Das spanische Erbe
oder?”
Claudia Fuego Montoya schien sich nicht sehr wohl in ihrer Haut zu fühlen und lenkte daher schnell vom Thema ab. “Möchte jemand ein Glas Champagner?” Sie deutete auf einen Ober, der sich mit einem Tablett voller Gläser unter die Gäste gemischt hatte.
Don Alfonso nutzte die Gelegenheit und führte Annalisa in eine ruhige Ecke. Anscheinend wollte er sich ungestört mit ihr unterhalten. Margarita nickte ihr zu und gab ihr zu verstehen, dass sie da sein würde, wenn ihre neue Freundin Hilfe brauchte.
“Ich muss schon sagen, ich war sehr überrascht, Sie heute Abend hier zu sehen, Señorita Wilson”, sagte der Anwalt, als sie allein waren.
“Sie müssten doch eigentlich froh sein”, erwiderte sie kühl und versuchte gar nicht erst, ihre Abneigung zu verbergen. “Heute Abend entscheidet sich das Schicksal der Finca Fuego Montoya, und ich wäre beinahe nicht dabei gewesen.”
“Das stimmt schon …” Don Alfonso betrachtete die helle Flüssigkeit in dem Kristallglas. “Es tut mir leid, Señorita Wilson, aber ich habe schlechte Nachrichten für Sie. Insofern ist es gut, dass Sie nicht abgereist sind. So kann ich es Ihnen persönlich sagen.”
“Hören Sie auf, um den heißen Brei herumzureden, Don Alfonso”, sagte sie ungeduldig. Sie fragte sich, wieso sie diesen Mann nicht schon viel eher durchschaut hatte. Er hatte noch nie ihre Interessen vertreten. Entweder war er völlig unfähig oder arbeitete für Claudia Fuego Montoya.
“Die Finca ist hoch verschuldet.” Der Anwalt stellte das Glas auf den Tisch und blickte seine Mandantin an.
“Das kann nicht sein. Mein Vater hatte Geld …”
Der Mann zuckte die Schultern. “Das anderweitig gebunden ist. Wo, das weiß niemand. Es tut mir leid, aber ich kann die Gläubiger nicht länger besänftigen.”
Er hatte auch nicht vor, es ernsthaft zu versuchen, das spürte Annalisa sofort. “Ich finde schon eine Lösung”, erwiderte sie zuversichtlich. “Die Dorfbewohner helfen mir …”
“Sie verstehen nicht, meine Teuerste. Wenn Sie nicht bis zum Ende des Monats Ihre Kredite zurückgezahlt haben, werden die Banken die Finca zwangsversteigern lassen.”
Und dann würde Claudia Fuego Montoya sich ins Fäustchen lachen! Nur über meine Leiche, dachte Annalisa wütend.
“Annalisa …”
Sie wandte sich um und entdeckte Margarita, die sich die Stirn mit einem Taschentuch trocknete und sich schwach mit der anderen Hand Luft zufächelte. “Könnten Sie mich nach draußen begleiten? Mir ist so schwindelig.”
Das Baby! Sofort sprang Annalisa auf. “Natürlich.”
Don Alfonso verbeugte sich galant, doch Annalisa sah etwas in seinem Blick, das sie nachdenklich machte. Wenn er wirklich für ihre Stiefmutter arbeitete, war er sicher von ihrer Freundschaft mit Ramons Schwägerin nicht gerade begeistert.
“Es tut mir leid”, sagte ihre Freundin, als sie wenig später vor dem Haus standen, “aber ich musste einfach weg von diesem Ort. Wenn ich noch länger geblieben wäre, hätte ich womöglich noch jemandem ein blaues Auge verpasst.”
“Sie glauben also auch, dass Ramon gar keine Einladung erhalten hat?”
Margarita nickte und öffnete die Tür der Limousine. “Wo ist der Chauffeur denn nun wieder hin? Er ist nie da, wenn man ihn braucht.” Sie blickte sich stirnrunzelnd um.
“Er holt sich bestimmt nur etwas zu essen. Wir können doch so lange warten.”
“Nein, das ist unmöglich. Ich muss sofort Ramon kontaktieren. Leider habe ich keine Ahnung, wo er sich gerade herumtreibt. Vielleicht weiß Luis etwas. Hier ist eine Verschwörung im Gange. Sie wollen unsere Familie ruinieren. Die meisten Gäste sind vom Festland und haben ihre Finger in höchst dubiosen Geschäften. Sie interessieren sich gar nicht für die Finca. Es geht ihnen nur um Ramon. Ihn wollen sie treffen.”
“Aber Sie waren doch auch eingeladen.”
“Wissen Sie auch, warum? Man hält mich für völlig ungefährlich. Diese Männer sind alle Machos. Sie können sich nicht vorstellen, dass eine Frau etwas von Geschäften versteht!” Sie schwieg, als Ramons Chauffeur endlich auftauchte. “Fahren Sie uns zur Villa, und zwar schnell”, sagte sie auf Spanisch.
“Und Claudia hat das alles ausgeheckt”, sagte Annalisa wenig später, als sie im rekordverdächtigen Tempo die Landstraße entlangfuhren. “Ich frage mich, wieso mein Vater sie überhaupt geheiratet hat. Er muss sie doch durchschaut haben.”
Margarita lachte spöttisch. “Dein – ich hoffe, du hast
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