Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
wir nur, weil du mich zurückgewiesen hattest. Wie dumm das heute scheint, oder? So banal. Wie wir uns verhalten haben. Doch zu dem Zeitpunkt war es das Wichtigste. Das ist es wohl, was es bedeutet, erwachsen zu werden.«
»Ja«, sagte ich und wunderte mich noch immer, wie sie mich Peter hatte vorziehen können. Wie irgendjemand das überhaupt konnte. »Und Peter?«, fragte ich vorsichtig. »Ist er noch …?«
»O nein«, sagte sie. »Der ist vor acht Monaten weg, glaube ich. Er wird für die Navy ausgebildet, hast du das nicht gehört? Ich sehe seine Mutter manchmal, und die sagt, es gehe ihm gut. Nein, hier gibt es nur noch Mädchen, Tristan. Es ist furchtbar. Du hättest die freie Auswahl gehabt, wenn du geblieben wärst.«
Kaum dass sie das gesagt hatte, bedauerte sie es, das konnte ich sehen. Sie wurde puterrot und wusste nicht, wie sie ihre Worte zurechtrücken sollte. Mir war es auch peinlich, und ich konnte sie nicht ansehen.
»Ich muss dich das fragen«, sagte sie endlich. »Diese ganze Sache. Mit dir und Peter, meine ich. Das war doch nicht das, was sie gesagt haben, oder?«
»Das hängt davon ab«, antwortete ich. »Was haben sie denn gesagt?«
»Peter … also, der hat mir das erzählt. Was du getan hast. Ich habe ihm widersprochen, dass er da was falsch verstanden haben muss und es nicht sein könnte, aber er hat darauf bestanden, dass …«
»Er hat die Wahrheit gesagt.«
»Oh«, sagte sie. »Verstehe.«
Ich war unsicher, wie ich es ihr erklären sollte. Ich wusste nicht einmal, ob ich es wollte, aber ich hatte so lange nicht darüber gesprochen, dass ich ein gewisses Verlangen danach verspürte. »Er hatte nichts damit zu tun«, begann ich. »Er hätte nie so etwas empfunden. Aber bei mir war es immer da. In meinem Kopf, meine ich. Da war schon immer etwas falsch mit mir.«
»Dass da was falsch ist mit dir?«, fragte sie. »Siehst du das so?«
»Klar«, sagte ich, als wäre es so offensichtlich wie sonst was auf der Welt. »Du nicht?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie. »Ich bin nicht sicher, ob es so wichtig ist. Ich habe mich kürzlich in jemanden verliebt, der so überhaupt nicht der Richtige war. Und kaum dass er gekriegt hatte, was er wollte, hat er mich abserviert. Ich hätte nicht das Potenzial zur Ehefrau. Was immer das heißen mag.«
Ich musste ein bisschen lachen. »Entschuldige«, sagte ich. »Das heißt, du und Peter …«
»O nein«, erwiderte sie. »Das hat dich kaum überlebt. Er war nichts als ein dürftiger Ersatz, das ist die Wahrheit. Und als du weg warst, wusste ich nicht, warum das noch weitergehen sollte. Das mit ihm diente doch nur dazu, dich vor Eifersucht verrückt zu machen. Was auch immer mir das hätte bringen sollen.«
»Das erstaunt mich, Sylvia. Dass du das sagst.«
»Das kommt dir nur so vor, weil du dir nicht vorstellen kannst, dass Peter für irgendwen nicht das Größte ist. Wenn du es dir recht überlegst, ist er ein ganz schöner Egoist. Und gemein. Ihr wart so dicke Freunde, und als er kapiert hat, was du … was du wirklich für ihn empfunden hast, hat er dich wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Nach all den Jahren. Ekelhaft.«
Ich zuckte mit den Schultern. Meine Gefühle für Peter hatten sich nicht völlig in Luft aufgelöst, auch wenn ich sie mittlerweile als das erkannte, was sie tatsächlich gewesen waren: eine jugendliche Verliebtheit. Trotzdem hasste ich es, ihn mir in dieser Hinsicht vorzustellen. Viel lieber dachte ich, dass er noch mein Freund war, irgendwo auf dieser Welt, und dass, sollten wir uns eines Tages wiedersehen, worauf ich hoffte, alle Feindseligkeiten vergessen sein würden. Wozu es natürlich nie kam.
»Jedenfalls hat er es schlecht aufgenommen«, sagte sie. »Monatelang ist er mir noch hinterhergelaufen, bis mein Vater dem ein Ende gesetzt hat. Darauf wollte er dann nicht mehr mit mir reden. Ich habe ihn ein Mal noch gesehen, kurz bevor er los musste, und wir haben uns ganz gut unterhalten, aber es war nicht mehr das Gleiche. Das Problem mit uns dreien war, dass es einfach nicht gepasst hat. Er hat mich geliebt, aber ich ihn nicht. Ich habe dich geliebt, aber du warst an mir nicht interessiert. Und du …«
»Ja, ich«, sagte ich und wandte den Blick von ihr ab.
»Gibt es da jetzt jemanden?«, fragte sie, und ich sah sie wieder an, überrascht, wie kühn sie war. Ich konnte mir niemand anderen vorstellen, der eine so unerhörte Frage stellte.
»Nein«, sagte ich schnell. »Nein, natürlich nicht.«
»Wieso
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