Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
Finde den Tapfersten von uns. Erinnere dich an das Geschlecht der Sengar, Sohn. An unsere ersten Schritte in diese Welt. Als wir - loyale Offiziere von Scabandari - eine Legion auf den steinigen Boden geführt haben. Wer hat das erste Andii-Blut am Tag des Verrats vergossen? Das ist unser Geschlecht. Das - nicht das hier.
Und so hatte er Binadas weggeschickt. Hatte seinen Sohn in den Tod geschickt. Weil ich nicht die Willensstärke hatte, es selbst zu tun.
Feigling.
Uruth, die ihn immer noch beobachtete, füllte bedächtig ihren Kelch wieder auf.
Binadas, mein Sohn, dein Mörder wird schon bald Rhulads Vergnügen dienen. Genügt das?
Wie jeder alte Narr, der einst mit dem Leben Sterblicher gespielt hatte, wanderte der Abtrünnige durch Korridore belebter Macht, seine Litanei verpasster Gelegenheiten und falscher Entscheidungen vor sich hin murmelnd. Magische Energien, die er verströmte, narrten die Augen derjenigen, an denen er vorbeikam - die Wachen an verschiedenen Durchgängen und Kreuzungen, die hin und her hastenden Bediensteten, die auf verlorenem Posten mit der zusammenbrechenden Residenz kämpften, welche den mittlerweile ironisch verwendeten Namen das Ewige Domizil trug. Sie sahen, ohne zu sehen, und nachdem sie vorbei waren, blieb in ihrem Geist kein Nachbild zurück.
Es war leicht, den Abtrünnigen zu vergessen, viel leichter als bei irgendeinem Geist. Aber dennoch war er nicht ganz so leicht zu vergessen, wie er es gerne gehabt hätte. Er hatte jetzt Anhänger, die ihn und seine Macht gebunden hatten - was ihn ein Auge gekostet hatte -, und sie führten unter dem Deckmantel des Glaubens Krieg gegen seinen Willen. Natürlich wusste jeder Gott von diesem Krieg - diese Art Umsturz schien das erste Ziel eines jeden Priesters zu sein. Die Herabsetzung des Heiligen in die irdische Welt mit all den Rivalitäten der Sterblichen, ihrer Politik und ihren Spielen, in denen es um Macht und die Beeinflussung von so vielen Menschen ging, wie es Anhänger gab. Oh, und auch darum, sich Reichtum in Form von Land oder Münzen anzueignen oder das Schicksal anderer zu bestimmen oder Seelen zu sammeln.
Von solchen Gedanken geplagt, trat der Abtrünnige in den Thronraum, wo er sich lautlos auf eine Seite begab, um seinen üblichen Platz an der Wand zwischen zwei riesigen Wandteppichen einzunehmen, so unbeachtet wie die grandiosen Szenen, die in sie eingewoben waren - Bilder, auf denen im Hintergrund eine Gestalt zu sehen war, die dem Abtrünnigen sehr ähnlich sah.
Triban Gnol, der Kanzler - mit dem der Abtrünnige das Bett geteilt hatte, wenn es ratsam und erforderlich gewesen war - stand vor Rhulad, der sich wie eine übersättigte Missgeburt auf dem Thron fläzte, in seinem Wohlstand und Wahnsinn ergreifend anzusehen. Ein paar Schritte hinter dem Kanzler stand einer seiner Leibwächter, der gelangweilt wirkte, während sein Herr Zahlen aufsagte. Mit denen Gnol wieder einmal den Verfall der Schatzkammer ausführlich beschrieb.
Diese Sitzungen waren absichtlich so gestaltet, dass sie den Imperator zusätzlich erschöpften, wie der Abtrünnige mit einer gewissen Bewunderung begriff. Erträge und Verluste, Ausgaben und der plötzliche Höchststand an notleidenden Schulden, in einem leiernden Tonfall aufeinandergetürmt wie Mächte, die sich sammelten, um sich auf eine Belagerung vorzubereiten. Ein Angriff, gegen den Rhulad sich nicht verteidigen konnte.
Er würde nachgeben, wie er es immer tat. Würde alles dem Kanzler überlassen. Ein Ritual, das zu beobachten so enervierend war, wie ihm zu widerstehen, aber der Abtrünnige empfand kein Mitleid. Die Edur waren Barbaren. Kinder inmitten zivilisierter Vollkommenheit.
Warum komme ich Tag für Tag hierher? Worauf warte ich? AufRhulads endgültigen Zusammenbruch? Wird mir das gefallen? Mich zerstreuen? Ist mein Geschmack schon so heruntergekommen?
Er musterte den Imperator. Stumpfe Münzen, die auf schreckliche Weise glänzten und sich - schmutzig und spiegelnd zugleich - rhythmisch mit Rhulads Atemzügen hoben und senkten; die schwarze, zuversichtliche Verheißung der langen, geraden Schwertklinge, deren Spitze im Marmorpodest vergraben war, die graue, knochige Hand, die den mit Metalldraht umwickelten Griff umklammerte. So, wie er da oben auf dem Thron hockte, war Rhulad in der Tat eine Gestalt gewordene Metapher. In einer Rüstung aus Reichtümern und mit einer Waffe, die gleichermaßen Unsterblichkeit wie Vernichtung versprach, war er unempfindlich gegenüber
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