Das Spiel beginnt
Junge, rastlos.« Er überlegte, ob er versuchen sollte, sich eine der verstümmelten Zigarren anzustecken. »Und keine Sorge, ich rede mit Rena, beruhige sie etwas.«
»Nein, das wirst du nicht. Ich habe hier einen Karton Scotch als Geisel, Daniel, und den behalte ich, bis ich sicher bin, dass du dich heraushältst.«
»Komm schon, Justin, spar dir die Drohungen. Es ist doch nur meine elterliche Sorge um euch beide.« Die beiden wissen genau, wo sie einen treffen können, dachte er betrübt. »Warum verlängerst du deinen Urlaub nicht um ein paar Tage und besuchst uns hier, Justin?«
»Serena wird herkommen«, antwortete er.
»Zu dir?« Die breite Stirn legte sich in Falten. »Was meinst du damit?«
»Das, was ich gesagt habe.«
»Na gut, Junge.« Daniel warf sich in die Brust. »Du erklärst mir jetzt besser, was du für Absichten hast.«
»Nein.« Justins Muskeln entspannten sich etwas. Das Gespräch machte ihm Spaß. Genießerisch lehnte er sich zurück.
»Was soll das heißen, nein?«, tobte Daniel. »Ich bin ihr Vater.«
»Aber nicht meiner. Du hast mir dieses Blatt in die Hand gegeben, Daniel. Ich spiele die Karten nur aus.«
»Jetzt hör mir mal …«
»Nein«, unterbrach Justin ihn ruhig. »Ich sage dir, du sollst aussteigen, Daniel. Serena und ich werden verdoppeln oder verlieren.«
»Wenn du dem Mädchen wehtust, häute ich dich bei lebendigem Leib.«
Justin lachte. »Falls es je eine Frau gab, die selbst auf sich aufpassen kann, dann Serena MacGregor.«
»Stimmt.« Der Stolz ließ Daniels Herz anschwellen und lenkte ihn ab. »Das Mädchen ist eine Wucht.«
»Falls du natürlich glaubst, sie macht sich hier lächerlich …«
»Keins meiner Kinder macht sich lächerlich!«, fauchte Daniel.
Justin lächelte triumphierend. »Schön, dann halte dich aus allem heraus.«
Daniel knirschte mit den Zähnen und starrte stirnrunzelnd auf den Hörer.
»Dein Wort darauf, Daniel.«
»Schon gut, schon gut. Du hast es, aber wenn ich höre, dass du …«
»Gute Nacht, Daniel.«
Justin legte auf. Er hatte es seinem Wohltäter ordentlich heimgezahlt.
7. K APITEL
Justin hatte seine Bürosuite im Erdgeschoss, mit privatem Fahrstuhl hinauf zu den Räumen im Penthouse. Er fand das sehr praktisch, da seine Arbeitszeit unregelmäßig war und es Zeiten gab, zu denen er keine Lust hatte, den Hotelgästen zu begegnen. Die beiden Fernsehmonitore in den Ecken und der hinter einer Wandtäfelung verborgene Zweiwegspiegel machten es möglich, dass er von seinem Schreibtisch aus alles beobachten konnte.
Weil er in seinen Büros absolut ungestört sein wollte, arbeitete Justin in einem großen Raum ohne Fenster und mit nur einem Eingang. Seine Erfahrung in einer Gefängniszelle hatte ihm eine tief sitzende Abneigung gegen allzu enge Orte beschert, also kompensierte er die Abgeschlossenheit durch eine sorgfältig ausgewählte Inneneinrichtung. Die Möbel waren in hellen Naturtönen gehalten, die Bilder groß und farbenfroh. Eine Wüstenlandschaft im Licht der untergehenden Sonne, die zerklüfteten Gipfel der Rockies, ein Komantschenkrieger auf einem Pferd in vollem Galopp. Diese Motive vermittelten Justin eine Illusion von Freiheit, die der Rastlosigkeit entgegenwirkte, die ihn manchmal hinter dem Schreibtisch erfasste.
Im Moment ging er eine Jahresbilanz durch, die jeden erfreuen würde, der Anteile an »Blade Enterprises« besaß. Zweimal ertappte Justin sich dabei, etwas zu lesen, ohne es bewusst wahrzunehmen. Jedes Mal zwang er sich, von vorn zu beginnen. Serenas zwei Wochen waren zu Ende, und, wie er entdeckt hatte, auch seine Geduld. Wenn sie nicht innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden anrief, würde er nach Hyannis Port aufbrechen, um sie an ihren Teil der Abmachung zu erinnern.
Verdammt, ich will ihr nicht nachlaufen, dachte Justin und warf den Bericht auf den Schreibtisch. Er war noch nie im Leben einer Frau nachgelaufen, doch bei Serena war er schon kurz davor gewesen, es zu tun. Er spielte sein bestes Spiel, wenn der Gegner als Erster angriff.
Gegner, wiederholte Justin. Eigentlich sollte er sie so sehen. Es war sicherer so. Aber egal, wie er von ihr dachte, er dachte immerzu an sie. Egal, worauf er sich zu konzentrieren versuchte, sie war immer da und wartete darauf, sich wieder in den Vordergrund zu drängen. Jedes Mal, wenn er kurz davorstand, sich eine Frau zu nehmen, kam ihm Serena in den Sinn, so deutlich, dass er sie fast berühren, fast schmecken konnte. Das Verlangen nach ihr löschte
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