Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
zwischen richtig und falsch. Oder etwa nicht?«
Ich lasse mein Gesicht zu Stein werden und sehe ihn an. Es macht mich wütend, dass er so tut, als würde er mich auch nur irgendwie kennen, so wie er sich mir gegenüber benommen hat. »Was willst du von mir, Will?«, frage ich ihn und fahre mir mit dem Handrücken über die müden Augen. Meine Stimme klingt erschöpft wie nie. »Sag’s mir einfach, okay?«
»Ich will, dass du das von mir Vorgetragene bestätigst«, erklärt er mir. »Nein, das ist falsch. Ich will, dass du Sergeant Clayton berichtest, was vorgefallen ist. Ich will, dass du ihm die Wahrheit sagst.«
»Warum sollte ich das tun?«, frage ich verwirrt. »Du hast mir doch gerade erklärt, dass du es schon getan hast.«
»Der Sergeant weigert sich, mir zu glauben. Er sagt, kein englischer Soldat würde sich je so verhalten. Er hat Milton und Attling holen lassen, und beide streiten es ab. Sie geben zu, dass da noch ein Deutscher war, behaupten aber, dass er versucht hat, uns anzugreifen, und Milton keine Wahl blieb, als ihn in Notwehr zu erschießen.«
»Das sagen sie?«, frage ich und bin gleichzeitig überrascht und nicht überrascht.
»Ich bin dafür, General Fielding darüber zu informieren«, fährt Will fort. »Aber der Alte sagt, wenn sonst keiner meine Geschichte bestätigt, kommt das nicht infrage. Ich habe ihm gesagt, dass du alles gesehen hast.«
»Verdammt noch mal, Will«, fauche ich ihn an. »Warum ziehst du mich da mit rein?«
»Weil du dabei warst!«, ruft er. »Mein Gott, Mann, warum muss ich dir das erklären? Also, bestätigst du jetzt, was ich gesagt habe, oder nicht?«
Ich überlege einen Moment und schüttele dann den Kopf. »Ich will nichts damit zu tun haben«, sage ich.
»Das hast du schon.«
»Dann lass mich da wieder raus, ja? Du hast vielleicht Nerven, Will, das muss man dir lassen. Nerven hast du.«
Er zieht die Brauen zusammen und mustert mich, wobei er den Kopf ganz leicht zur Seite legt. »Und was bedeutet das jetzt?«, will er wissen.
»Du weißt genau, was das bedeutet.«
»Verflucht, Tristan. Willst du mir damit sagen, nur weil deine Gefühle einen Knacks gekriegt haben, wirst du lügen und Milton decken? Das machst du doch bloß, um dich an mir zu rächen.«
»Nein«, sage ich. »So ist es absolut nicht. Wieso musst du ständig meine Worte verdrehen? Ich sage, dass ich nicht in die Sache mit hineingezogen werden will, weil es einfach zu viel ist und ich nicht kapiere, warum ein zusätzlicher toter Soldat im großen Ganzen so viel ausmachen soll. Und auf der anderen Seite …«
»Ein zusätzlicher …?«, unterbricht er mich und klingt erstaunt über die Beiläufigkeit meiner Worte, wobei ich mindestens so entsetzt bin wie er, mich das sagen zu hören.
»Und auf der anderen Seite: Nachdem du dich endlich dazu herablässt, mit mir zu reden, muss ich dir sagen, dass ich nichts mehr mit dir zu tun haben will. Kannst du das verstehen? Ich will, dass du mich in Ruhe lässt, okay?«
Eine Weile sagen wir beide nichts, und ich weiß, dass es jetzt zwei Möglichkeiten gibt. Entweder er reagiert aggressiv, oder er wird reumütig. Zu meiner Überraschung entscheidet er sich für Letzteres.
»Es tut mir leid«, sagt er. Dann lauter: »Es tut mir leid, in Ordnung?«
»Es tut dir leid«, wiederhole ich.
»Tristan, kannst du nicht verstehen, wie schwierig das für mich ist? Warum musst du immer alles so dramatisieren? Können wir nicht … du weißt schon … Freunde sein und Trost finden, wenn wir uns einsam fühlen, und den Rest der Zeit Soldaten?«
»Freunde?«, sage ich und könnte loslachen. »Ist das dein Wort dafür?«
»Himmel, Mann! Nicht so laut!« Er sieht sich nervös um. »Sonst hört das noch einer.«
Ich sehe, dass ich ihn aus der Fassung gebracht habe. Er scheint mir etwas sagen zu wollen und macht einen Schritt auf mich zu, hebt die Hand ganz leicht in Richtung meines Gesichts, entscheidet sich dann aber anders und zieht sich zurück, als würden wir einander kaum kennen.
»Ich möchte, dass du mit mir kommst«, sagt er. »Ich möchte, dass wir jetzt, in diesem Moment, zu Sergeant Clayton gehen und du ihm genau erzählst, was mit dem deutschen Jungen passiert ist. Wir erstatten Bericht und bestehen darauf, dass die Sache General Fielding übergeben wird.«
»Ohne mich, Will«, sage ich unmissverständlich.
»Dir ist doch klar, dass die Angelegenheit dann beendet ist und Milton damit durchkommt?«
»Ja«, sage ich. »Aber das ist mir
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