Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
großer Mann mit ein paar Tropfen Tarthenal-Blut in den Adern, und er hatte in der Nacht zuvor sein Zelt vierzig Schritt vom Lager der Tiste Edur entfernt aufgeschlagen. Drinnen hatte er eine kleine Öllampe angezündet und seine Schlafdecke über Kleiderbündel, seine Ersatz-Stiefel und seinen Ersatz-Helm gebreitet. Anschließend hatte er sich daneben gelegt - auf der Seite, die den Zelten der Edur am nächsten war - und hatte die Lampe die letzten Tröpfchen Öl verbrauchen lassen, bis die Dunkelheit im Innern des Zelts derjenigen entsprach, die draußen herrschte.
Als das Zwielicht der Morgendämmerung schwächer wurde, zog Gaskaral Traum ein Messer und schlitzte auf der Seite, wo er lag, die Zeltplane auf, schob sich dann leise hinaus aufs nasse Gras, wo er einige Zeit lang reglos liegen blieb.
Als er schließlich sah, worauf er gewartet hatte, erhob er sich und schlich geduckt über den durchtränkten Boden. Noch immer prasselte der Regen auf den alten Meeresgrund von Q’uson Tapi herab - wo die verhassten Ahl warteten -, und die Luft roch nach säuerlichem Schlamm. Obwohl Gaskaral ein großer Mann war, konnte er sich wie ein Geist bewegen. Er erreichte die erste Reihe der Edur-Zelte, verharrte hier einen Augenblick lang mit angehaltenem Atem und schob sich dann weiter ins Lager.
Das Zelt von Aufseher Brohl Handar befand sich in der Mitte, war aber unbewacht. Als Gaskaral näher herankam, sah er, dass die Zeltklappe nicht festgebunden war, sondern locker herabhing. Ein paar Wassertropfen - die Überreste des Regenschauers, der gerade erst vorübergezogen war - rannen wie Tränen an der eingeölten Zeltbahn hinunter, sammelten sich in Pfützen um die vordere Stange und in den tiefen Fußabdrücken vor dem Eingang.
Gaskaral schob das Messer unter sein Oberhemd und benutzte sein schmutziges Unterzeug, um das Heft und seine linke Hand - Handfläche und Finger - abzutrocknen, ehe er die Waffe wieder hervorzog. Dann kroch er auf den Zelteingang zu.
Drinnen herrschte körnige Dunkelheit. Atemgeräusche waren zu hören. Und da, am hinteren Ende, die Bettstatt des Aufsehers. Brohl Handar schlief auf dem Rücken. Die Felle, mit denen er sich zugedeckt hatte, waren auf den Boden gerutscht. Sein Gesicht und seine Brust lagen in tiefem Schatten.
Geschwärzter Stahl blitzte auf, verraten von der geschärften Schneide.
Gaskaral Traum machte noch einen Schritt - und dann stürzte er los.
Die Gestalt, die drohend über Brohl Handar stand, wirbelte herum, aber es war zu spät, denn Gaskarais Messer bohrte sich bereits tief in sie hinein, glitt zwischen Rippen hindurch und durchbohrte das Herz des Meuchelmörders.
Der schwarze Dolch fiel zu Boden, grub sich mit der Spitze in die Erde. Gaskaral fing den Körper auf, als der Mörder mit einem schwachen Seufzer in sich zusammensackte.
Atri-Preda Bivatts bevorzugter Leibwächter - den sie vor den Toren von Drene damit beauftragt hatte, den Aufseher vor genau so einem Attentat zu schützen - verharrte einen Augenblick lang vollkommen reglos, den Blick auf Brohl Handars Gesicht gerichtet und lauschte dessen Atemzügen. Nichts deutete darauf hin, dass der Aufseher aufwachen würde. Und das war gut so. Sehr gut.
Sich unter dem Gewicht des toten Assassinen zurechtrückend schob Gaskaral langsam sein Messer wieder in die Scheide, bückte sich anschließend und hob den schwarzen Dolch auf. Dies war der Letzte von den Dreckskerlen, dessen war er sich sicher. Insgesamt waren es sieben gewesen, obwohl vor dem hier nur zwei nah genug an Brohl Handar herangekommen waren, dass sie tatsächlich hatten versuchen können, ihn zu töten - und das war beide Male während eines Kampfes gewesen. Letur Anict war in jeder Hinsicht ein gründlicher Mann, jemand, der zu überflüssigem Aufwand neigte, um ganz sicher zu gehen, dass seinen Wünschen entsprochen wurde. Doch dieses Mal war das leider nicht der Fall.
Gaskaral ging noch ein bisschen tiefer in die Knie, bis er sich den Leichnam über eine Schulter legen konnte, und machte sich danach leicht gebückt mit leisen Schritten zur Zeltklappe auf. Er achtete sorgsam darauf, weder in die Pfütze zu treten noch gegen die Zeltstange zu stoßen, als er seine Last vorsichtig durch die Öffnung schob.
Unter einem wolkenverhangenen Himmel, aus dem schon wieder die ersten Regentropfen fielen, kehrte Gaskaral Traum rasch in den letheriischen Teil des Lagers zurück. Den Leichnam konnte er in seinem Zelt lassen; der Tag, der jetzt heraufzog, war ein
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