Das spanische Erbe
Perez.”
“Ich werde mich daran erinnern”, erwiderte Annalisa kühl. “Guten Tag, Señora Montoya.”
Der Flugplatz in Mahon war klein, sauber und modern, und es ging dort eher beschaulich zu. Annalisa war gerade auf dem Weg zum Schalter, als sie die elegant gekleidete Frau bemerkte, die auf sie zu warten schien. Oh nein, dachte sie, ich lasse mich durch nichts und niemand mehr aufhalten. Energisch wandte sie sich ab.
“Annalisa?”
Verdammt! Sie blieb wie erstarrt stehen und drehte sich dann um.
Die beiden Frauen betrachteten sich einen Moment lang schweigend. Margarita war noch schöner, als Annalisa gedacht hatte. Sie hatte ihr volles Haar mit einem Seidenschal zusammengebunden, trug einen jadefarbenen Hosenanzug und hatte nur wenig Make-up aufgelegt. Im Vergleich zu Claudia Fuego Montoya wirkte sie ganz natürlich und stellte ihren Reichtum nicht zur Schau. Warum aber war sie hier?
Margarita brach als Erste das Schweigen. “Kann ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen?”
“Mein Flug …”
“Geht erst in zwei Stunden.”
“Ich muss noch einchecken.”
“Kein Problem. Ich kümmere mich darum.” Margarita wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern nahm Annalisa den Ausweis und das Ticket aus der Hand und ging zu einem Schalter, der nicht besetzt war. Sofort erschienen zwei junge Männer und boten ihr Hilfe an.
“So, das wäre erledigt”, sagte Ramons Frau wenig später, als sie zu Annalisa zurückkam. “Dort hinten ist ein Selbstbedienungsrestaurant. Lassen Sie uns etwas trinken.”
Gleich darauf saßen sie an einem Tisch und hatten zwei Tassen mit heißem Kaffee vor sich stehen. “Woher wussten Sie, dass ich hier sein würde?”
“Von Maria Teresa”, erwiderte Margarita lächelnd. “Sie hält sehr viel von Ihnen. Die anderen übrigens auch.”
“Die anderen?”
“Die Dorfbewohner. Ihr Vater war ein wundervoller Mann, und Sie waren bereit, sein Erbe zu übernehmen und die Orangenhaine zu bewirtschaften. Das bedeutet Arbeit für unzählige Familien in der Gegend. Sie haben damit viele Menschen glücklich gemacht. Umso überraschter waren wir, als wir erfuhren, dass Sie die Finca verkaufen und nach England zurückkehren wollen.”
Annalisa machte eine hilflose Geste. Wie sollte sie das gerade Ramons Frau erklären? “Es hat eben nicht funktioniert.”
“Vielleicht ändern Sie Ihre Meinung ja noch, wenn ich Ihnen etwas verrate: Heute Nachmittag wollen sich alle Männer und Frauen, die für Ihren Vater gearbeitet haben, auf Ihrer Finca versammeln und Ihnen zeigen, dass sie auf Ihrer Seite stehen.”
“Sie wollen mir helfen …?”
“Ja, Annalisa. Sie sind sogar bereit, auf ihren Lohn zu verzichten, jedenfalls am Anfang.”
“Das kann ich nicht annehmen.”
“Warum nicht? Eine Hand wäscht die andere, und die Leute tun es aus freien Stücken.”
“Nein!” Annalisa schüttelte den Kopf. “Dafür ist es jetzt zu spät.”
Die Spanierin ließ sich so schnell nicht abschrecken. Sie nahm Annalisas Hände. “Bitte, Annalisa. Geben Sie ihnen eine Chance. Sie haben mich gebeten, hierherzukommen und Sie umzustimmen.”
“Es tut mir leid, ich kann nicht.”
Margarita seufzte. “Wenn Sie es schon nicht für die Menschen im Dorf tun wollen, machen Sie es bitte für Ramon.”
Annalisa blickte die Frau erstaunt an. Das konnte nicht ihr Ernst sein!
“Er ist am Boden zerstört”, sagte ihre Rivalin leise. “Aber er ist zu stolz …”
Das war mehr, als Annalisa ertragen konnte. Sie befreite sich aus Margaritas Griff und sprang auf. “Sie verstehen nicht …”
“Doch, das tue ich. Bitte setzen Sie sich wieder, und hören Sie mir zu.”
Annalisa nickte. “Sie haben recht. Wir sollten offen und ehrlich miteinander reden.”
“Gut.” Ramons Frau nickte zufrieden.
Annalisa sank auf den Stuhl und versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. “Sie wollten mit mir über Ramon sprechen.”
Margarita ließ sie los und lehnte sich zurück. “Glück ist so zerbrechlich, Annalisa. Man kann es gar nicht hoch genug schätzen. Als Erstes möchte ich Ihnen sagen, dass mein Mann …”, sie zögerte einen Moment, “leicht zu begeistern ist. Er kann auch sehr arrogant sein, aber bei Spaniern ist das wohl so …” Sie lächelte versonnen. “Wir kennen uns schon seit unserer Kindheit und haben aus Liebe geheiratet. Er kann ja so leidenschaftlich sein …” Sie errötete und berührte Annalisas Arm. “Ich hoffe, ich habe Sie damit nicht schockiert. Sie und ich haben
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