dem Zuschlagen der Tür legte sich im Bruchteil einer Sekunde wieder eine bleierne Stille über den Raum.
    O weh, o weh, ihr Armen
    o Jäger hab Erbarmen
    verschone doch die Kinder mein
    sie sind ja noch so jung und klein

23
    Sie konnten mit dem Auto bis direkt an die Brücke heranfahren und kamen fast gleichzeitig mit dem Arzt an. Es war wieder der junge Mann, den sie auch schon zwei Tage zuvor im Stadtpark getroffen hatten. Er begrüßte sie mit einem kurzen Kopfnicken. Es regnete noch immer, und der Bereich vor der kleinen Brücke sah bis auf den schmalen Schotterweg, über den sie gekommen waren, sehr matschig aus. Matthiessen hatte neben ihrer Jacke und einem Schirm auch ein paar Gummistiefel hinter dem Beifahrersitz des Golfs deponiert, bevor sie losgefahren waren.
    Sie öffnete die Beifahrertür, zerrte die Stiefel heraus und zog sie an. Die meisten der Männer und Frauen, die dort draußen herumliefen, waren ebenso gegen den Matsch gewappnet. Erdmann dachte an seine teuren Santoni-Schuhe und stieß einen Fluch aus. Matthiessen wandte sich im Sitzen zu ihm um, fragte nach seiner Schuhgröße und stieg aus, nachdem sie auch den Regenschirm hinter dem Sitz hervorgezogen hatte. Keine zwei Minuten später klopfte sie an die Fahrertür und hielt ihm ein paar weiße Stiefel entgegen, als er öffnete. »Hier, die Kollegen der Spurensicherung haben immer genügend Stiefel dabei. Sie sind zwar eine Nummer kleiner, als du wolltest, aber das muss jetzt mal gehen.«
    Die Stiefel waren eng, aber Erdmann bekam sie an. Er stieg aus, stellte sich zu Matthiessen unter den Schirm und schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch. Als er einige Meter neben dem Fundort Georg Stohrmann entdeckte, der einen riesigen Regenschirm hielt und mit einem Mann sprach, den Erdmann nicht erkannte, raunte er Matthiessen zu: »Herzlichen Glückwunsch, du hast einen kostenlosen Anschiss an einem Leichenfundort gewonnen.«
    Die tote Frau war schräg unter einer kleinen Fußgängerbrücke am Ufer des Eppendorfer Mühlenteichs abgelegt worden. Ihre Unterschenkel und Füße ragten so aus dem Geäst eines Buschs heraus, dass man sie sehen konnte, wenn man von der Brücke aus über das Holzgeländer hinweg nach unten blickte. Der Täter wollte offensichtlich, dass sie gefunden wurde, aber es hatte wohl länger gedauert, als er dachte. Nach der Buchvorlage hätte sie schon am Vortag gefunden werden müssen.
    Kurz bevor sie die Stelle erreicht hatten, drehte sich Stohrmann zu ihnen um. Die tief heruntergezogenen Mundwinkel und die zusammengekniffenen Augen sprachen Bände.
    »Na, zu Ende gefrühstückt?«
    »Danke, ja, wie steht’s mit Ihnen?«, entgegnete Erdmann, und er spürte, dass er an diesem Morgen nicht bereit war, einer Konfrontation mit Stohrmann aus dem Weg zu gehen. Der sah irritiert von ihm zu Matthiessen und zeigte dann auf die Tote. »Na, dann werfen Sie mal einen Blick hierauf. Aber achten Sie auf Ihr Frühstück, wär ja schade drum.« Stohrmann lächelte ironisch. »Anschließend möchte ich Sie sprechen. Ach, und bevor ich es vergesse: Ich habe heute Morgen den DNA -Abgleich aus Buchenfeld bekommen. Das Hautstück von gestern stammt von der Toten aus dem Stadtpark. Identifiziert ist sie aber immer noch nicht. Wird wohl noch eine Weile dauern, wenn keine Vermisstenmeldung vorliegt, die zu ihr passt.« Er wandte sich wieder dem Mann neben sich zu, den Erdmann nun aus der Nähe als den Leiter der Spurensicherung erkannte.
    »Gibt es schon eine Nachricht zu dem nächsten Päckchen?«, sagte Matthiessen stoisch zu Stohrmanns Rücken, woraufhin der sich ihr missmutig zuwandte. »Laut Roman müsste heute Morgen die Fortsetzung kommen«, fügte Matthiessen erklärend hinzu.
    »Ich werde Sie informieren, wenn ich etwas erfahre, Frau Hauptkommissarin. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
    Idiot
, dachte Erdmann und ging hinter Matthiessen her zu dem Gebüsch, in dem die tote Frau lag.
    Jemand hatte die dünnen Äste schon so weit zurückgeschnitten, dass man einen freien Blick auf die Leiche hatte. Der Arzt stand neben ihr und gab einem

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