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Das Spektrum der Toten

Das Spektrum der Toten

Titel: Das Spektrum der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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hing nicht am Strick, sondern saß vornübergeneigt in der Schlinge. Hätte er sich umbringen wollen, hätte er sich doch regelrecht aufgehängt. Gerald liebte üble Scherze. Er wollte uns auch diesmal wieder nur erschrecken.«

    Das Gericht bat einen renommierten Gerichtsmediziner um ein Gutachten. Dieser machte sich anhand der gerichtlichen Ermittlungen mit dem Vorgang vertraut und kam ebenfalls zu der Ansicht, dass hier kein Selbstmord, sondern ein Unglücksfall vorlag.
    Es sei vorstellbar, dass sich Koschany auf den Stuhl gesetzt habe, den losen Strick um den Hals, um einen Erhängungstod vorzutäuschen. Er sei dann eingeschlafen und vornübergesunken. Dabei habe sich das lose Seil gespannt. Der Druck der Schlinge auf den Vorderhals habe die Blutzirkulation behindert. Koschany sei bewusstlos geworden und habe sich nicht mehr aus der Schlinge befreien können.

    Das Gericht schloss sich diesem Gutachten an. Koschanys Tod war ein Unglücksfall.

Josef und Josefa

    Sie hießen tatsächlich Josef und Josefa, und ihre Verbindung könnte den Titel für einen Liebesroman oder einen heiteren Heimatfilm abgeben. Aber die Beziehung zwischen Josef und Josefa begann zwar romantisch, endete jedoch als blutige Groteske. Zu einer Heirat hatte sich Josef bisher nicht entschließen können. Wechselnde kurzzeitige Liebschaften hatten ihm bisher genügt. Das änderte sich, als er Josefa kennenlernte, ein 20jähriges Dienstmädchen, das im gleichen Ort bei einer Familie Anstellung gefunden hatte. Josefas argloses und zutrauliches Wesen rührte Josef, ihre Jugend reizte ihn. Eine mehr als 30 Jahre jüngere Geliebte - dieses Mädchen wollte er besitzen, vielleicht sogar heiraten.
    Josef konnte sehr charmant sein. Er bemühte sich ernsthaft um ihre Zuneigung. Er bereitete gemeinsame Unternehmungen vor, Abendessen in einem Lokal, Spaziergänge, Kinobesuche. Da er bald bemerkt hatte, dass Josefa sehr scheu und zurückhaltend war und bisher keine Beziehung zu einem Mann gehabt hatte, drängte er sein sexuelles Verlangen noch zurück. Er wollte die emotionale Bindung erst vertiefen.
    Und darin hatte er sich nicht getäuscht. Josefas Vertrauen in diesen liebenswürdigen und verständnisvollen Mann wuchs. Zudem, und das war für das mittellose Dienstmädchen nicht unwichtig, besaß er als Schlossermeister eine gesicherte Existenz. Sie sah in ihm einen Liebhaber und Vater zugleich. Und bald wurde ihr bewusst, dass sie ohne ihn nicht mehr leben konnte. »Du hast mich magnetisiert«, gestand sie ihm einmal, »ich bin besessen von dir.« Das hörte Josef gern. Nun sah er seine Stunde gekommen, er lud sie an diesem Abend in seine Wohnung ein. Josefa zögerte mit ihrer Zusage. Trotz ihrer »Besessenheit« war sie durch Charakter und Erziehung so gehemmt, dass sie die Einladung ablehnte.
    Tage darauf wiederholte Josef seine Bitte. Josefa befürchtete, eine nochmalige Absage könnte Josef verstimmen. Sie gab nach. Bei einer Flasche Wein eröffnete ihr Josef, er wolle sie heiraten. Josefa hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ihr geheimer Wunsch sich so rasch erfüllen sollte. Überwältigt antwortete sie, etwas Schöneres könnte sie sich nicht vorstellen, als immer mit ihm zusammen zu sein. Josef glaubte, nun würde Josefa bereit sein, die Nacht bei ihm zu bleiben. Josefa erschrak. Sie wusste, was das bedeutete. Vor der Heirat mit einem Mann zu schlafen, das war ihr trotz aller Liebe unvorstellbar. Sie gab eine ausweichende Antwort, und als Josef das Zimmer verließ, um eine neue Flasche Wein zu holen, schlich sie sich unbemerkt aus der Wohnung.
    Josefa verbrachte die Nacht und den folgenden Tag zwischen Angst und Hoffnung. Sie fürchtete, Josef zu verlieren, und wünschte sehr, dass er ihr die Flucht verzieh. Sie wollte Klarheit und suchte ihn noch am gleichen Abend auf. Josef war freundlich zu ihr, so als wäre nichts geschehen. Sie gingen zusammen essen, dann brachte Josef sie in ihr Quartier. Josefa war glücklich.
    Am nächsten Abend gingen sie wieder in Josefs Wohnung. Und an diesem Abend begann die Tragödie, für die Josefa auch später, in der Gerichtsverhandlung, keine Erklärung fand.
    Völlig unerwartet richtete Josef einen Revolver auf Josefa und forderte sie auf, mit ihm zu schlafen. Sie fügte sich.
    Es konnte später auch von den Psychiatern nicht geklärt werden, ob Josefa tatsächlich noch immer vor Josefs Forderung zurückschreckte oder ob die Bedrohung mit der Waffe unbewusst für sie eine Rechtfertigung war, mit dem Geliebten

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