Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
begann. Er wollte - konnte - sein Wort nicht brechen.
Es wurde allmählich leichter, diese kühnen Gesten zu verschmähen, die Strenge, die von den männlichen Wesen einer jeden Spezies so bereitwillig angenommen wurde. Das Ganze musste irgendein primitives Überbleibsel aus einer Zeit sein, überlegte sie, in der das Überleben damit verbunden gewesen war, eine Frau zu besitzen; wobei überleben nicht auf etwas so Prosaisches wie die eigene Blutlinie bezogen war, sondern den Besitz in Form von Eigentum, und Überleben im Sinne von Macht beinhaltete. In den Randgebieten des letheriischen Königreichs hatte es überall unterentwickelte Stämme gegeben, bei denen solche archaischen Vorstellungen noch gelebt wurden, und nicht immer waren Männer die Eigentümer und diejenigen, die die Macht hatten - denn manchmal waren es auch die Frauen. In beiden Fällen hatte die Geschichte gezeigt, dass ein solches System nur in der Abgeschiedenheit übetleben konnte, und nur bei Völkern, bei denen Magie in ein chaotisches Netz aus Verboten, Tabus und den Kunstgriffen sinnloser Regeln eingebettet worden war - wo die Macht, die die Zauberei bot, von weltlichen Bestrebungen und den Normen gesellschaftlicher Kontrolle usurpiert worden war.
Im Gegensatz zu Hull Beddicts romantischen Vorstellungen von solchen Völkern, empfand Seren Pedac mittlerweile nur noch wenig Reue, wenn sie an deren unausweichliche und oft blutige Auslöschung dachte.
Die Kontrolle zu besitzen war immer eine Illusion, und sie konnte nur in der Abgeschiedenheit aufrechterhalten werden. Das sollte natürlich nicht heißen, dass das letheriische System uneingeschränktes Freiseins und die Freiheit des persönlichen Willens geboten hätte. Wohl kaum. Eine Täuschung war durch eine andere ersetzt worden. Aber zumindest ist das System nicht nach Geschlechterrollen geteilt.
Die Tiste Edur waren anders. Ihre Vorstellungen … waren primitiv. Biete ein Schwert an, vergrabe es an der Schwelle zu jemandes Heim, der symbolische Austausch von Schwüren, so archaisch, dass keine Worte notwendig waren. In solch einem Ritual war es nicht möglich, etwas auszuhandeln, und wenn eine Ehe keine Verhandlungen einbezog, dann war es keine Ehe. Nein, sondern nur wechselseitiges Eigentumsrecht. Oder auch nicht ganz so wechselseitig. So etwas verdiente wenig Respekt.
Und nun, hier, war es nicht einmal ein künftiger Ehemann, der Anspruch auf ihr Leben erhob, sondern der verdammte Bruder des künftigen Ehemannes. Und außerdem war - um die ganze Situation noch absurder zu machen - der zukünftige Ehemann tot. Forcht wird mein Recht, einen Kadaver zu heiraten, bis zum Tod verteidigen. Oder genauer, das Recht des Kadavers, auf mich Anspruch zu erheben. Nun, das ist Wahnsinn, und ich akzeptiere es nicht - nicht jetzt, und auch nicht in Zukunft. Nicht einmalfür einen Augenblick.
Ja, ich habe das Selbstmitleid hinter mir gelassen. Jetzt bin ich einfach nur noch wütend.
Denn er hat sich geweigert, sich durch seinen Abscheu von seinem Vorhaben abbringen zu lassen.
Trotz all ihrer Neigung zum Trotz, schmerzte sie der letzte Gedanke.
Udinaas war an ihr vorbeigegangen, um das in Trümmern liegende Tor anzusehen, und wandte sich jetzt an Clip. »Und - lebt es noch?«
Die Kette mit den Ringen wirbelte wieder um einen Finger des Tiste Andii, und er schenkte dem letheriischen Sklaven ein kühles Lächeln. »Die letzte Straße, die man gehen muss«, sagte er, »liegt auf der anderen Seite des Tores.«
»Also - wer ist dann verrückt geworden und hat es in Stücke getreten?«
»Das ist jetzt nicht mehr von Bedeutung«, erwiderte Clip. Sein Lächeln wurde breiter.
»Soll heißen, Ihr habt keine Ahnung«, sagte Udinaas. »Nun, wenn wir da durchgehen müssen, sollten wir aufhören, Zeit zu vergeuden. Ich habe schon fast die Hoffnung aufgegeben, dass Ihr Euch am Ende mit der Kette da noch selbst garottiert. Fast.«
Sein letzter Kommentar schien Clip aus irgendeinem Grund aufzurütteln.
Und schlagartig sah Seren Pedac die Kette mit ihren Ringen mit anderen Augen. Beim Abtrünnigen! Warum habe ich das nicht schon früher gesehen?Es ist eine Garotte. Clip ist ein verdammter Assassine! ’Sie schnaubte. »Und Ihr behauptet, ein Todbringendes Schwert zu sein! Ihr seid nichts weiter als ein Mörder, Clip. Ja, Udinaas hat das schon vor langer Zeit erkannt - und deswegen hasst Ihr ihn so. Er hat sich niemals von all den Waffen zum Narren halten lassen, die Ihr mit Euch herumtragt. Und jetzt klappt
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