Das Spiel beginnt
brachte. Sie registrierte, dass fast alle Zimmer Meerblick besaßen. Die Auffahrt umrundete einen auf zwei Ebenen verlaufenden, grottenartigen Teich mit eigenem Wasserfall. Auf dem Grund glitzerten Münzen. Offenbar gab es genug Gäste, die ihr Kleingeld für ein wenig Glück im Spiel opferten.
Neben dem Haupteingang stand ein Komantschenhäuptling mit vollem Kopfschmuck. Kein Supermarkt-Indianer, bemerkte Serena, sondern eine exquisite Skulptur aus weißem, schwarz geädertem Marmor. Sie gab der Versuchung nach und strich mit der Fingerspitze über den glatten Brustkorb. Typisch Justin, dachte sie, nie wählt er das Gewöhnliche. Ihr Blick wanderte zu dem marmornen Gesicht hinauf. Bildete sie es sich nur ein, oder bestand da wirklich eine gewisse Ähnlichkeit? Wenn die Augen grün gewesen wären … Kopfschüttelnd wandte Serena sich ab.
Während ihr Gepäck entladen wurde, nutzte sie die Wartezeit, um sich die riesigen Reklametafeln anzusehen.
Berühmte Namen in großen Buchstaben, auffällige Neonbilder, reglos im Licht der Nachmittagssonne, ein riesiges Hotel neben dem anderen, Springbrunnen, Verkehr, Lärm. Aber es war nicht so wie in Vegas. Und das lag nicht nur daran, dass die Berge fehlten und sie das Rauschen des Ozeans in den Ohren hatte. Hier lag noch Jahrmarktsstimmung in der Luft. Dies war noch immer ein Ferienort mit einem Strand vor der Hintertür. Man roch das Glücksspiel, aber es trug die feucht-salzige Gischt des Atlantiks mit sich und das Lachen der Kinder, die am Strand Sandburgen bauten.
Serena schob sich den Riemen ihrer Tasche höher auf die Schulter und folgte ihrem Gepäck nach innen. Es gab keine roten Teppiche oder funkelnde Kronleuchter, sondern ein geschmackvolles Bodenmosaik und indirekte Beleuchtung. Angenehm überrascht registrierte Serena die riesigen Grünpflanzen in den Tontöpfen und die Wandteppiche, die das Leben und die Kultur der Prärie-Indianer zeigten. Justins Herkunft war ihm wichtiger, als er zugab.
Sie schlenderte zur Rezeption. Sie hörte das vertraute Geräusch der Glücksspielautomaten und das Klappern ihrer Absätze auf den Bodenfliesen. Bevor sie sich an den Mann hinter dem Tresen wandte, reichte sie dem Türsteher einen Geldschein.
»Serena MacGregor.«
»Ja, Miss MacGregor.« Er lächelte ein Willkommenslächeln. »Mr. Blade erwartet Sie. Bringen Sie Miss MacGregors Gepäck in die Gästesuite im Penthouse«, befahl er dem Pagen, der bereits an ihrer Seite wartete. »Mr. Blade möchte, dass Sie gleich in sein Büro kommen, Miss MacGregor. Ich zeige Ihnen den Weg.«
»Danke.« Serena spürte die Aufregung im Bauch, ignorierte sie jedoch. Sie wusste, was sie wollte und wie sie es erreichen würde. Sie hatte zwei Wochen gehabt, um ihre Strategie auszuarbeiten. Auf der langen Fahrt von Massachusetts nach New Jersey war sie alles immer wieder durchgegangen. Ein- oder zweimal wäre sie fast umgekehrt und wieder nach Norden gefahren. Sie ging ein enormes Risiko ein. Sie setzte ihre Zukunft aufs Spiel. Und ihr Herz. Das war unausweichlich. Aber es gab etwas, das sie in Atlantic City wollte – und sein Name war Justin Blade.
Hastig presste sie die Hand auf den Bauch, als könnte sie die Aufregung wegdrücken. Der Angestellte öffnete eine Tür, an der »Privat« stand. Die Brünette am Ebenholz-Schreibtisch sah fragend auf. Dann fiel ihr Blick auf Serena.
»Miss MacGregor«, verkündete der junge Mann.
»Ja, natürlich.« Kate stand mit einem Nicken auf. »Danke, Steve. Mr. Blade erwartet Sie, Miss MacGregor. Ich sage ihm nur schnell, dass Sie hier sind.«
Deshalb war der Chef also so gereizt, folgerte Kate und musterte Serena kühl, während sie nach dem Hörer griff. Sie registrierte das lange goldene Haar, das an den Schläfen mit zwei antiken Elfenbeinkämmen festgehalten wurde, die eleganten, von den außergewöhnlichen violetten Augen noch betonten Gesichtszüge, die schlanke Figur in einem Wildseidenkostüm, dessen Farbe einen Hauch dunkler war als die der Iris. Stil und Klasse, entschied Kate. Und nicht leicht einzuschüchtern, fügte sie hinzu, als Serena ihren prüfenden Blick ruhig und fest erwiderte.
»Miss MacGregor ist hier, Justin. Natürlich.« Sie legte auf und schenkte Serena ein Lächeln, das nicht unfreundlich war. »Hier entlang, Miss MacGregor.« Kate stand auf, ging vor und öffnete eine weitere Tür. Serena blieb neben ihr stehen.
»Danke, Miss …«
»Wallace«, erwiderte Kate automatisch.
»Danke, Miss Wallace.« Serena griff
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