Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
einander zu, Letzterer mit einem Ausdruck von Unglauben auf dem Gesicht. Rich weiß, worin sein Heil liegt, und er zögert nicht, ballt die Rechte und schlägt Wolf die Faust direkt auf die Nase, mit einem scharfen Stoß vor und zurück, wie ein Boxer, so schnell und überraschend für Wolf, dass er nach hinten stolpert, über die eigenen Beine fällt und sich die Nase hält. Als er sich wieder aufrichtet, sieht er erschrocken auf das Blut, das ihm über die Hände läuft, Rich ist tatsächlich ein ziemlicher Brocken mit kräftigen Armen und einem sauberen rechten Haken.
»Du hast mir die Nase gebrochen«, sagt Wolf und sieht uns alle an, als könnte er nicht glauben, was da gerade passiert ist. »Du stellst dich einfach hin und brichst mir die verdammte Nase!«
»Also brechen Sie ihm seine«, sagt Sergeant Clayton in lockerem Ton.
Wolf starrt auf seine Hände. Der Blutfluss versiegt zwar allmählich, aber da ist schon noch eine Menge, das ihm in dicken Bächen herunterrinnt. Doch seine Nase ist nicht gebrochen. Rich hat nur ein paar Adern zum Platzen gebracht, mehr nicht.
»Nein, Sir«, sagt Wolf.
»Verpassen Sie ihm noch einen, Rich«, sagt Clayton, und Rich schlägt ein zweites Mal zu, diesmal auf die rechte Backe, und Wolf stolpert wieder zurück, hält sich aber auf den Beinen. Er bewegt den Unterkiefer hin und her, lässt einen leisen Schmerzensschrei hören und reibt sich die Stelle, an der er getroffen worden ist.
»Wehren Sie sich, Wolf«, sagt Clayton sehr ruhig und sehr langsam und betont dabei jede einzelne Silbe. Da ist etwas in Wolfs Gesichtsausdruck, das mich denken lässt, vielleicht tut er es, doch Wolf wartet zwanzig, dreißig Sekunden und atmet schwer, bis er seine Wut unter Kontrolle hat und den Kopf schüttelt.
»Ich werde nicht kämpfen, Sir«, sagt er und wird wieder geschlagen, in den Magen, auf den Solarplexus, und wieder ist er am Boden, duckt sich und hofft zweifellos, dass das Auf-ihn-Einprügeln bald ein Ende findet. Die Männer sehen zu, unsicher, was sie von der Sache halten sollen. Selbst Rich tritt einen Schritt zurück. Ihm ist klar, dass man es kaum einen fairen Kampf nennen kann, wenn der andere sich nicht wehrt.
»Grundgütiger!«, sagt Sergeant Clayton und schüttelt voller Verachtung den Kopf, als er begreift, dass es nicht zu der Prügelei kommt, auf die er gehofft hat und in der Wolf ernsthaft verletzt werden könnte. »In Ordnung, Rich, zurück ins Glied. Und Sie«, sagt er und nickt zu dem niedergestreckten Wolf hin, »stehen Sie in Gottes Namen auf und benehmen sich wie ein Mann. Er hat Sie ja kaum berührt.«
Es dauert ein, zwei Minuten, bis sich Wolf schließlich ohne Hilfe wieder hochrappelt und zurück neben mich in die Reihe stellt. Er fängt meinen Blick auf, erkennt vielleicht meine Besorgnis, sieht jedoch gleich wieder weg. Er will kein Mitleid.
»Es ist ein schöner Tag für einen Neuanfang«, verkündet Sergeant Clayton, streckt die Arme vor sich hin und lässt die Fingerknöchel knacken. »Ein schöner Tag, um Disziplin zu lernen und zu begreifen, dass ich weder Humor noch Feigheit in diesem Regiment dulden werde. Beides mag ich nicht, meine Herren. Merken Sie sich das. Sie sind hier, um ausgebildet zu werden, und ich werde Sie ausbilden.«
Und damit dreht er sich um, schlendert zurück zu dem Gebäude, aus dem er gekommen ist, und überlässt uns seinen zwei Aposteln, die Wells und Moody heißen und jetzt vortreten, um unsere Namen auf den Listen abzuhaken, die sie in Händen halten. Sie arbeiten sich die Reihen entlang und lassen gehen, wen sie abgehakt haben. Wolf ist natürlich der Letzte.
Zu meinem ersten wirklichen Kontakt mit Will Bancroft kommt es am nächsten Morgen um fünf, als wir von Wells und Moody geweckt werden.
Wir sind in Räume zu je zwanzig Mann aufgeteilt. Zehn Betten stehen an der einen Wand und deuten in die Mitte, zehn stehen gegenüber, eine Aufteilung, die, wie Unsworth bemerkt, exakt der Vorstellung entspricht, die er von einem Feldlazarett hat.
»Hoffen wir, dass wir das nicht so schnell überprüfen können«, sagt Yates.
Da ich keine Brüder habe, bin ich es nicht gewohnt, ein Zimmer mit jemandem zu teilen, schon gar nicht mit neunzehn jungen Männern, die atmen und schnarchen und sich die ganze Nacht hin- und herwerfen, und ich bin überzeugt, dass ich hier unmöglich werde schlafen können. Zu meiner Überraschung habe ich meinen Kopf aber kaum auf das Kissen gelegt, als ich bereits in eine Reihe wirrer Träume
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