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Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Titel: Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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egal.«
    Er starrt mich lange unverwandt an, schluckt, und als er wieder spricht, klingt seine Stimme ruhig und erschöpft. »Ist das dein letztes Wort?«
    »Ja«, antworte ich.
    »Okay«, sagt er und nickt resigniert. »Dann lässt du mir keine Wahl.«
    Und damit nimmt er das Gewehr von der Schulter, öffnet das Magazin und lässt die Patronen in den Dreck fallen. Das Gewehr legt er vor sich auf die Erde.
    Dann dreht er sich um und geht davon.

Unliebsame Ansichten
    Norwich, 16. September 1919

M arian und ich saßen am Fenster des Murderers Pub in Timberhill. Den Vorfall mit Leonard Legg hatten wir hinter uns gelassen, auch wenn mich die leichte Schwellung meiner Wange noch immer daran erinnerte, was vor dem Café geschehen war.
    »Tut’s weh?«, fragte Marian, als sie sah, dass ich die Wange vorsichtig befühlte.
    »Nicht besonders. Vielleicht wird sie morgen noch ein bisschen empfindlich sein.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie und versuchte, mein Unwohlsein nicht zu belächeln.
    »Es war nicht Ihr Fehler.«
    »Trotzdem, so geht es nicht, und das werde ich ihm sagen, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Bestimmt hat er sich irgendwo verkrochen, um sich die Wunden zu lecken. Wenn wir Glück haben, bekommen wir ihn heute nicht mehr zu Gesicht.«
    Ich hoffte, dass das der Fall sein würde, und wandte mich wieder meinem Essen zu. Auf dem Weg hierher hatten wir schwierige Themen vermieden und über einige Nichtigkeiten geredet. Jetzt, da ich meine Mahlzeit fast beendet hatte, fiel mir wieder ein, dass ich kaum etwas darüber wusste, was Wills Schwester in Norwich machte.
    »Es hat Ihnen keine Umstände bereitet, mich an einem Wochentag zu treffen?«, sagte ich und sah auf. »Ich meine, Sie konnten sich den Nachmittag ohne Weiteres freinehmen?«
    »Das war kein Problem«, antwortete sie mit einem Schulterzucken. »Ich arbeite meist nicht den ganzen Tag, und es ist sowieso ehrenamtlich, von daher ist es nicht so entscheidend, ob ich da bin oder nicht. Nun, das stimmt nicht. Ich meine nur, es beeinträchtigt meine finanzielle Situation nicht, weil ich nicht dafür bezahlt werde.«
    »Darf ich fragen, was Sie machen?«
    Sie schob ihren Teller mit einem letzten Stück Pastete darauf entschieden von sich und griff nach ihrem Glas Wasser. »Ich arbeite hauptsächlich mit ehemaligen Soldaten wie Ihnen«, sagte sie. »Männern, die im Krieg waren und Schwierigkeiten haben, mit ihren Erfahrungen umzugehen.«
    »Und dann haben Sie so viel Zeit?«, fragte ich mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, und sie ließ ein kurzes Lachen hören und senkte den Blick.
    »Eigentlich nicht«, gab sie zu. »Ich könnte rund um die Uhr arbeiten, und das sieben Tage die Woche, und trotzdem würde ich höchstens an der Oberfläche dessen kratzen, was getan werden müsste. Aber ich leiste ja auch nur Handlangerdienste, für die Ärzte, die wirklich wissen, was sie tun. Ich nehme an, so was nennt man emotional kräftezehrend. Nun, ich tue, was ich kann. Es wäre besser, wenn ich es gelernt hätte.«
    »Vielleicht sollten Sie sich zur Krankenschwester ausbilden lassen«, sagte ich.
    »Vielleicht sollte ich Ärztin werden«, korrigierte sie mich. »Das wäre doch kein so abwegiger Gedanke, oder, Tristan?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte ich und spürte, wie ich leicht rot wurde. »Ich meinte nur …«
    »Nicht doch, ich mache nur Spaß. Das muss Ihnen nicht peinlich sein. Wenn ich die Zeit ein paar Jahre zurückdrehen könnte, würde ich wohl wirklich Medizin studieren. Mich interessiert, welchen Einfluss Gedanken und Gefühle auf den Menschen haben.«
    »Aber Sie sind doch eine junge Frau«, sagte ich. »Es ist doch längst noch nicht zu spät. In London …«
    »London, immer London«, unterbrach sie mich und hob die Arme. »Warum müssen alle Londoner denken, sie seien der Nabel der Welt? Wir haben hier in Norwich auch Krankenhäuser, wissen Sie? Und wir haben verletzte junge Männer, und zwar eine ganze Menge.«
    »Natürlich haben Sie das alles hier. Ich scheine aber auch unablässig ins Fettnäpfchen zu treten.«
    »Es ist sehr schwer für Frauen, Tristan«, erklärte Marian und beugte sich vor. »Vielleicht ist Ihnen das nicht so bewusst. Sie sind schließlich ein Mann. Sie haben es leicht.«
    »Glauben Sie das wirklich?«
    »Dass es für Frauen schwer ist?«
    »Dass ich es leicht habe.«
    Sie seufzte und zuckte verhalten mit den Schultern. »Ich kenne Sie natürlich nicht und kann mir kein Urteil über Ihre persönliche Situation

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