Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
ich vorsichtig, um das Zittern aus meiner Stimme zu bekommen. »Was genau ist mit ihm passiert?«
»Nun, ich weiß nicht, ob ich mich an die Einzelheiten erinnere«, sagt Rigby und kratzt sich am Kinn. »Wurde die Nestor nicht von den deutschen Kreuzern getroffen? Ja, ich glaube, so war es. Erst haben sie die Nomad versenkt, dann die Nestor . Bäng, bäng , und weg waren sie, eine nach der anderen. Gott sei Dank mussten nicht alle dran glauben. Mortimer hat es überlebt, wie ich schon sagte. Aber Wallis hatte nicht so viel Glück. Tut mir leid, Sadler. War er ein Freund von dir?«
Ich wende den Blick ab und habe das Gefühl, ich könnte vor Kummer zusammenbrechen. Also werden wir uns nie wieder versöhnen können. Mir wird nie vergeben werden. »Ja«, sage ich leise. »Ja, das war er.«
»Na endlich, verdammt noch mal«, sagt Turner plötzlich und streckt die Hand aus. »Da kommen die Lastwagen. Soll ich gehen und den Alten für dich holen, Bancroft?«
»Ja, bitte«, sagt Will, und ich spüre seinen Blick auf mir. »Ein guter Freund?«, fragt er mich.
»Ist lange her«, sage ich, unsicher, wie ich ihn beschreiben soll. Ich will einem Toten nicht die Ehre nehmen. »Wir sind zusammen aufgewachsen. Kannten uns von klein auf. Wir waren Nachbarn, weißt du. Er war der einzige … nun, der beste Freund, den ich je hatte, würde ich sagen.«
»Rigby«, sagt Will. »Warum läufst du nicht schnell rüber und fragst die Fahrer, wie viel Holz sie dabeihaben? Dann wissen wir es, wenn Sergeant Clayton kommt, und können besser einschätzen, wie lange das Abladen dauern wird.«
Rigby sieht uns beide an, spürt, wie schwierig die Situation ist, nickt und geht davon. Erst als er aus dem Blick gerät, tritt Will näher zu mir, und ich zittere jetzt und will nur weg, weg von hier.
»Reiß dich zusammen, Tristan«, sagt er ruhig und legt mir eine Hand auf die Schulter, während seine Augen den Blickkontakt zu mir suchen und halten. Seine Finger schließen sich fest um mein Fleisch und schicken trotz meines Kummers einen Stromstoß durch meinen Körper. Es ist erst das zweite Mal, dass er mich seit England berührt – einmal hat er mir aus dem Matsch des überschwemmten Grabens aufgeholfen –, und es ist das erste Mal seit der Überfahrt, dass er das Wort an mich richtet. »Reiß dich zusammen, ja? Für uns alle.«
Ich trete näher an ihn heran, und er klopft mir tröstend auf den Arm, wobei er seine Hand länger dort liegen lässt als nötig.
»Was meinte Rigby, als er sagte, wie leid ihm das mit deiner … nun, er hat den Satz nicht beendet.«
»Das ist nicht wichtig«, sage ich, lege ihm in meiner Trauer den Kopf auf die Schulter, und er zieht mich einen Moment lang an sich, die Hand hinten auf meinem Kopf. Ich bin fast sicher, seine Lippen in meinen Haaren zu spüren, aber dann kommen Turner und Sergeant Clayton in den Blick, und Letzterer beschwert sich lautstark über irgendeine neue Katastrophe. Wir lösen uns voneinander, und ich wische mir die Tränen aus den Augen. Ich will ihn ansehen, aber er hat sich bereits weggedreht, und meine Gedanken kehren zu meinem ältesten Freund zurück, der wie so viele andere tot ist. Ich frage mich, warum in Gottes Namen ich unbedingt die Leichen von Rich, Parks und Denchley sehen wollte, wo ich doch genauso gut in meinen Fuchsbau hätte kriechen können, um ein paar Minuten zu schlafen. Dann hätte ich nichts von alledem mitbekommen, nichts von zu Hause und der Chiswick High Street, nichts von meiner Familie, von Peter und dem ganzen verfluchten Haufen.
Wir dringen weiter nach Norden vor und nehmen mit nur wenigen Verlusten – zumindest auf unserer Seite – eine lange, schmale Reihe deutscher Gräben ein. Die Nachricht unseres Erfolges verschafft uns einen Besuch von General Fielding.
Sergeant Clayton ist den ganzen Morgen über ein einziges Nervenbündel und besteht auf einer persönlichen Inspektion aller Männer, um sich zu vergewissern, dass wir die richtige Balance zwischen der den Hygienevorschriften entsprechenden Sauberkeit und dem Schmutz demonstrieren, der beweist, dass wir unseren Job richtig machen. Er befiehlt Wells und Moody, ihm durch die Gräben zu folgen, einer mit einem Eimer Wasser, der andere mit einem Eimer Dreck, und wäscht oder verschmiert je nach Bedarf das Gesicht jedes Mannes, der seiner Meinung nach nicht den Standards entspricht. Es ist ein unglaubliches Schauspiel. Natürlich brüllt und schreit er die ganze Zeit, eine Litanei wüster
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