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Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Titel: Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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selbstbewusst.
    »Mickey Rich, Sir !«, schreit der Soldat links vom Sergeant, aber der Ältere wendet sich ihm zu und schüttelt den Kopf.
    »Das ist schon in Ordnung, Corporal Wells«, sagt er fröhlich. »Rich versteht unsere Gepflogenheiten noch nicht. Er hat keine Ahnung von ihnen, habe ich recht, Rich?«
    »Ja, Sir«, antwortet Rich und klingt schon weniger selbstsicher. Das »Sir« hat er extra deutlich ausgesprochen.
    »Und freuen Sie sich, hier zu sein, Rich?«, fragt Sergeant Clayton.
    »O ja, Sir«, sagt Rich. »Wie ein Schwein in der Suhle.«
    Der ganze Trupp bricht in Lachen aus, und ich lache nervös mit.
    Der Sergeant wartet, bis das Lachen verebbt, und sein Ausdruck verrät eine Mischung aus Amüsiertheit und Verachtung, aber er sagt nichts, bis er wieder durch unsere Reihen sieht und einem zweiten Mann zunickt. »Und Sie?«, fragt er. »Wie heißen Sie?«
    »William Tell«, ist die Antwort, und wieder kommt ein Kichern auf, das nur schwer zu unterdrücken ist.
    »William Tell?«, fragt der Sergeant und hebt eine Braue. »Na, das ist ein Name. Haben Sie Pfeil und Bogen mitgebracht? Woher stammen Sie, Tell?«
    »Aus Hounslow«, sagt Tell, und der Sergeant nickt zufrieden.
    »Und was ist mit Ihnen?«, fragt er und sieht den nächsten Mann in der Reihe an.
    »Shields, Sir. Eddie Shields.«
    »Okay, Shields. Und Sie?«
    »John Robinson.«
    »Robinson«, wiederholt der Sergeant mit einem kurzen Nicken. »Und Sie?«
    »Philip Unsworth.«
    »Sie?«
    »George Parks.«
    »Sie?«
    »Will Bancroft.«
    Und so geht es weiter und weiter. Ich höre eine ganze Litanei von Namen, einige davon registriere ich, aber keiner gibt mir einen Grund, jemanden direkt anzusehen.
    »Und Sie?«, fragt der Sergeant und nickt jetzt in meine Richtung.
    »Tristan Sadler, Sir«, sage ich.
    »Wie alt sind Sie, Sadler?«
    »Achtzehn, Sir«, wiederhole ich meine Lüge.
    »Freuen Sie sich, hier zu sein?«
    Ich antworte nicht. Mir will nicht die richtige Antwort einfallen. Glücklicherweise drängt der Sergeant nicht, sondern ist schon beim Nächsten.
    »Arthur Wolf, Sir«, sagt mein Nachbar.
    »Wolf?«, fragt der Sergeant und sieht ihn sich genauer an. Es ist offensichtlich, dass er bereits über ihn Bescheid weiß.
    »So ist es, Sir.«
    »Nun.« Er mustert ihn von oben bis unten. »Ich hatte gedacht, dass Sie kleiner sind.«
    »Eins fünfundachtzig, Sir.«
    »In der Tat«, sagt Clayton, und sein Mund verzieht sich langsam zu einem dünnen Lächeln. »Sie sind also der Bursche, der nicht hier sein will?«
    »So ist es, Sir.«
    »Haben Sie Angst zu kämpfen?«
    »Nein, Sir.«
    »Nein, Sir, wirklich nicht, Sir, was für eine ungeheuerliche Unterstellung, Sir! Ich frage mich, ob Sie sich je klargemacht haben, Wolf, wie viele tapfere Männer da drüben sind, die auch nicht kämpfen wollen.« Er hält inne, und sein Lächeln verblasst. »Aber sie tun es. Kämpfen tagein, tagaus. Setzen Ihr Leben aufs Spiel.«
    Ich höre ein leises Gemurmel in den Reihen. Einige der Rekruten wenden den Kopf, um Wolf anzusehen.
    »Ich schicke Sie nicht wieder nach Hause, wenn Sie das erwarten«, fährt der Sergeant in beiläufigem Ton fort.
    »Nein, Sir«, sagt Wolf. »Nein, das erwarte ich nicht. Wenigstens nicht gleich.«
    »Und Sie werden auch nicht eingesperrt. Nicht, solange ich keine entsprechenden Befehle bekomme. Wir bilden Sie aus, sonst nichts.«
    »Ja, Sir.«
    Sergeant Clayton starrt Wolf an, und sein Kiefer verspannt sich ein wenig. »Also gut, Wolf«, sagt er ruhig. »Warten wir ab, wie es weitergeht.«
    »Ich rechne damit, bald schon etwas zu hören, Sir«, verkündet Wolf ohne hörbares Zittern in der Stimme, obwohl ich, so direkt neben ihm, eine gewisse Spannung in seinem Körper spüren kann, eine Angst, die er mit aller Kraft zu verbergen sucht. »Vom Tribunal, meine ich. Ich rechne damit, dass sie mir ihre Entscheidung mitteilen werden, Sir.«
    »Tatsächlich werde ich die Entscheidung mitgeteilt bekommen, Wolf«, fährt der Sergeant ihn an und verliert endlich etwas von seiner Ruhe. »Alle Mitteilungen erfolgen über mich.«
    »Vielleicht sind Sie dann so gut, es mich wissen zu lassen, wenn Sie etwas erfahren, Sir«, antwortet Wolf, und der Sergeant lächelt wieder.
    »Vielleicht«, sagt er nach einer Weile und lässt seinen Blick über die Rekruten wandern. »Ich bin sicher, Sie alle sind stolz, hier zu sein«, fährt er fort und hebt die Stimme, um den ganzen Trupp anzusprechen. »Aber Sie werden auch wissen, dass es Männer in Ihrer

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