Das spanische Erbe
Annalisa lange an.
“Ja”, antwortete sie heiser. “Das nächste Mal kannst du für mich bestellen.”
“Nächstes Mal?”, fragte er leise.
Na ja, es gab noch so viel zu besprechen … Wen will ich eigentlich täuschen, dachte sie. Sie begehrte diesen Mann, daran bestand kein Zweifel. Er war die Versuchung in Person, doch sie durfte dieser nicht erliegen! Sie musste weg von hier, und zwar sofort.
Nur leider hatte sie die Rechnung ohne Ramon gemacht. Er schien alle Zeit der Welt zu haben, denn er bestellte noch Kaffee für sie beide, scherzte mit dem Ober, der Annalisa unverhohlen anblickte, bis Ramon ihn fortschickte.
Als er sich dann wieder Annalisa zuwandte, leuchteten seine dunklen Augen, und ihr war klar, dass er genau wusste, welche Wirkung er auf sie hatte. Sie war gefangen in ihrem verräterischen Körper, und Ramon hatte völlig die Kontrolle über sie erlangt. Ihre Brustknospen verhärteten sich und zeichneten sich unter dem feinen Material ihrer Seidenbluse ab, die Ramon zusammen mit dem Designerhosenanzug hatte anliefern lassen. Die exklusive Unterwäsche trug nur dazu bei, dass sie sich dem Mann noch hilfloser ausgeliefert fühlte. Ihre weiblichste Stelle war nur von einem Hauch von Spitze bedeckt, was so gut wie keinen Schutz darstellte … Sie hätte genauso gut nackt unter der teuren Kleidung sein können.
Hatte er die Sachen selbst ausgesucht? Erregte es ihn, wenn er daran dachte, wie wenig sie unter diesem streng wirkenden Hosenanzug trug? Ahnte er, wie sehr sie sich nach seiner Berührung sehnte? Verstohlen blickte sie ihn an, aber seine Miene war ausdruckslos. Hatte sie sich vielleicht nur geirrt? Hatte nur
sie
erotische Fantasien?
“Wir sollten besser gehen”, sagte er und brach den Bann, der über ihnen lag. “Ich möchte dir etwas zeigen.”
Sie zuckte zusammen, als hätte er sie bei etwas ganz Furchtbarem ertappt. Ramon schien nichts bemerkt zu haben, denn er winkte dem Ober und ließ sich die Rechnung bringen. “Es dauert auch nur eine Stunde”, sagte er dann.
“In Ordnung”, erwiderte sie heiser.
“Gut.”
Sie verließen das Restaurant und fuhren in seinem Sportwagen durch die verwinkelten Gassen der Altstadt, bis sie schließlich die Landstraße erreichten. Annalisa merkte schnell, dass Ramon sie nicht nach Hause, sondern in den nördlichen Teil der Insel brachte, wo die Vegetation üppiger und dichter und die Gegend rauer war.
Eigentlich wollte Annalisa ihn fragen, wohin er wollte, doch ein Blick auf seine entschlossene Miene genügte. Es war besser, zu schweigen.
3. KAPITEL
R amon stellte seinen Sportwagen ab, stieg aus und öffnete Annalisa die Tür. Die Sonne strahlte von einem blauen wolkenlosen Himmel, und die Bäume warfen große Schatten auf den staubigen Teer der Straße.
“Weiter können wir mit dem Auto nicht fahren. Wir sind jetzt ganz im Norden.”
Sie glitt vom Sitz und blickte sich dann um. Sie hielten neben einem kleinen Sandweg, der in einen schattigen, kühlen Wald führte. “Sind wir in der Nähe des Meeres?”, fragte sie neugierig.
“Ja. Wenn wir dem Pfad folgen, kommen wir direkt dorthin.” Er streifte seine Schuhe ab.
Annalisa trug noch immer die hochhackigen Sandaletten vom Abend zuvor und zog sie ebenfalls aus. “Wo bringst du mich hin?”
“Warte ab!” Er reichte ihr die Hand, doch Annalisa schüttelte nur den Kopf.
Ramon zuckte die Schultern, wandte sich ab und ging voraus. “Ich gebe zu, das ist etwas ungewöhnlich”, rief er ihr zu. “Aber du bist für einen formellen Besuch noch nicht bereit.”
“Was soll das heißen?” Annalisa runzelte die Stirn. “Zu wem wollen wir denn?”
“Lass dich überraschen.”
Gleich darauf endete der Pfad, und sie erreichten einen halbmondförmigen Strand. Unzählige riesige glatte Steine lagen wie auf einer Schnur aufgereiht auf dem Sand. Sie sehen aus wie Perlen an einer riesigen Kette, dachte Annalisa fasziniert, als sie Ramon über die natürlichen Hindernisse folgte.
Schließlich blieb er stehen und zeigte auf einen der bewaldeten Hügel. Dort stand ein großes Haus, das eher nach Hollywood als nach Menorca gepasst hätte. Soweit Annalisa sehen konnte, war es perfekt … und gerade das störte das Gesamtbild. Der moderne, kalt wirkende Bau mit dem vielen Glas und einem bis auf den letzten Grashalm ausgerichteten Garten passte überhaupt nicht zu der üppigen, wild wachsenden Vegetation und dem zerklüfteten Kalkstein. “Der Besitzer hat wohl gern alles unter Kontrolle”,
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