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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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dahinzudriften.
    Nach dem Bad wurde sie in ein dickes, weißes Gewand gehüllt, wie es die Frauen trugen, und in einen Raum geführt, wo am Boden lauter Sitzkissen lagen und in einem Kohlebecken in der Mitte ein Feuer glühte. Auch hier brannten unglaublich viele Kerzen, die flackerten, während die Frauen lachend, leise schwatzend oder auch singend aus- und eingingen.
    Bin ich tot?,
fragte sich Briony, ohne es wirklich zu glauben.
Ist es so an Zoriens himmlischem Hof?
    Sie hießen sie auf den Sitzkissen Platz nehmen, und die ältere Frau brachte ihr etwas zu essen. Die anderen sahen fasziniert und wispernd zu, als wäre das eine ungewöhnliche Ehre. Die Schale war voll mit Fruchtstücken und einem gekochten Getreide, das Briony nicht kannte. Obenauf lagen Stücke von gebratenem Geflügel, und Briony musste unwillkürlich an die Frau in Kinemarkt denken, mit ihrer Brut von Hühnern und Kindern. Sie fragte sich, ob diese Frau sich auch nur vorstellen könnte, dass es keine Tagesreise entfernt einen solchen Ort gab.
    Das Essen war hervorragend, heiß und mit Gewürzen zubereitet, die Briony nicht kannte, was sie in anderen Situationen vielleicht abgeschreckt hätte, jetzt aber diesen Wachtraum nur vollkommen machte. Schließlich ließ sie sich in die Kissen sinken, satt, durchwärmt und paradiesisch trocken. Die jüngeren Frauen nahmen Briony die Essschale ab und auch den Becher, aus dem sie mit Wasser verdünnten Wein getrunken hatte. Die ältere Frau setzte sich neben sie.
    »Habt Dank«, sagte Briony, obwohl das eine sehr unzulängliche Floskel war.
    »Ihr seid müde. Schlaft.« Auf einen Wink der älteren Frau hin brachte eine der anderen eine Decke, die sie über Briony breiteten.
    »Aber ... wo bin ich? Was ist das hier für ein Ort?«
    »Der
Hadar
des Effir dan-Mozan«, sagte die Frau. »Er ist mein ... Heiratmann?«
    »Euer Gemahl?«
    »Ja. Gemahl.« Die Frau lächelte. Einer ihrer Zähne war vergoldet. »Und Ihr seid unser Ehrengast. Schlaft jetzt.«
    »Aber warum ...?« Warum dieses Haus an einem so seltsamen Ort, warum das Bad, warum all diese dunkelhäutigen Frauen mitten in Marrinswalk, wollte sie fragen, aber heraus kam nur ein weiteres: »Warum?«
    »Weil der Edle Shaso Euch hergebracht hat«, sagte die Frau. »Er ist ein großer Mann. Vetter von unserem alten König. Er ist eine Ehre für unser Haus.«
    Sie wussten gar nicht, wer sie war. Shaso war hier der Gast von königlichem Geblüt.
    Briony schlief ein und driftete durch wirre Träume von warmen Flüssen und eiskaltem Regen.

5

Frei
    Doch der erste Sohn des Zo und der Sva, genannt Rud, der goldene Pfeil des Taghimmels, fiel im Kampf gegen die Dämonen der Alten Nacht. Der jüngere Sohn, Sveros, Herr des Zwielichts, nahm Ruds Witwe Madi Onyena zu sich und gelobte, Ruds Sohn Yirrud ein Vater zu sein, doch in Wahrheit schickte er eine Wolke, damit sie auf Yirrud hauchte, dort, wo ihn Onyena in der sicheren Feste der Berge versteckt hatte, und das Kind wurde krank und starb.

Statt Onyena ein neues Kind zu schenken, anstelle des Sohnes, den er ihr genommen hatte, nahm Sveros auch noch ihre Zwillingsschwester Surazem zu sich, die wir Feuchte Mutter Erde nennen, und zeugte mit ihr drei Kinder, die großen Brüder Perin, Erivor und Kernios.
    Der Anbeginn der Dinge,
Buch des Trigon
    Die Freiheit war beängstigend und berauschend. Es war wunderbar, allein durch die Straßen gehen zu können, ohne irgendetwas anderes zwischen sich und der Welt als ein Kapuzengewand — so frei hatte sie sich nicht mehr bewegen können, seit sie ein kleines Kind gewesen war, und da hatte sie nichts anderes gekannt und gar nicht zu schätzen gewusst, welch großes Geschenk das war.
    Tatsächlich war es ein bisschen verwirrend, so viele Möglichkeiten zu haben. Gerade jetzt konnte sich Qinnitan nicht entscheiden, ob sie zu der großen Straße zurückkehren sollte, die durch Onir Soteros führte, das Viertel gleich hinterm Hafen von Kalkas, wo sie seit fast einem Monat zu Hause war, oder ob sie wie fast jeden Tag das Gebiet, das sie bereits erobert hatte, erweitern sollte, indem sie den gewundenen Gassen noch weiter folgte, tiefer in die Stadt hinein.
    Welch ein Ort, um wieder frei zu sein! Hierosol war eine große Stadt, vielleicht nicht ganz so groß wie Xis, dem sie entflohen war, aber auch nicht viel kleiner — eine verkrumpelte Decke aus Hügeln und Tälern, die sich an mehrere Buchten schmiegte und fast lückenlos mit Gebäuden aus verschiedenen Jahrhunderten bedeckt war

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