Das Spiel beginnt
Das Einzige, was ich jemals gewollt habe, ist ein Platz in der Schulmannschaft. Wenn ich jetzt einen Rückzieher machte, würden Hud und Coops misstrauisch werden und ich durfte ihnen nichts von unserer Firmenpleite erzählen. Das hatte ich meinem Dad versprochen.
Ich redete mir ein, dass dieser Job nur vorübergehend war. Ich würde den Vorschuss in ein paar Wochen abarbeiten und dann würde sich der It-Boy vom Acker machen. Außerdem trug auch Dennis Rodman Lippenstift. Er färbte seine Haare grün. Er kleidete sich wie eine Braut. Er hatte Piercings im Gesicht. Und er war trotzdem in der Basketball-Hall-of-Fame.
Ich unterschrieb alle 20 Seiten. Jetzt bin auch ich verschuldet.
Anton gab mir den Scheck und ich raste damit zu Coach Bammer. Er hatte schon befürchtet, dass ich nicht kommen würde. Er wollte wissen, wieso ich so braun war. Ich behauptete, ich hätte Fieber. Dasselbe sagte ich auch Sheridan, als ich sie kurz darauf traf. Eigentlich wollte ich ihr die Wahrheit sagen. Sie macht den Eindruck, als könnte man gut mit ihr reden. Aber ich konnte nicht. Ich habe einen Vertrag unterschrieben. Ich weiß zwar nicht genau, was drinsteht, aber ich bin sicher, dass ich irgendwas über Verschwiegenheit gelesen habe.
Gefühl = Hall of Fame, ich komme.
Lily
Mittwoch, 26. September 2012
Auf dem Weg nach Brooklyn zu einem verspäteten Roschha-Schana-Abendessen bei Tante Laura. Leb wohl 5772 und hallo 5773! Dieses neue Jahr hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Wen stört es schon, dass es der jüdische Kalender ist und wir den Jahreswechsel zehn Tage zu spät feiern, weil Onkel Eli Darmgrippe hatte? Ein neuer Anfang ist ein neuer Anfang. Und Mann, ich brauche wirklich einen.
Vanessa und ich haben uns Montagmorgen getroffen, um gemeinsam für die Geschichtsarbeit zu lernen. Allerdings haben wir das Lernen irgendwie vergessen. Natürlich will ich nicht behaupten, dass der Aufstieg und die Errungenschaften der afrikanischen Kulturen, unter ihnen die von Axum, Ghana, Kush, Mali, Nubia und Songhai, unwichtig wären. Das sind sie nicht. Vor allem, wenn man die Ursachen für ihren Niedergang betrachtet. Aber ich weiß längst alles über Animismus und die verschiedenen Handelssysteme. Was mich viel mehr interessiert, ist ein Weg, irgendwie normal zu sein.
Der Durchbruch kam, als mich Vanessa fragte, wieso ich so klug war. Ich erzählte ihr von meiner Homie-Vergangenheit. Ich war überzeugt, dass sie mich danach ganz komisch ansehen würde, aber sie sagte nur, was für ein Glück ich hätte, so viel zu wissen. Ich sagte, sie wäre viel glücklicher, weil sie so hübsch war und alle sie mochten.
»Das Aussehen ist etwas, für das ich nichts kann. Und Beliebtheit? So was kann man lernen.«
»Schön wär’s.«
»Vertrau mir«, sagte sie. »Es ist leichter, als Einsen zu schreiben, so viel ist sicher.«
»Erzähl mehr.«
Ihre kunstrasengrünen Augen leuchteten, als sich Vanessa über den Tisch beugte und flüsterte: »Beliebtheit lässt sich in fünf einfachen Schritten erreichen.«
Ich fegte unsere Hefte auf den Boden. Endlich bekam ich Informationen, mit denen ich etwas anfangen konnte.
»Erstens: Sei freundlich und zugänglich. Lächle, auch wenn du unglücklich bist. Sag Dinge wie: ›Was du vorhin im Unterricht gesagt hast – damit hast du total recht!‹, oder: ›Darf ich ein Foto von dir für meinen Style-Blog machen?‹, oder: ›Wo lässt du deine Extensions machen?…Wie meinst du das, es sind keine Extensions? Haare wie deine können einfach nicht echt sein!‹
Zweitens: Bleib unter dem Radar. Erreg keine Aufmerksamkeit. Damit würdest du dich zum Opfer von Lästereien machen.
Drittens: Sei eine gute Zuhörerin. Stell Fragen. Behalte unpopuläre Meinungen für dich.
Viertens: Verbirg dein Wissen. Gib nicht an, vor allem nicht mit deinen Noten oder den Preisen, die du gewonnen hast. Tritt bescheiden auf.
Fünftens: Vermeide komische Klamotten oder Frisuren, über die andere lästern könnten. Halte dich an schicke, unaufdringliche Sachen. Zieh dich an wie die Leute, deren Freundschaft du suchst. Iss und trink, was sie essen und trinken.«
Vanessa lehnte sich zufrieden zurück. »Einfach, nicht wahr?«
»Das ist alles?«
»Nein. Ich muss noch die Quelle angeben. Ich habe die Punkte eins bis drei unter W-w-w Punkt …«
»Schon okay«, fiel ich ihr ins Wort. Es war mir egal, woher sie mein neues Spielzeug hatte. Ich wollte einfach nur damit spielen.
Ich betrachtete die Ratschläge
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