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Das Sonnenblumenfeld

Das Sonnenblumenfeld

Titel: Das Sonnenblumenfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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schnell sie konnte.
    Dummenico drehte noch immer am Ohr und den Eiern von Capa di Ciuccio und fragte, ob er genug habe. Und Capa di Ciuccio, der vor Schmerz keine Luft mehr bekam, war kurz davor zu kapitulieren, als sich Cicciariello von hinten näherte und Dummenico mit dem dicken Ast eines Olivenbaums in die Nieren schlug. Dummenico ließ Capa di Ciuccio los und drehte sich zu Cicciariello um. Er schlug zu, und Cicciariello machte einen meterweiten Satz.
    Dann wandte sich Dummenico wieder Capa di Ciuccio zu.
    Und sah, dass der Junge ein Messer in der Hand hielt.
    »Ich dachte, du wärst ein Mann«, sagte Dummenico.
    Er schaute sich um, er brauchte etwas, um sich zu verteidigen, mit bloßen Händen hatte er keine Chance. Capa di Ciuccio kam langsam näher und Dummenico wich zurück. Sie belauerten sich, und dann sah Dummenico einen Stein am Boden liegen. Als er sich danach bückte, trat Fellone, der dort am Boden lag, nach ihm.
    Dummenico stolperte und verlor das Gleichgewicht.
    Und während er versuchte, sich aufzurichten, grinste Capa di Ciuccio sein Grinsen, das nichts Freund
liches hatte, und er sprang vor, um auf Dummenico einzustechen.
    Dummenico sah das Grinsen, und er wusste, dass der andere ihn fertigmachen würde, er war sicher, dass sein letztes Stündlein geschlagen habe, und dann dachte er an seine Rosetta.
    Aber Capa di Ciuccio konnte keinen Schritt mehr tun, denn aus den Sonnenblumen ertönte ein Schrei, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Und dann ein Schatten, etwas schoss aus dem Feld wie ein Wolf und warf sich mit gesenktem Kopf auf Capa di Ciuccio.
    Aber es war kein Wolf.
    Es war der Professor, der sich zwischen den Blumen versteckt hatte, zitternd vor Angst, eingreifen zu müssen. Doch als Dummenico gestolpert war und Capa di Ciuccio sein tödliches Grinsen grinste, konnte er nicht länger warten. Er bekreuzigte sich, und mit einem Schrei, um die Angst zu besiegen, warf er sich nach vorn.
    Einen Augenblick lang war Capa di Ciuccio wie vom Donner gerührt.
    Dann drehte er sich in Richtung des Schattens und stach ihm das Messer in den Bauch.
    Der Professor spürte die Überraschung stärker als den Schmerz. Er packte Capa di Ciuccios Hand und blieb so, er hing an dem Messer und der Hand, ohne zu wissen, was er tun sollte.
    Einen Augenblick lang schien die Welt stillzustehen. Das Feld erstarrte. Der Atem der Menschen, das Zittern der Sonnenblumen, das Seufzen des Windes.
    Aber nur einen Augenblick lang.
    Dann schmetterte Dummenicos Faust auf Capa di Ciuccios Stirn. Der wurde von dem Schlag ins Gras geschleudert. Und riss im Fallen das Messer mit.
    Der Professor spürte den Schmerz der Wunde, die sich öffnete.
    Dann sah er das Blut.
    Erst wenig, ein Rinnsal.
    Dann sprudelte es wie ein Brunnen.
    Der Professor hielt sich den Bauch. Und starrte verständnislos auf das fließende Blut. Auch Cicciariello, Fellone und Capa di Ciuccio starrten das Blut an, verängstigt und erschrocken über das sprudelnde Rot, das sich im Feld ausbreitete.
    Das nicht mehr aufhörte zu fließen.
    »Mimmù …«, sagte der Professor und streckte eine rote Hand nach dem Freund aus.
    Dummenico drückte sie.
    »Das kriegen wir wieder hin«, sagte er.
    »Einen Scheiß kriegen wir hin, Mimmù«, antwortete der Professor.
    Und während die Sonnenblumen im Wind zitterten, sank er zu Boden.

Die Wut des Zyklopen
    Als er den Freund im Sonnenblumenfeld zusammenbrechen sah, erbebte Dummenico bis auf die Knochen. Und mit dem Beben erfüllte eine Wut seine Brust, die ihm das Herz herausreißen wollte. In seiner Raserei drehte er sich um.
    Fellone und Cicciariello hatten begriffen, dass die Sache aus dem Ruder gelaufen war, und krochen durch die Blumen zum Roller, so schnell sie konnten.
    Capa di Ciuccio blieb.
    Er saß im Gras.
    Benommen vom Faustschlag. Und verwirrt darüber, was er angerichtet hatte.
    Dummenico grunzte, als wollte er ihn verschlingen. Dann machte er einen Schritt auf ihn zu.
    Capa di Ciuccio sah ihn auf sich zukommen, die Hände befleckt vom Blut des Freundes, der schwarze Schnurrbart zitternd vor Wut. Er sah ihn vor sich wie einen entfesselten Zyklopen, der nicht mehr aufzuhalten war.
    Dann spürte er, wie die Schläge auf ihn niederprasselten, und er krümmte sich nur noch zusammen wie ein Kind im Schlaf und schützte den Kopf mit den Händen.
    Dummenico trat und schlug auf ihn ein, besinnungs
los. Immer wieder schrie er: »Ich bring dich um, so wahr die Sonne jeden Morgen aufgeht, ich bring dich um.«

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