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Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Titel: Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Beschimpfungen und überschwänglichen Lobs, und ich fürchte wieder einmal um seine Gesundheit. Williams hat mir erzählt, dass Clayton zwei Drillingsbrüder hatte, die beide in den ersten Wochen des Krieges von Handgranaten getötet wurden, die nach dem Ziehen der Sicherungsstifte zu früh explodierten. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber es trägt zweifellos zum Mythos dieses Mannes bei.
    Als der General schließlich mit mehr als zweistündiger Verspätung ankommt, ist der Sergeant nicht zu finden, und es stellt sich heraus, dass er auf der Latrine hockt. Das Ganze ist fast ein Witz. Robinson wird losgeschickt, um ihn zu suchen, und es dauert noch mal zehn Minuten, bis Clayton erscheint. Rotgesichtig und voller Wut starrt er uns an, als wäre es unsere Schuld, dass er gerade jetzt aus der Hose musste. Es fällt uns schwer, nicht in Lachen auszubrechen, aber irgendwie schaffen wir es, uns zurückzuhalten. Die Strafe wäre die Teilnahme am Stacheldrahtkommando nach Einbruch der Dunkelheit.
    Im Gegensatz zu Clayton scheint Fielding ein ganz angenehmer Mensch zu sein, vernünftig und interessiert am Wohlergehen und weiteren Überleben der unter seinem Kommando stehenden Truppen. Er inspiziert die Gräben und Unterstände und spricht mit etlichen Männern. Wir sind angetreten, als wäre er ein Mitglied des Königshauses, wovon er in gewisser Weise ja auch gar nicht so weit entfernt ist. Alle drei, vier Mann bleibt er stehen und sagt: »Werden Sie gut behandelt?« oder: »Sie tun alle Ihr Bestes, wie ich höre«, für mich hat er allerdings kaum ein Lächeln und nickt nur kurz. Dann redet er mit Henley, der aus derselben Gegend wie er selbst stammt, und schon tauschen sie Nichtigkeiten über die Herrlichkeit der First- XI -Cricket-Mannschaft eines Pubs in Elephant & Castle aus. Sergeant Clayton, der förmlich an Fieldings rechter Schulter klebt, hört zu und wirkt unglaublich angespannt, als würde er am liebsten alles kontrollieren, was dem General gesagt wird.
    Später am Abend, nachdem General Fielding zurück in die Sicherheit des Hauptquartiers entschwunden ist, klingt von etwa dreißig, vierzig Meilen südwestlich das brüchige Geräusch intensiven Granatfeuers heran. Ich vergesse einen Moment lang meine Anweisungen, richte mein Periskop zum Himmel hinauf und beobachte das plötzliche Aufflammen elektrischer Funken, die vom Beschuss deutscher, englischer oder französischer Soldaten zeugen. Was macht es schon, auf wen da gefeuert wird? Je früher alle tot sind, desto eher ist es vorüber.
    Das Granatfeuer erinnert mich an ein Feuerwerk, und ich denke fünf Jahre zurück, als ich das erste und einzige Mal eines gesehen habe. Es war im Juni 1911, am Abend der Krönung von George V. Meine Schwester Laura war krank, lag mit Fieber im Bett, und so war meine Mutter gezwungen, bei ihr zu bleiben und sich um sie zu kümmern, während mein Vater und ich zum Buckingham Palace liefen, wo wir mitten in der Menge darauf warteten, dass der König und Queen Mary auf ihrer Rückfahrt von Westminster Abbey an uns vorbeikamen. Ich war zwölf und klein für mein Alter, und so konnte ich dort im Gedränge bis auf die Mäntel all der Männer und Frauen, die mich hin und her stießen, nichts sehen. Ich bekam kaum Luft und versuchte, es meinem Vater zu erklären, aber der ließ sogar meine Hand los und fing ein Gespräch mit seinem Nebenmann an. Endlich begannen die Kutschen vorbeizurollen, und in meiner Aufregung darüber, das Königspaar zu sehen, lief ich ihnen hinterher und wusste bald schon nicht mehr, wo ich war und wie ich zurückfinden sollte.
    Ich verzweifelte nicht, sondern suchte nach meinem Vater und rief seinen Namen, und als er mich eine Stunde später endlich fand, schlug er mir so fest und unerwartet ins Gesicht, dass ich nicht einmal zu weinen vermochte. Ich stand einfach nur da und sah ihn an, während eine Frau herbeigestürmt kam, ihn anschrie und ihm auf den Arm schlug. Aber er beachtete sie nicht weiter, sondern zog mich weg und schärfte mir ein, dass ich ihm nie wieder davonlaufen sollte oder ich müsste mit Schlimmerem als nur einer Ohrfeige rechnen. Bald schon standen wir beim Victoria Memorial, und als das Licht schwand, das Feuerwerk begann und meine Wange dunkel anschwoll, hob mein Vater mich zu meiner Überraschung auf die Schultern und hielt mich dort fest, sodass ich über die Köpfe der Menge hinwegsehen konnte. Lichter, Raketen und Farben explodierten am Himmel, und ich blickte über das bis zum

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