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Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Titel: Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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wilden Hügeln des Ersten Imperiums gehaust, und es hatte Gral-Kompanien gegeben, die in Dessimbelackis’ gerühmten Armeen gedient hatten, als Fährtensucher, als Plänkler und auch als Schnelle Eingreiftruppen, auch wenn diese Art zu kämpfen nicht gut zu ihnen passte. Doch selbst damals hatten die Gral ihre Fehden vorgezogen, das Blutvergießen im Namen persönlicher Ehre. Nach Rache zu streben, war ein würdiger Beweggrund. Fremde abzuschlachten, war sinnlos und befleckte die Seele und machte in der Folge quälende Säuberungsrituale notwendig. Außerdem bot diese Art zu töten keinerlei Befriedigung.
    Zwei Monate vor dem Großen Untergang hatte eine Kommandantin namens Vorlock Duven, die die Karasch-Legion tief in die ungezähmte Wildnis des Südwestens geführt hatte, ihre vierundsiebzig Gral-Krieger in die Tass-Hügel geschickt, um einen Unterwerfungsfeldzug gegen den Stamm zu beginnen, von dem man glaubte, dass er über die unfreundliche Bergkette herrschte. Die Gral sollten die Tass zum Kampf aufstacheln und sich dann - mit den Wilden dicht auf ihren Fersen - zu einem Ort am äußersten Rand des Hochlands zurückziehen, wo ein Hinterhalt gelegt war.
    Der Anführer der Gral war ein weiser Veteran namens Sidilack vom Bhok’ar-Clan, der von vielen nur Schlangenzunge genannt wurde, nachdem ein Schwertstoß in den Mund ihm die Zunge der Länge nach gespalten hatte. Seine Krieger, die nach einem dreijährigen Eroberungsfeldzug bei den Wüsten- und Steppenvölkern südlich von Ugari alle bereits ausreichend Blut vergossen hatten, hatten Erfahrung darin, die verborgenen Pfade zu finden, die in die rauen Höhen führten, und es dauerte nicht lange, bis sie auf grobe Behausungen und Felsdächer inmitten alter Ruinen stießen, die darauf hindeuteten, dass die Tass schon vor langer Zeit von einem schrecklichen zivilisatorischen Niedergang heimgesucht worden waren.
    In der Abenddämmerung des dritten Tages überfielen sieben blau bemalte Wilde die vordersten Kundschafter und töteten einen, ehe sie zurückgeschlagen werden konnten. Von den vier Tass, die bei dem Zusammenstoß gefallen waren, war einer noch nicht ganz tot. Die Sprache, in der er seine schmerzerfüllten Worte hervorstieß, klang wie nichts, was Sidilack und seine Krieger jemals zuvor gehört hatten. Unter der staubigen blauen Farbe waren die Tass körperlich ganz anders als alle anderen in der Umgebung lebenden Stämme. Groß, schlank, mit merkwürdig kleinen Händen und Füßen, aber länglichen Gesichtern, einem fliehenden Kinn und übergroßen Zähnen. Ihre Augen standen dicht beieinander, die Iris war lohfarben wie getrocknetes Gras, und das Weiße von so vielen Blutgefäßen durchzogen, dass es schien, als könnten sie blutrote Tränen weinen.
    Alle vier Tass zeigten deutliche Anzeichen von Austrocknung und Unterernährung, und als Kämpfer waren sie mit ihren Speeren mit Steinspitzen und Knüppeln alles andere als wirkungsvoll gewesen.
    Der verwundete Wilde starb bald darauf.
    Die Gral nahmen ihre Jagd wieder auf und stießen immer tiefer in die Hügel vor, kamen immer höher. Sie fanden alte Terrassen, auf denen einst Ackerbau betrieben worden war, doch jetzt war der Boden leblos, kaum in der Lage, das trockene Wüstengestrüpp zu ernähren. Sie fanden mit Steinen eingefasste Kanäle, in denen Regenwasser gesammelt werden sollte, das nicht mehr kam. Sie fanden steinerne Gräber mit großen Schlusssteinen, die in phallische Form gehauen worden waren. Und auf dem Pfad zerbrachen unter ihren Füßen Tonscherben und weiße, ausgeblichene Knochenstücke.
    Am Mittag des vierten Tages stießen die Gral auf die Siedlung der Tass. Zwölf dürftige Hütten, aus denen drei Krieger mit Speeren herausgerannt kamen, die gellende Schreie ausstießen, als sie sich in einer armseligen Verteidigungslinie vor fünf hungernden Frauen und einem einzigen zwei- oder dreijährigen Kind - einem Mädchen - aufbauten.
    Sidilack, der weise Veteran, der in zwanzig Schlachten gekämpft hatte, der seine Seele mit dem Tod zahlloser Fremder befleckt hatte, schickte seine Krieger vorwärts. Der Kampf dauerte ein halbes Dutzend Herzschläge. Nachdem die männlichen Tass gefallen waren, griffen die Frauen mit Händen und Zähnen an. Als sie alle tot waren, kauerte sich das Kind hin und fauchte sie an wie eine Katze.
    Ein Schwert wurde gehoben, um das Mädchen zu erschlagen.
    Doch der Schwertstreich wurde nie zu Ende geführt. Die Lichtung wurde plötzlich von Schatten verschluckt.

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