Das spanische Erbe
stimmt’s?”
Sie konnte verstehen, dass er Don Alfonso für unfähig hielt, aber sie wollte ihm trotzdem nicht das Mandat entziehen. Immerhin war er viele Jahre für ihren Vater tätig gewesen, und so wollte sie es dem alten Mann nicht danken. Sie musste eben die Dinge selbst in die Hand nehmen und sich in ihrer Freizeit mit spanischem Recht befassen. “Don Alfonso ist bis jetzt noch nicht dazu gekommen, mich in alle Einzelheiten einzuweihen.”
Es war ihm deutlich anzumerken, dass er ihr nicht glaubte. “Du weißt nicht viel über deinen Vater, oder?”
“Nein …” Sie winkte ab, denn sie wollte auch nichts Näheres über diesen Mann wissen. Immerhin hatte er ihre Mutter schmählich im Stich gelassen.
“Wenn du in seinem Haus wohnen und seine Arbeiter beschäftigen willst, die immerhin aus dem Dorf kommen, in dem er geboren wurde …”
“Das solltest du mir überlassen.”
“Also gut”, antwortete Ramon, “vielleicht ist es wirklich noch zu früh, um über die Vergangenheit zu reden. Aber wir haben so viele andere Dinge zu besprechen, und das geht am besten beim Essen. Also, was ist, Annalisa? Ich beiße nicht, das hast du gestern Abend doch gesehen.”
“Ach ja?”, fragte sie spöttisch. “Es ist nur dumm, dass ich mich an fast gar nichts mehr erinnern kann.”
“Dann ist ja alles geklärt.” Er bahnte sich den Weg durch die Touristen, die die Straße entlangschlenderten.
“Nein!” Annalisa blieb stehen.
“Was ist denn nun wieder los?”, fragte Ramon stirnrunzelnd.
“Wir sollten das nicht tun.” Sie liebte seine verführerische Stimme. Wenn die Dinge anders gelegen hätten, wäre sie bestimmt mit ihm …
“Was sollten wir nicht tun?” Er blickte sie forschend an, und ihr Körper reagierte sofort. Sein Blick war so sanft.
“Zusammen sein, wenn Margarita …” Sie atmete tief durch.
“Wieso nicht?”, unterbrach er sie. “Es handelt sich nur um ein Arbeitsessen. Es gibt keinen Grund zu verhungern.”
Er hatte natürlich recht. Sie machte sich zum Narren. Es ging um die Finca, die Wasserrechte … und um mehr nicht. Sie sollte seine Einladung annehmen und aufhören, sich vor ihm zu fürchten.
“Ein Vorschlag zur Güte”, sagte er und öffnete Annalisa die Tür seines schwarzen Sportwagens. “Mittagessen ohne Champagner. Einverstanden?”
Sie nickte und nahm auf dem weichen Polster Platz. Ramon stieg ein, gab Gas und fuhr mit quietschenden Reifen los. Jetzt war es zu spät, sie konnte nicht mehr zurück. Wenn sie ehrlich war, bewunderte sie sein Selbstvertrauen. Er war so männlich und irgendwie unwiderstehlich. Und nie bereit, ein Nein zu akzeptieren.
“Wollen wir das Schiebedach öffnen und die Klimaanlage ausschalten?”, fragte er und blickte sie kurz an.
“Du kannst wohl Gedanken lesen!”
“Manchmal”, antwortete er lächelnd.
Gute Vorsätze hielten leider nicht immer. Seine Nähe ließ Annalisa erbeben, und all ihre Sinne waren nur auf den Mann neben ihr gerichtet. Das leichte Vibrieren des PS-starken Wagens machte alles nur noch schlimmer. Sie seufzte und schloss die Augen. Sie musste unbedingt die Kontrolle über ihre Gefühle wiedererlangen!
Ramon warf ihr einen forschenden Blick zu. Es war, als würde er genau wissen, was sie dachte und empfand. Energisch rief sie sich zur Ordnung. Sie durfte keine Schwäche zeigen, denn sonst war alles verloren.
Zehn Minuten später saßen sie in einem gemütlichen Restaurant an einem Tisch mit einem fantastischen Blick auf den Hafen, und Annalisa fragte Ramon nach seinen Plänen für die Marina.
Er antwortete nicht, sondern nahm die in Leder gebundene Speisekarte, die der Ober ihm reichte, und lehnte sich dann zurück.
Er hatte also nicht vor, während des Essens über Geschäfte zu sprechen! Annalisa runzelte die Stirn. So war es nicht abgemacht gewesen. “Ich lasse mich nicht erpressen, weder von dir noch von jemand anders.”
Ramon schien gar nicht zugehört zu haben. “Soll ich für dich mitbestellen?”
“Das kann ich sehr gut allein.”
“In Ordnung.” Er winkte dem Ober.
Wenig später bekam Annalisa ein Touristenmenü serviert, während Ramon sich aus unzähligen kleinen und großen Schüsseln die herrlichsten kalten und warmen Delikatessen aussuchen konnte.
“Möchtest du etwas?”, fragte er, als er ihren Blick sah, und bevor sie sich’s versah, hatte er ihr eine Garnele in den Mund geschoben. Als ihr etwas Soße übers Kinn rann, wischte er sie sanft weg. “Gut?”, fragte er und blickte
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