Das Sonnenblumenfeld
Und drosch weiter ohne Unterlass auf ihn ein.
Capa di Ciuccio wurde ohnmächtig und brach ohne einen Klagelaut im Gras zusammen.
Da drehte Dummenico sich um und griff nach einem Stein, der so groß war wie ein Zicklein. Er hob ihn gen Himmel, und so, mit nackter Brust, mit dem Blut des Freundes befleckt, und diesem Stein, den er in die Höhe hielt, sah er aus wie der Zyklop, der sich blindwütig auf den Seemann stürzt, der ihn getäuscht hat.
Er trat zu Capa di Ciuccio und schaute auf ihn herab.
»Wie ein Tier verreckst du, so wie du's verdient hast«, schrie er.
Er schäumte vor Wut und Schweiß, und er hob den Stein, so hoch er konnte, und hielt ihn, und zögerte. In diesem Augenblick des Zweifels brüllte der Professor los.
»Nicht, Dummenico!«
Mimmù drehte sich zu seinem Freund um.
»Die Armen fressen die Armen«, sagte der Professor, »und in der Zwischenzeit verarschen uns die Reichen.«
Der Roller mit Fellone und Cicciariello schoss die Straße entlang, die nahe am Feld vorbeiführte.
»Mach keinen Scheiß, Mimmù«, sagte der Professor noch mal leise. Und brach zwischen den Sonnenblumen zusammen.
In diesem Moment verbarg sich die Sonne hinter dem Muntagnone, und in der Dunkelheit, die sich über das Feld senkte, näherte sich ein blinkendes blaues Licht.
Die Pizzica
Um sieben Uhr abends
Der Schuster saß auf einem Schemel auf der Bühne und bewegte kaum die rechte Hand, aber die Finger tanzten flink über die Tasten, während die Linke den Blasebalg öffnete und schloss. So stiegen die Töne aus dem Akkordeon und gaben den anderen Musikanten den Rhythmus vor.
Dem Mandolinenspieler, der die Finger über die Saiten gleiten ließ, so behände, dass man sie kaum sah.
Dem Dudelsackspieler, der seinen Atem in das Ziegenleder blies und es wie einen Ballon anschwellen ließ.
Dem Flötenspieler, der in seine Flöte blies und Töne erzeugte, die aus untergegangenen Welten zu stammen schienen.
Dem Tammorra-Spieler, der sein Instrument mit der Kraft seiner Jahre schlug.
Der weiß gewandeten Sängerin, deren klare Stimme schöner strahlte als die Sonne, wenn der Grecale weht.
Und auf dem Holz der Bühne stampften zwischen den Musikern barfuß die Tänzer, ein Mann und eine Frau, zwei Liebende, betrunken von Leidenschaft und Musik.
Die Musik.
Eine Welle des Meeres war sie geworden, die sich auf ein Schiff wirft und dagegenschlägt, um es zu versenken.
Ein tobender Wind, der sich aus den Bergen erhoben hat und auf die Felder herabsteigt, um alle Blumen zu verwüsten.
Eine Glut, die sich über der Piazza ausgebreitet hat. Und jetzt brannte sie lichterloh, die Piazza, und die Menschen, erfasst vom Feuer der Pizzica, konnten nicht mehr stillhalten. Alle tanzten durch das Dorf. Je wilder sie tanzten, umso heftiger wurde der Drang, die Beine zu bewegen; je mehr sie schwitzten, umso schneller wollten sie sich ihrer Kleider entledigen; je lauter sie schrien, umso leichter wurde ihre Seele.
Sie tanzten alle miteinander.
Zwei Alte, die auf ihre Enkel gestützt zum Fest gekommen waren, tanzten mit den anderen, als ob sie den Tod bannen könnten. Und vielleicht konnten sie das wirklich, vielleicht tanzte der Tod selbst auf der Piazza, besoffen von der Musik und dem Scirocco. Selbst die Feuerschlucker, die auf dem Corso standen und Flammen spuckten und sich so ein paar Kröten verdienten, bewegten sich im Rhythmus der Pizzica und riskierten, sich die Luftröhre zu verbrennen.
Selbst die Messdiener vor der Kirche, die den Heiligen auf den Schultern durch das ganze Dorf getragen hatten – sie tanzten, sie zogen sich die Messgewän
der hoch, um nicht zu stolpern, und zeigten ihre behaarten Beine, die sich ruhelos bewegten.
Und inmitten dieses Tohuwabohus aus Musik und Tanz, inmitten des Gewimmels aus Armen und Beinen, dieser Entfesselung der Körper und Seelen lief ein Mädchen, das sich nur wie durch ein Wunder aufrecht hielt, mehr nackt als bekleidet zur Piazza, und keiner nahm Notiz von ihr.
Sie schleppte sich barfuß über das Pflaster und schaute sich suchend um, ohne zu wissen, wonach sie suchte.
Und keiner sah sie, alle waren von der Pizzica verhext und folgten nur der Musik.
Selbst Rita, die besinnungslos zwischen den anderen tanzte, schien sie nicht zu bemerken.
Bis plötzlich etwas ihrem Herzen einen Stich versetzte.
Sie spürte, wie jemand sie wortlos rief.
Sie begann, die Piazza abzusuchen, schob die Menschen beiseite und schaute sich um.
So fand sie sie schließlich.
»Caterina!«,
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